Ein Beitrag von Michael Schnatz, Leiter Referat Bevölkerungsschutz beim ASB-Bundesverband
Die Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatte eine bisher ungekannte Intensität. Während Hochwasser sonst eine längere Vorlaufzeit für Betroffene und Helfer haben, hat dieses Ereignis betroffene Regionen mit der Wucht eines Tsunami getroffen.
Die unvergleichliche Kraft, mit der das Hochwasser zuschlug, spiegelt sich in dem Ausmaß der Zerstörung wider. Ganze Gemeinden wurden durch die Zerstörung der Infrastruktur von der Umwelt abgeschnitten. Sonst intakte Hilfeleistungssysteme in den Kommunen, Ländern und beim Bund stießen an ihre Grenzen.
Katastrophen dieser Art brauchen einen langen Atem
Hilfsorganisationen sahen sich gemeinsam mit staatlichen Akteuren Herausforderungen gegenüber, die sie sonst nur aus dem Ausland kennen.
Von der Infrastruktur abgeschnittene Regionen mussten teilweise über Luftbrücken versorgt werden. Außergewöhnlich war auch die hohe Zahl der Verletzten und Toten, die speziell von Rettungs- und Bergungskräften einen hohen Einsatz verlangte. Ein enger Kontakt der Hilfsorganisationen zu Ländern und Kommunen ist nach der Unwetterkatastrophe entscheidend, um koordinierte, abgestimmte Maßnahmen umzusetzen.
Katastrophen dieser Art brauchen auch einen langen Atem. Das haben Beispiele aus der Vergangenheit im Inland immer wieder gezeigt. Neben der kurzfristigen Soforthilfe braucht es daher auch langfristige Hilfen, um betroffene Regionen nachhaltig zu stabilisieren.
Durch eine langjährige Erfahrung im Katastrophenschutz haben der Arbeiter-Samariter-Bund, die Malteser und Johanniter-Unfall-Hilfe die notwendigen Kapazitäten, um längerfristig soziale Hilfe leisten zu können. Vorrang gegenüber Sachspenden haben dabei Geldspenden in Form von Bargeldleistungen, damit alle Betroffenen für sich selbst entscheiden können, was sie konkret in einer Situation brauchen, in der alles verloren wurde.
Dem Klimawandel mit mehr Katastrophenvorsorge begegnen
Schnelles und effektives Handeln im Katastrophenfall alleine wird angesichts der Veränderungen durch den Klimawandel nicht reichen. Die aktuellen Katastrophen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben gezeigt, dass der Katastrophenvorsorge bisher sowohl im öffentlichen als auch privatwirtschaftlichen Bereich viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Der Klimawandel ist unbestrittener Fakt. Klimadiagramme belegen, dass wir zukünftig mit ähnlichen Lagen zu tun haben werden: Die Ereignisse im Ahrtal werden sich auch in der Uckermark oder im Breisgau wiederholen können. Deswegen müssen die Themen Katastrophenvorsorge und Katastrophenprävention deutlich stärker in den Fokus rücken. Hierzu brauchen wir schulische und außerschulische Bildungsangebote und vielleicht auch Beratungen zum Thema Krisenresilienz.
Der breit aufgestellte und gut qualifizierte Katastrophenschutz in Deutschland kann hierzu einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Dazu sind jedoch stärkere Investitionen in Gerät und Ausbildung der Einsatzkräfte notwendig, als dies bisher der Fall war. Auch eine schnelle Freistellung der ehrenamtlichen Einsatzkräfte muss sichergestellt und unbürokratisch geregelt werden.
Wissen zum Katastrophenschutz ausbauen
Darüber hinaus muss das Wissen der Bevölkerung zum Selbstschutz in Schadenslagen deutlich erhöht werden. Im privaten Bereich sind die derzeit stattfindenden und durch den Bund finanzierten Lehrgänge "Erste Hilfe mit Selbstschutzinhalten" ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung.
Weitere Maßnahmen zur weitreichenden Bildung der Gesamtgesellschaft im Bereich des Selbstschutzes sind unverzichtbar. Daneben müssen Institutionen, Organisationen, Unternehmen und Einrichtungen die Notwendigkeit eines funktionierenden Krisenmanagements erkennen und in gezielte Präventionsmaßnahmen investieren.
Beispielsweise müssen Alarmpläne für Unternehmen nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch tatsächlich allen Mitarbeitenden bekannt sein und regelmäßig geprobt und aktualisiert werden. Das alles kostest viel Zeit und Geld.
Die anerkannten Hilfsorganisationen haben den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz seit Jahrzehnten im Fokus ihrer Bemühungen, doch es bedarf gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen und Ressourcen, um den enormen Folgen des Klimawandels und den noch bevorstehenden Katastrophen besser gewappnet entgegenzutreten. Andernfalls werden die zu beklagenden Personen- und Sachschäden weiter rasant steigen.
+++ Spendenaufruf +++
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