Bei der Verteilung des Corona-Impfstoffs wird die weltweite Ungleichheit besonders deutlich: Die westlichen Industrienationen haben sich ihre Impfdosen schnell gesichert, ärmere Länder haben das Nachsehen. Das Bestreben, auch diesen Ländern einen fairen Zugang zum Corona-Impfstoff zu ermöglichen, ist zwar da: Mit der Impfstoffplattform COVAX wurde frühzeitig eine Organisation zur weltweiten Verteilung des Vakzins ins Leben gerufen. Dennoch birgt die Verteilung große Herausforderungen, vor allem hinsichtlich der Finanzierung und Verfügbarkeit.
Verfügbarkeit des Impfstoffs sicherstellen
Für die 92 ärmsten Länder der Welt ist bisher lediglich Impfstoff für 150 Millionen Menschen vereinbart, dies berichten Nichtregierungsorganisationen, darunter World Vision, Bündnisorganisation von Aktion Deutschland Hilft, in einem Positionspapier zu COVID-19 Impfstoffen. Aller Voraussicht nach wird der Impfstoff außerdem in vielen Ländern nicht zeitnah zur Verfügung stehen, denn die Produktionskapazitäten sind knapp. Einige Stimmen fordern daher eine vorübergehende Aufhebung des Patentschutzes, damit auch weitere Unternehmen die Impfstoffproduktion aufnehmen können.
Bündnisorganisationen äußern klare Forderungen
Auch Hilfsorganisationen im Bündnis Aktion Deutschland Hilft fordern:
- mehr finanzielle Mittel für die gleichberechtigte Beschaffung und Verteilung von Impfstoffen,
- den offenen Zugang zu Forschungsdaten und eine vorübergehende Aufhebung des Patentrechts um die Produktionskapazitäten für Impfstoff zu erhöhen,
- mehr Aufklärungsarbeit, um die Bereitschaft für eine Impfung zu steigern,
- den nachhaltigen Ausbau medizinischer Strukturen, um für die nächste Pandemie gerüstet zu sein.
"Wir können diese Pandemie nur besiegen, wenn wir die ganze Welt im Blick behalten."
Annette Wächter-Schneider, Programmdirektorin und stellv. Generalsekretärin von Malteser International:
"Die Mehrheit der Bevölkerung im globalen Süden ist von einem Impfstart noch weit entfernt. Zwar wurde mit dem COVAX-Programm der WHO, gemeinsam mit internationalen Hilfsorganisationen und Regierungen, ein System geschaffen, auch die ärmeren Länder mit Impfstoffen zu versorgen, doch dieses Programm ist noch unterfinanziert. Auch wenn die Bundesregierung und die EU bereits Geld zur Verfügung gestellt haben, so reichen diese Mittel doch noch bei weitem nicht aus, um auch die Menschen im globalen Süden an den Impfstoffen teilhaben zu lassen.
Wir können diese Pandemie nur besiegen, wenn wir die ganze Welt im Blick behalten. Ansonsten wird das Virus seinen Weg immer wieder in den globalen Norden finden. Dies sollte allen Regierungen klar sein, die darüber entscheiden, wie hoch ihre finanzielle Unterstützung für einen weltweiten Zugang zu den Impfstoffen ausfällt.
Daneben dürfen wir nicht vergessen, dass durch die Pandemie der Hunger in den ärmsten Ländern steigt. Wir brauchen großzügige Finanzierung zur Deckung der gestiegenen humanitären Bedarfe in den Krisenregionen der Welt."
"Wir dürfen nicht unterschätzen, wie wichtig Aufklärung ist."
Fiona Uellendahl, Gesundheitsexpertin und Referentin Anwaltschaft bei World Vision Deutschland:
"Allein in den zehn ärmsten Ländern der Welt leben etwa 330 Millionen Menschen. Sie sind auf eine schnelle und breit angelegte Impfstoffversorgung angewiesen – doch die können sich die Regierungen dort gar nicht leisten. Deshalb ist globale Hilfe unbedingt nötig.
Deutschland kann dabei eine wichtige Position einnehmen. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass auch in ärmeren Ländern die Produktion von Impfstoffen und Medikamenten angekurbelt werden kann, beispielsweise indem sie den Vorschlag von Indien und Südafrika zur Aussetzung von bestimmten Patenten für die Dauer der Pandemie unterstützt, und einen offenen Zugang zu Forschungsdaten fördert. Das wäre ein großer Schritt in Richtung Zugangsgerechtigkeit.
Aber nur allein Impfstoffe zu verteilen, ist wenig sinnvoll, wenn die Menschen nicht bereit sind sich impfen zu lassen. Daher dürfen wir nicht unterschätzen, wie wichtig Aufklärung ist, um ein Bewusstsein für die Bedeutung der Impfung gegen COVID-19 zu schaffen."
"Es reicht nicht, die Menschen gegen COVID-19 zu immunisieren und dann zur Tagesordnung überzugehen."
Sid Peruvemba, Vorstandssprecher von action medeor:
"Diese Krise hat grundlegende Probleme aufgezeigt, die weit über die aktuelle Pandemie hinausweisen: Die ungleiche Verteilung von Wohlstand und insbesondere die ungleiche Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme treten bei der Frage nach der Verteilung des Impfstoffs nun offen zutage.
Wir dürfen über das aktuelle Impfgeschehen nicht die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 aus den Augen verlieren. Es reicht nicht, die Menschen gegen COVID-19 zu immunisieren und dann zur Tagesordnung überzugehen. Die Behandlung anderer Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder HIV/Aids wurde in Schwellen- und Entwicklungsländern vielfach ausgesetzt, weil Schutzausrüstungen fehlten. Die Folgen dieser coronabedingten Ausfälle sind heute nur schwer absehbar. Ohne eine gute medizinische Versorgung für große Teile der Weltbevölkerung werden wir der nächsten Pandemie ähnlich schutzlos ausgeliefert sein. Jetzt ist der richtige Moment, die Anstrengungen zu verstärken."
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