Ein Gespräch über die Folgen des Klimawandels in Afghanistan mit Esther Aghoriat, Leiterin des WASH-Programms bei World Vision in Afghanistan.
Zu ihren Aufgaben gehört es, Menschen in ländlichen Gebieten Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen, Infrastruktur für die Abwasserentsorgung zu verbessern, Schulen oder Kliniken mit Toiletten auszustatten und Hygiene-Aufklärung zu organisieren.
Aktion Deutschland Hilft: Afghanistan erlebt im dritten Jahr in Folge eine Rekord-Dürre. Ist diese Entwicklung auch auf die Folgen des menschengemachten Klimawandels zurückzuführen?
Esther Aghoriat: Ja, zu einem großen Teil. Viele Berichte des UN-Umweltprogramms und die afghanische Umweltschutzbehörde sehen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Zunahme von Dürreperioden und der starken Abholzung von Wäldern sowie dem Anstieg der Treibhausgasemissionen.
Jedes Jahr fällt in Afghanistan weniger Regen, folglich sinkt der Grundwasserspiegel weiter ab. Geleichzeitig erleben manche Regionen heftige Überschwemmungen, besonders im Frühjahr, wenn der Schnee in den Bergen aufgrund des ungewöhnlichen Temperaturanstiegs schneller schmilzt. Die Menschen in unseren Einsatzgebieten, die hauptsächlich von der Landwirtschaft leben, leiden sehr unter den Folgen. Ernten fallen aus oder werden zerstört, monatelang herrscht dort akuter Wassermangel.
Wie können sich die Menschen in Afghanistan vor Dürren schützen oder ihre Widerstandsfähigkeit verbessern? Wie sieht die Präventionsarbeit von World Vision aus?
Wir konzentrieren uns darauf, die Wasserversorgungsysteme und die lokale Landwirtschaft an die veränderten Bedingungen in den stark betroffenen Gemeinden anzupassen. So modernisieren wir beispielsweise alte Wassersysteme und installieren zusätzlich solarbetriebene Wasserleitungen und Pumpen. Dorfbewohner werden anschließend geschult, um die neuen Anlagen bedienen und im Notfall auch selbst reparieren zu können.
Wichtig ist, dass Waser so effizient wie nur möglich gebraucht wird und nichts ungenutzt versickert. Das gilt vor allem in der Landwirtschaft. Hier helfen solarbetriebene Tropfbewässerungssysteme dabei, Pflanzen mit genau der richtigen Menge an Wasser zu versorgen. Die Ernten der Bauern werden anschließend unterirdisch in belüfteten und feuchtigkeitsresistenten Gruben gelagert.
Wir fördern auch Wasserspeicherung und Aufforstung. Solche lokalen Maßnahmen helfen den Menschen, sich besser vor Dürren zu schützen. Zusätzlich muss auch auf nationaler Ebene mehr für den Klimaschutz und die Dürrevorsorge getan werden muss. Auch hier sind wir aktiv geworden und haben versucht mit verschiedenen Initiativen für das Thema zu sensibilisieren.
Aufgrund der prekären humanitären Lage verlassen seit Jahren immer mehr Afghaninnen und Afghanen ihre Heimat. Die jüngste politische Entwicklung im Land wird das sicherlich weiter begünstigen. Was können Hilfsorganisationen in dieser Situation tun?
Aktuell ist die Versorgungslage im Land so kritisch, dass schnell gehandelt werden muss, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden. Wenn Hilfsorganisationen die Möglichkeit zu uneingeschränkter Arbeit bekommen, werden sie daraufhin arbeiten, dass Afghaninnen und Afghanen stabilere Lebensgrundlagen erhalten.
Das heißt vor allem Zugänge zu Wasser und sanitärerer Versorgung sichern und die allgemeine Gesundheits- und Ernährungssituation verbessern. Langfristig kommt es immer darauf an, die Resilienz der Menschen zu stärken und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das streben alle Entwicklungsorganisationen an, auch World Vision. Mit Frieden im Land und nachhaltiger internationaler Unterstützung würden wir alle diesem Ziel natürlich schneller näherkommen.
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