Das Bündnis bildet seine Nothelfer fort – für den Dienst am Menschen
15 Liter Wasser können ganz schön schwer werden. Dann zum Beispiel, wenn man sie in zwei Eimern über den Parkplatz des hoch über Remagen gelegenen Tagungszentrums Oberwinter schleppen muss – über eine Distanz von rund 300 Metern. Die Teilnehmer der von Aktion Deutschland Hilft veranstalteten Weiterbildung „Sphere Project – Training of Trainers“ müssen genau dies tun. „Dadurch bekommen sie ein Gefühl, wie es Menschen in Krisengebieten geht, wenn sie diese Menge Wasser von der Ausgabestelle abholen, die ihnen nach humanitären Standards zusteht“, sagt die Kursleiterin Ana Urgoiti.
Die Spanierin verfügt über eine langjährige Berufserfahrung in der internationalen Humanitären Hilfe– so wie ihre Kursteilnehmer auch. Die acht Frauen und sieben Männer arbeiten für die Bündnisorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund, AWO International, Help - Hilfe zur Selbsthilfe, Islamic Relief, Johanniter, Malteser International, Terra Tech und World Vision. Sie sind hier, um „im Feld“ – wie Nothelfer die Arbeit im Katastrophengebiet nennen – mit dem notwendigen Wissen und dem kulturellen Hintergrund ausgerüstet zu sein. Aber auch deshalb, damit sie künftig in die Rolle von Ana Urgoiti schlüpfen können und selbst die humanitären Sphere-Standards unterrichten können. Es geht um konkretes Wissen, das Leben retten kann und das Zusammenleben in Katastrophensituationen erträglicher macht.
Jedes Projektland hat eine andere Kultur
Die Teilnehmer werden nicht nur zum Wasserschleppen animiert. Die Gruppe soll durch praktische Übungen lernen, worauf beim Errichten eines Übergangshauses geachtet werden muss, damit kulturellen Gegebenheiten entsprochen wird und ausreichend Platz für eine Familie gegeben ist. Mit einem Klebeband markieren sie den Grundriss des Provisoriums, um sich danach darin „schlafen“ zu legen. Die Sphere-Standards geben den Helfern einen Leitfaden an die Hand, wie Hilfsmaßnahmen unter verschiedenen Aspekten beleuchtet und optimiert werden können. Bei der Bearbeitung der Themen zeigt sich immer wieder, wie wichtig die Verknüpfung der verschiedenen Aspekte ist. Denn was hilft zum Beispiel ein flutsicheres Gebäude auf Stelzen, wenn es für Behinderte nicht zugänglich ist?
Immer wieder weisen die Kursleiterinnen Ana Urgoiti und Nicole Bergmann auf die Bedeutung der kulturellen Gegebenheiten hin. Denn auch in Deutschland würde im Katastrophenfall nicht jede Art der Hilfe von außen akzeptiert. Denn bekämen wir zum Beispiel Nahrungsmittelhilfe aus einem Land, in dem Meerschweinchen oder Schlangen eine Spezialität sind, hätten wir mit Sicherheit Schwierigkeiten, die gutgemeinte Hilfe anzunehmen. Eine Beteiligung der Betroffenen an der Bedarfsanalyse sowie der Projektplanung ist daher auch eine der wichtigsten Aussagen des Sphere-Handbuchs.
Die Teilnehmer sind nach dem Training voll des Lobes: „Die Kursinhalte sind sehr relevant für die Arbeit. Vor allem die technischen Kapitel zu Themen wie Wasser, Hygiene oder Gesundheit haben gute Anhaltspunkte geliefert, wie die Qualität unserer Projekte verbessern werden kann.“ Außerdem hätten sie gelernt, wie sie Sphere auch an andere Mitarbeiter der Organisationen vermitteln können.
Sphere-Wissen weitergegeben
Auch Axel Schmidt vom Arbeiter-Samariter-Bund hat an dem Training teilgenommen. Der langjährige Nothelfer war unter anderem nach dem Erdbeben in Haiti vor Ort im Einsatz. „In Haiti wurde manchmal gesagt, dass Sphere dort nicht umzusetzen sei“, so Schmidt. „Doch wer so etwas sagt, meint nicht Sphere, sondern nur einzelne Indikatoren. Sphere hat zum Ziel, ein Leben in Würde zu ermöglichen und verfolgt einen am Menschen orientierten Ansatz.“ Einige Kursteilnehmer haben mittlerweile gemeinsam das erlangte Wissen weitergegeben.
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