Seit März 2011 herrscht in Syrien Konflikt. Im zehnten Jahr der Syrien-Krise sind etwa 6,6 Millionen Syrer auf der Flucht und leben in den Nachbarländern wie der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak. Weitere 6,1 Millionen Menschen sind Vertriebene innerhalb Syriens.
Mindestens die Hälfte der von der syrischen Flüchtlingskrise betroffenen Menschen sind Kinder. Mit rund 18 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, ist es die größte Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass die Zahlen 2021 weiter steigen werden, denn die Corona-Pandemie verschärft die Not.
Hilfe durch die Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft
Im Jahr 2012 startete Aktion Deutschland Hilft einen Spendenaufruf zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung. Seitdem hat das Bündnis deutscher Hilfsorganisationen über 18 Millionen Euro Spenden für die humanitäre Hilfe entgegengenommen.
Direkt nach Ausbruch des Konflikts begannen die Bündnisorganisationen, lebensrettende Nothilfe zu leisten: Sie verteilten Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Trinkwasser und Hygieneartikel, versorgten betroffene Menschen mit Medikamenten und sorgten für den Wiederaufbau von Unterkünften, Schulen und Krankenstationen.
Bis heute unterstützen die Bündnisorganisationen zusammen mit ihren lokalen Partnerorganisationen Menschen in Syrien und in den benachbarten Ländern. Sie planen Maßnahmen zur Krankheitsbekämpfung und -prävention, was gerade durch die Corona-Pandemie sehr wichtig geworden ist. Sie verteilen aber auch lebenswichtige Medikamente an Gesundheitszentren, setzen Aktivitäten zur Ernährungssicherung um, betreiben Katastrophenvorsorge und tragen dazu bei, die Infrastruktur im Bildungssektor wiederaufzubauen.
Seit der Gründung von Aktion Deutschland Hilft im Jahr 2001 ist es den Bündnisorganisationen wichtig, nachweisbar hochwertige Arbeit zu leisten und diese überprüfen zu lassen. Um die Qualität der Arbeit zu verbessern, wenden wir einen Teil der Spenden für die Qualitätssicherung auf.
Aktion Deutschland Hilft und seine Bündnisorganisationen führen Evaluierungen durch, um mit den daraus resultierenden Empfehlungen die Arbeit noch zielgerichteter durchführen zu können. Ebenso bewertet jede Bündnisorganisation ihre Hilfsmaßnahmen kontinuierlich. Dabei sammeln sie Informationen zum Fortschritt der laufenden Projekte und sehen, wie dabei die Ziele erreicht werden. Dies trägt dazu bei, in Zukunft noch kosteneffizienter und wirksamer Not- und Katastrophenhilfe leisten zu können.
Zudem überprüft Aktion Deutschland Hilft, als Träger des Spendensiegels des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI), die Wirkung seiner Arbeit, mit dem Zweck, eine sparsame und effiziente Mittelverwendung nachzuweisen. Die Überprüfung, wie und in welcher Form Spendengelder für die Projektarbeit unserer Bündnisorganisationen ausgegeben werden, dient der Rechenschaftslegung gegenüber allen Spendern und Förderern unseres Bündnisses sowie unserer Selbstkontrolle.
Durch den langanhaltenden Konflikt wurde der Zugang zu betroffenen Menschen und Gemeinden erschwert oder teils unmöglich gemacht. Kontinuierlich arbeiten die Bündnisorganisationen und ihre Partner an Verfahren, wie sie dennoch die Menschen erreichen können.
Da Syrien eines der Länder auf der Welt mit erheblichen Zugangsbeschränkungen für humanitäre Hilfe ist, ist kontinuierliche Hilfe und Unterstützung sehr schwierig. Allerdings beschränkt sich dies nicht allein auf Syrien, auch in den Nachbarländern ist der Zugang oft eingeschränkt.
Ziel der vorliegenden Evaluierung war es daher, zu bewerten, inwieweit ein eingeschränkter oder fehlender direkter Zugang zu den Menschen vor Ort die Projektarbeit beeinflusst haben. Die zentralen Fragen hierbei waren, welche Ansätze, Methoden und Strategien die Bündnisorganisationen angewandt haben, um den Zugang zu den Menschen vor Ort sicherzustellen und inwieweit die Bündnisorganisationen angesichts der Zugangsbeschränkungen in der Lage waren, ihre Arbeit effektiv durchzuführen. Dabei wurden die Erfahrungen der Bündnisorganisationen und ihrer Partner vor Ort bei der Fernsteuerung von Projektmaßnahmen, dem sogenannten remote management besonders berücksichtigt.
Beim Management aus der Ferne, im Englischen remote management, sind die internationalen humanitären Organisationen selbst nicht ständig vor Ort tätig. Diese Art des Managements wird in instabilen Kontexten genutzt, in denen vor allem die Sicherheitslage in einem Land oder in einer Region sehr schlecht ist. Oft wird mit Hilfe von lokalen Partnerorganisationen oder nationalem Personal zusammengearbeitet.
Es ist unerlässlich für eine erfolgreiche Projektdurchführung im remote management, dass die jeweiligen Rollen und der kommunikative Umgang zwischen den Mitarbeitenden vor Ort und in der Ferne vorab geklärt werden.
Quelle: VENRO
Nach einer öffentlichen Ausschreibung wurde ein unabhängiges, internationales Gutachterteam beauftragt, die Evaluierung zwischen April und Juni 2021 durchzuführen. Dieses Gutachterteam konnte große Erfahrung in der Nothilfe und Kenntnisse im remote management von humanitären Projekten nachweisen.
Um Antworten auf die Evaluierungsfragen zu finden, sichtete das Gutachterteam relevante Dokumente zu den einzelnen Projekten. Zusätzlich führten sie individuelle Gespräche mit den Bündnisorganisationen und deren Partnern in Deutschland und vor Ort. Weiterhin wurden alle an der Evaluierung Beteiligte in einer online Umfrage um ihre Meinung gefragt.
Aufgrund der angespannten Sicherheitslage vor Ort und der bestehenden Corona-Pandemie wurde bereits bei der Planung der Evaluierung beschlossen, diese remote, also ferngesteuert, und ohne Vor-Ort-Besuche in den Projekten, durchzuführen.
Schlussfolgerungen des Gutachterteams und was lernt Aktion Deutschland Hilft daraus?
Basierend auf den Schlussfolgerungen dieser Evaluierung legte das Gutachterteam Empfehlungen vor. Diese Vorschläge werden von den Bündnisorganisationen kritisch reflektiert und schrittweise gemeinsam umgesetzt.
Die Gewährleistung des Zugangs ist eine Grundvoraussetzung für die Durchführung von Projekten vor Ort. Die Bündnisorganisationen waren zusammen mit ihren Partnern vor Ort flexibel genug, um bestehende Zugangsbeschränkungen zu umgehen. Auch waren sie sehr kreativ bei der Wahl ihrer Strategien, trotz erschwerter Bedingungen den Zugang zu der von der Krise betroffenen Bevölkerung aufrecht zu erhalten.
1. Unter anderem ist die Kommunikation mit den lokalen Behörden eine zwingende Voraussetzung, um den Zugang vor Ort und die Genehmigung zum Durchführen von Projekten zu erhalten. Alle lokalen Partner erwähnten, dass sie sich kontinuierlich mit ihnen abstimmen. Die Beständigkeit der Beziehung zwischen den Organisationen und den lokalen Behörden ist einer der Gründe für den erfolgreichen Zugang zu den Betroffenen. Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass alle in der Organisation die humanitären Prinzipien kennen und auch vor lokalen Behörden vertreten können.
Das Gutachterteam empfiehlt, vermehrt Schulungen und Auffrischungskurse zu den humanitären Standards und Prinzipien in der humanitären Hilfe anzubieten, um nachhaltig das Bewusstsein aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im In- und Ausland zu stärken und um diese bei Bedarf dafür sensibilisiert zu haben.
2. Ebenfalls wichtig für die Bündnisorganisationen und ihre Partner ist eine Sicherstellung der Akzeptanz für ihre Arbeit unter der Bevölkerung bzw. den Betroffenen. Diese Akzeptanz ist nicht nur unerlässlich, um Zugang vor Ort zu erhalten und zu bleiben, sondern auch um Sicherheitsrisiken in der Arbeit vor Ort so weit wie möglich zu minimieren. Die Akzeptanz der Betroffenen wird am besten durch qualitätsgestützte Projektarbeit mit zielgerichteten auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmte Aktivitäten erreicht.
Das Gutachterteam empfiehlt auch weiterhin durch regelmäßige Meinungsumfragen unter den Betroffenen den Grad der Akzeptanz der Projektarbeit unter der Bevölkerung zu erfragen.
3. Die sinnvolle Verteilung von Rollen und Verantwortlichkeiten ist eine erfolgreiche Strategie für einen besseren Zugang zu den Betroffenen vor Ort. Viele lokale Partnerorganisationen waren bereits vor der Zusammenarbeit mit den Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft vor Ort aktiv und es bestand bereits ein Kontakt zur Bevölkerung. Sowohl die evaluierten Bündnisorganisationen als auch deren lokale Partner gaben an, eine gemeinsame und von beiden getragene Risikomanagement-Strategie zu haben.
Das Gutachterteam empfiehlt weiterhin und auch langfristig den Denkansatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zu befolgen. Dieser könnte sogar in eine Netzwerk-Zusammenarbeit übergehen.
4. Anhand von unterschiedlichen Informationsquellen verfolgten alle Bündnisorganisationen zusammen mit ihren Partnern regelmäßig den sich ändernden Kontext, also eine Änderung der Lage vor Ort. Dabei waren sie flexibel genug, ihre Methoden und Strategien auf Grundlage der sich ändernden Situation (zum Beispiel beim Zugang zur Bevölkerung) kontinuierlich anzupassen. Allerdings reagierten die meisten Bündnisorganisationen und ihre Partner erst auf bereits eingetretene Lageveränderungen, diese konnten von ihnen nicht vorhergesehen werden.
Das Gutachterteam empfiehlt, vermehrt auf neuartige Technologien (nicht nur im Bereich Monitoring und Evaluierung) und innovative Ansätze zu setzen, um vor allem remote – also ferngesteuert – gemanagte Projekte noch effektiver zu gestalten.
Durch ihre langjährige Arbeit in schwierigen Arbeitsumfeldern waren die Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft und ihre Partner sehr gut darauf vorbereitet, trotz der seit Anfang 2020 bestehenden Corona-Pandemie, weiterzuarbeiten und die Fortführung der Projekte sicherzustellen.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet dringend um Spenden für die Nothilfe weltweit
Stichwort: Nothilfe weltweit
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