von Aktion Deutschland Hilft
Wirkung ist nicht gleich Wirkung. Dr. Markus Moke, Abteilungsleiter Projekte und Qualitätssicherung bei Aktion Deutschland Hilft, spricht im Interview über das Verständnis von Wirkung in der internationalen Hilfe.
Warum Wirkungsmessung so kompliziert ist. Und wie sich unbeabsichtigte negative Folgen von Hilfsprojekten vermeiden lassen.
Aktion Deutschland Hilft: Hilfsorganisationen sprechen oft von der Wirkung ihrer Hilfsprojekte. Was meinen sie damit?
Markus Moke: Generell geht es um Veränderungen, die durch die Arbeit von Hilfsorganisationen bewirkt werden – also auch um Veränderungen, die während einer Projektlaufzeit und darüber hinaus auftreten können. In der Regel heißt das, dass Hilfsorganisationen die Situation der Menschen durch ihre Arbeit positiv und möglichst nachhaltig verändern.
Ein errichteter Brunnen hat beispielsweise an sich noch keine Wirkung. Erst wenn dieser in Betrieb ist, Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser sichert und so langfristig etwa die Durchfallrate sinkt, sprechen wir von Wirkung, die positiv ausfällt.
Kann Wirkung auch negativ ausfallen?
Wirkung sollte immer differenziert betrachtet werden, auch wenn wir dazu neigen, den Begriff gern positiv zu gebrauchen. Internationale Hilfsprojekte können viele Veränderungen nach sich ziehen – positive wie negative. Bei jedem Hilfsprojekt lässt sich zwischen kurzfristiger und langfristiger Wirkung unterscheiden, zwischen Neben- und Folgewirkungen, die manchmal beachsichtigt und manchmal auch unbeabsichtigt oder sogar unerwünscht sind.
Je mehr unterschiedliche Akteure an einem Hilfsprojekt beteiligt sind, je komplexer und verzweigter die Lage vor Ort ist, desto schwieriger wird es mit der Wirkungsmessung.
Wie lässt sich dann überhaupt mit Sicherheit sagen, dass die Hilfe unterm Strich gewirkt hat?
Es kommt darauf an, welche Ziele man sich vorab gesetzt hat. Und ob man diese ohne negative Folgeeffekte erreichen konnte. Ich würde sagen, wenn die betroffenen Menschen erreicht worden sind, ihre Lage verbessert wurde, von Beginn an alle beteiligten Akteure und Zielgruppen gemeinsam in die Planung, Durchführung und Bewertung der Maßnahmen eingebunden wurden und keine negativen Folgen zu erwarten sind – dann hat die Hilfe positiv gewirkt.
Eine anschließende Evaluation kann zeigen, was im Einzelnen wie welchen Einfluss hatte. Und ob eventuell doch unbeabsichtigte Nebeneffekte entstanden sind.
Wie können solche Nebeneffekte aussehen?
Nehmen wir das Brunnenbeispiel von vorhin: Ich baue einen Brunnen für ein Dorf und löse das Wasserproblem der Menschen. Das Nachbardorf lasse ich unbeachtet. Wenn das begünstigte Dorf nun den Zugang zum neuen Brunnen nicht mit ihren Nachbarn teilt, habe ich mit meiner Hilfe – sicherlich unbeabsichtigt – aber doch zu Spannungen oder möglicherweise zu einem Konflikt beigetragen und so, neben einer grundsätzlich positiven auch eine negative Wirkung erzeugt.
Wie lässt sich so etwas vermeiden?
Indem man Hilfsprojekte konfliktsensibel gestaltet und alle Gegebenheiten und Akteure vor Ort berücksichtigt und möglichst alle Eventualitäten einplant. In Hilfsprojekten gibt es zahlreiche Aspekte, die es abzuwägen gilt. Das braucht gute Kontext-Analysen vor Ort. Denn das Ziel ist es ja, zu unterstützen und nicht zusätzlich zu schaden.
Bildergalerie: Weltweite Nothilfe im Bündnis
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Wird Wirkung in der humanitären Hilfe anders betrachtet als in der Entwicklungszusammenarbeit?
Es gibt unterschiedliche Bewertungskriterien. Humanitäre Hilfe hat zum Ziel, Menschen schnell zu helfen, die durch Krisen und Katastrophen in Not geraten sind. Dies geschieht nach den Prinzipien der Menschlichkeit, Neutralität und Unparteilichkeit.
Es geht in erster Linie darum, mit Soforthilfe Leben zu retten und menschliches Leid und akute Not zu lindern. Anschließend werden Betroffene dabei unterstützt, ihre Lebensgrundlagen wiederherzustellen. An der Erreichung dieser Ziele wird auch Wirkung von humanitärer Hilfe gemessen.
Und in der Entwicklungszusammenarbeit?
Die Entwicklungszusammenarbeit ist viel langfristiger angelegt. Sie zielt darauf ab, die Lebensbedingungen der Menschen dauerhaft zu verbessern, damit sie ohne materielle Not selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Leben gestalten können.
Dazu werden Kooperationen mit Geber- und Empfängerländern und Nichtregierungsorganisationen mit dem Ziel geschlossen, die sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Bedingungen und Institutionen in Entwicklungsländern zu verbessern.
Wie misst Aktion Deutschland Hilft Wirkung von Hilfsprojekten?
Seit der Gründung von Aktion Deutschland Hilft ist es den Bündnisorganisationen wichtig, nachweisbar hochwertige Arbeit zu leisten und diese auch überprüfen zu lassen. Deshalb nutzen wir einen Teil der Spenden für unabhängige Evaluationen.
Aus diesen leiten wir Empfehlungen für zukünftige Hilfsprojekte ab und stellen sie allen Organisationen im Bündnis zur Verfügung, um so die Qualität der Arbeit zu sichern und weiter zu steigern. Darüber hinaus sammeln wir kontinuierlich Informationen zum Fortschritt laufender Projekte, um zu sehen wie und ob die Ziele erreicht werden.
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis deutscher Hilfsorganisationen,
bittet dringend um Spenden für die weltweite Nothilfe
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