von TERRA TECH/Aktion Deutschland Hilft
Ein kräftiger Kinderschrei hallt durch die Räume des Geburtshauses M. M. Maternity and Clinic. Abgekämpft, aber glücklich hält Finda ihre Tochter Alice im Arm. Das Mädchen ist der neueste Schützling, der in der Obhut von Theresa Mansaray und ihrem Team das Licht der Welt erblickt.
Theresa hilft kleinen Menschen, gesund auf die Welt zu kommen
Bei rund 3.500 Geburten war die gelernte Krankenschwester und Hebamme bisher dabei. "Jedes Mal ist es etwas Besonderes, einem kleinen Menschen gesund auf die Welt zu helfen und die glücklichen Augen der Mutter zu sehen", berichtet Theresa gerührt.
Sie weiß, welchen Stellenwert in Sierra Leone ein guter Start ins Leben hat. Denn eine erfolgreiche Geburt ist in dem westafrikanischen Land nicht selbstverständlich. Trotz aller Bemühungen in den letzten Jahren ist die Kindersterblichkeit noch immer hoch.
"105 Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren verzeichnen die Vereinten Nationen auf 1.000 Geburten. Damit belegt das Land weltweit einen der hintersten Plätze", erklärt Dr. med. Gangolf Seitz, Vorsitzender von TERRA TECH.
Sierra Leone: Hohe Sterblichkeit von Müttern und Kleinkindern
Auch die Müttersterblichkeit ist erschreckend hoch: Schätzungen zufolge sterben bis zu sechs Prozent der Frauen während der Schwangerschaft oder an Geburtsfolgen. Gründe sind schlechte medizinische Versorgung, unzureichende Ernährung und die gesellschaftliche Situation der Frauen.
Nur knapp zehn Prozent der Frauen in Sierra Leone haben eine Sekundar- oder Hochschulausbildung absolviert; frühe Schwangerschaften, Kinderehen oder Missbrauch sind keine Seltenheit. Viele Frauen sind ein Leben lang von ihren Familien oder Ehemännern abhängig.
Ein besonderer Ort für Schwangere und junge Mütter
Aus diesem Grund ist das Geburtshaus ein besonderer Ort für Schwangere und junge Mütter aus Dörfern rund um die Stadt Bo. Hier erhalten die Frauen und ihre Kinder kostenlos eine kompetente Versorgung während der Schwangerschaft sowie eine Geburt unter sicheren Bedingungen und Betreuung nach der Entbindung.
Daneben organisiert das Team Stillgruppen und Aufklärungskampagnen zu verschiedenen Themen wie Familienplanung, Verhütung, Ernährung und Malaria-Prophylaxe. "Rund 25 Euro kostet die medizinische Hilfe pro Mutter", sagt Theresa. Ein Betrag, den die Klinik aus staatlichen Zuschüssen und Spendengeldern finanziert.
Das Geburtshaus Bo: Einfach und doch so wichtig
Das Geburtshaus umfasst eine Veranda als Warteraum für die Patienten, ein Sprechzimmer, zwei Krankenzimmer und den Entbindungsraum mit Vorraum, in dem sich Mutter Finda und Tochter Alice von der Geburt erholen.
Separat gebaut sind ein Küchengebäude, dazu ein hallenartiges Gebäude mit Vorratsräumen, einem Behandlungsraum sowie einer Halle für Schwangerschafts- und Mütterberatungen und Festlichkeiten. Aus westlicher Sicht ist die Ausstattung des Geburtshauses extrem einfach.
Die Einrichtung besteht aus wenigen aus Deutschland gespendeten Krankenbetten und einem gynäkologischen Untersuchungsstuhl. Dazu kommen einfache Tische und Hocker aus heimischer Produktion.
Sicherheit und Selbstbestimmung
Zur Untersuchung der Patientinnen gibt es ein Blutdruckmessgerät und ein Stethoskop. Der Geburtsfortgang wird durch manuelle Untersuchung und ein Hörrohr überprüft.
Aufgrund eines Blitzschlages in die Solaranlage kann nur noch der Entbindungsraum elektrisch beleuchtet werden, die übrigen Räume erhellen Kerosinlampen und Kerzen. Fließend Wasser gibt es nicht, die Wasserversorgung sichert ein eigener Brunnen mit Handpumpe.
"Trotz dieser Bedingungen ist die Ausstattung und die Qualität der medizinischen Hilfe besser als in den staatlichen Kliniken", unterstreicht Seitz. "Der Einsatz von Theresa und ihrem Team bedeutet für die betreuten Frauen Sicherheit und Selbstbestimmung."
Viele Jahre gemeinsam mit TERRA TECH im Einsatz
In den 1970er-Jahren lernte Dr. med. Gangolf Seitz die Schwesternschülerin während seiner Zeit als Arzt in Sierra Leone kennen. Seitdem ist viel passiert. Nach ihrem Krankenschwesterndiplom absolvierte Theresa eine Zusatzausbildung als Hebamme.
Anschließend eröffnete sie mit Unterstützung von TERRA TECH ein Entbindungshaus in Blama. Aufgrund des Bürgerkriegs ab 1991 musste Theresa 1994 fliehen und verbrachte die nächste Zeit in Flüchtlingslagern, bis sie die Stadt Bo erreichte.
"Die Mütter und ihre Kinder brauchen mich"
Dort arbeitete sie als Hebamme. Kurz nach Kriegsende 2002 begann sie vor den Toren von Bo mit dem Aufbau der M. M. Maternity Clinic, die noch im selben Jahr fertiggestellt wurde. "Aufgeben, war für mich nie eine Option. Ich bin für meine Familie verantwortlich, und die Mütter und ihre Kinder brauchen mich", sagt Theresa.
2009 folgte ein Erweiterungsbau, 2012 wurde eine Solaranlage installiert. "Über die Jahre ist die Zahl an betreuten Frauen und Geburten kontinuierlich gestiegen", berichtet Seitz stolz.