von Esther Rueden, World Vision Deutschland
Anruf bei der Notruf-Hotline: ein Mädchen ist sexuell missbraucht worden. Ein Fall für das Kinderschutz-Team von World Vision in der Mongolei, den unsere Mitarbeiterin Esther Rüden miterlebte, als sie sich über Lösungsansätze zur Beendigung von Gewalt an Kindern vor Ort informierte.
Zu unserer Vision für ein Leben aller Menschen in Würde und Frieden gehört unbedingt, dass Kinder sicher aufwachsen können, also vor allen Formen von Gewalt bewahrt bleiben. Ist dieses Ziel angesichts der vielfältigen gesellschaftlichen Probleme aber nicht utopisch? Können wir Probleme wie Kinderprostitution, Kinderhandel und häusliche Gewalt gegen Kinder beenden?
Zu meinen Aufgaben gehört es, in der Berliner Politiklandschaft auf dieses sehr wichtige Anliegen aufmerksam zu machen, und ich denke, wir sollten dabei auch Lösungen vorschlagen können. Einige Lösungsansätze haben wir in unseren Projekten in der Mongolei schon mit Erfolg umgesetzt. Davon konnte ich mich bei einer Dienstreise nach Ulan Bator und in die ländliche Umgebung selbst ein Bild machen.
Gesellschaft muss in den Kinderschutz einbezogen werden
Die Mongolei ist ein weitläufiges Land, viereinhalb mal so groß wie Deutschland. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt heute in der Hauptstadt Ulan Bator, an deren Rändern große Siedlungen ärmerer Zuwanderer entstanden sind. Hauptursachen für unseren Handlungsbedarf im Bereich Kinderschutz in der Mongolei sind Alkoholismus, körperliche Gewalt (da das kulturelle Verständnis die körperliche Züchtigung als angemessene Erziehungsmethode versteht), Armut (jedes dritte Kind in der Mongolei ist von Armut betroffen) sowie sexueller Missbrauch. Eine länderspezifische Besonderheit ist Kinderarbeit im Zusammenhang mit Pferdewettrennen, bei denen Kinder als Reiter eingesetzt werden, um sodann auf die Kinder Wetten abzuschließen.
In unseren Projekten versuchen wir, den Gemeinschaftssinn zu stärken und alle bei der Kinderschutzarbeit einzubinden: so wirken Kinder, Eltern, Lehrer, lokale Politiker, Sozialarbeiter, Psychologen, Ehrenamtliche und Polizisten zusammen. Eltern treffen sich mit ihren Kindern und einer Sozialarbeitern regelmäßig, um zu lernen, welche Alternativen es zu der körperlichen Gewalt gegenüber ihren Kindern als Erziehungsmethode gibt. Aufklärung, Wissen und positive Erfahrungen fördern das Verständnis für gewaltfreie Erziehung.
Hausbesuche bei betroffenen Familien
Viele engagierte Ehrenamtliche in den Siedlungen werden von unseren Mitarbeitern für Hausbesuche geschult. Bei diesen Hausbesuchen in oft spärlichen Jurten versuchen die Ehrenamtlichen eine Beziehung zu den Familien aufzubauen und ihnen nahezulegen, gemeinsam Probleme anzugehen. So berichtet mir eine junge Mutter, dass sie erst durch die Hilfe von World Vision und der Hausbesucher eine Jurte finden konnte, in der sie gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder und ihrer Tochter leben kann. Die Eltern der beiden sind verstorben und sie selbst leidet unter körperlichen Beschwerden.
Einige der Ehrenamtlichen berichten, wie sie gemeinsam mit den Familien alkoholabhängige Väter, die ihre Kinder schlugen, davon überzeugen konnten, Hilfsangebote anzunehmen und in Seminaren von World Vision gemeinsam mit anderen Abhängigen ihre Sucht und Aggression zu überwinden.
Jeder Fall ist ein Einzelfall
Auf dem Rückweg von einem Besuch in unserem Projekt in Zuunkharaa erhält meine Kollegin plötzlich einen Anruf: ein Mädchen hat sich bei dem telefonischen Kindernotruf gemeldet, weil es von seinem Stiefvater missbraucht wurde. Die Notruf-Hotline wurde von World Vision gemeinsam mit einem örtlichen Telefonkonzern ins Leben gerufen und kann landesweit von Kindern angerufen werden. So erlebe ich die Kinderschutzansätze in der Praxis mit und sehe, wie meine Kollegin Ulzii zu dem Mädchen fährt und mit ihr ein sehr langes Gespräch führt. Das Mädchen möchte nicht zur Polizei, es hat jedoch wahnsinnige Angst um die jüngere Schwester. Ulzii fragt, wie sie ihr helfen kann, was sie sich an Hilfe wünscht und berichtet ihr von Unterstützungsmöglichkeiten durch das örtliche Kinderschutz-Komitee.
In jedem unserer Projekte in der Mongolei gibt es ein solches Team, das aus Fachleuten und Vertretern der Gemeinde besteht. Die Mitglieder setzen sich zusammen und überlegen, mit welchen Schritten man den Kindern helfen kann. Jeder Fall ist ein Einzelfall und wird intensiv besprochen und behandelt. Ich war und bin noch immer stark von diesen Erlebnissen und der Kinderschutz-Arbeit in der Mongolei beeindruckt. Wir haben Lösungsansätze und stoßen damit auf aufgeschlossene, lernbereite Menschen, die wie wir an nachhaltigen Lösungen interessiert sind. Ja, wir können der Gewalt gegen Kinder mit gemeinsamer Kraft ein Ende setzen.
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Aktionsraum | weltweit |
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