Die aus acht Meilern bestehende Dorfgruppe Bon Da Yeik war das Ziel der beiden HELP-Mitarbeiter Cristina Cariello und Erwin Langer, als sie sich ein halbes Jahr nach dem Zyklon Nargis wieder mal ein Bild von den dortigen HELP-Projekten verschaffen wollten. Die Bonner Hilfsorganisation führt hier ein Projekt zum Wiederaufbau der Landwirtschaft durch, das aus Spendeneinnahmen von Aktion Deutschland Hilft finanziert wird. Erwin Langer fasste seine Eindrücke in dem folgenden Bericht zusammen.
HELP-Mitarbeiter waren schon zweimal in Bon Da Yeik, Da hatten wir uns mit dem Dorfkomitee getroffen, um einen groben Überblick über die Situation zu erhalten und den nötigsten und dringendsten Bedarf der Bevölkerung festzustellen. Bon Da Yeik war eine von vielen Dorfgruppen, die im HELP-Büro in Pyapon vorgesprochen und um Hilfe gebeten hatten.
Alle eingehenden Hilfeersuchen wurden von den HELP-Mitarbeitern geprüft und durch enge Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden und dem Koordinierungsbüro der Vereinten Nationen abgestimmt, um Überlappungen mit anderen Organisationen zu vermeiden. Bon Da Yeik kam auf die Liste, weil dort, weitab von jeder Infrastruktur, bisher kaum Hilfe ankam.
Beim ersten Besuch im August wurde beschlossen, zunächst den Dorfteich wieder brauchbar zu machen, damit er sich in der verbleibenden Regenzeit bis Mitte Oktober wieder mit frischem Wasser füllen konnte.
Alle Arbeiten wurden von der Dorfbevölkerung selbst erledigt, HELP lieferte Baumaterial, einige Werkzeuge und den Dieseltreibstoff für das Abpumpen des verschmutzten Wassers.
Darüber hinaus wurde direkt neben dem Teich ein Flachbrunnen gegraben und mit Zementringen ausgekleidet, der unterirdisch mit dem Teich durch einen Filter und PVC-Rohre verbunden ist.
Damit kann sauberes Wasser aus diesem Brunnen geschöpft werden und der Teich wurde mit einem stabilen Zaun umgeben, um Kontamination des Wassers durch Menschen und Tiere zu verhindern.
Bei unserem zweiten Besuch Anfang September 2008 sahen wir bei einem Rundgang durch die Dorfgassen, dass die Grundschule nach dem Sturm wieder provisorisch aufgebaut worden war und auch die meisten Häuser der Familien aus Bambus und Gras wieder standen.
In der Schule trafen wir seinerzeit auch Mya Winn und Lay. Sie sind elf und zwölf Jahre alt und sind Freundinnen, solange sie sich erinnern können. Sie erzählten uns, dass das Leben im Dorf vor dem Wirbelsturm besser war, aber jetzt haben sie wenigstens wieder eine Schule. Sie sind immer gerne zur Schule gegangen und es war ihr größter Wunsch, dass wieder ein Schulhaus gebaut würde.
Ihre Eltern und die Mitglieder des Dorfkomitees, die wir nach dem Besuch in der Schule in einem der Häuser trafen, hatten da einen etwas anderen Standpunkt. Alle im Dorf sind Kleinbauern und die meisten besitzen eine Fläche zwischen drei und sechs Morgen Land. Ihr größtes Problem war, dass sie nicht wussten, wie sie den dringend benötigen Dünger, der etwa vier Wochen vor der Ernte auf die Reisfelder aufgebracht werden muss, beschaffen konnten. Ihr Lebensunterhalt hängt von dieser Ernte ab. Der Reisanbau ist ihre einzige Einnahmequelle.
Der Wirbelsturm Nargis traf ihr Dorf zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt, erzählten sie uns, nur einige Wochen vor der Reisernte. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Bauern bereits das Saatgut und den Dünger für die nächste Anbauperiode in ihren Häusern gelagert und sie freuten sich auf eine gute Ernte. Im Irrawaddy-Delta kann man zweimal pro Jahr ernten, die Böden sind fruchtbar und Wasser gibt es im Überfluss. Das Delta ist der Brotkorb des Landes.
Diese guten Aussichten waren am Morgen des 3. Mai verschwunden, als der Sturm über das Gebiet gerast war. Bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 190 km/h waren nicht nur die meisten Häuser beschädigt oder völlig zerstört, sondern wo am Vortag noch grüne Reisfelder gelegen hatten, war eine Masse von flachgedrückter, entwurzelter und schlammiger Verwüstung, übersät mit Hausteilen, toten Tieren und entwurzelten Palmen, alles halb unter Wasser.
Trotzdem: Die Menschen in den Meiler von Bon Da Yeik hatten noch Glück. Da der Sturm von Südwesten kam, wurden ihre Häuser von der drei Meter hohen Flutwelle aus dem Meer nicht erreicht. Deshalb waren im Dorf nur sechs Menschenleben zu beklagen, aber der Verlust an wirtschaftlichen Ressourcen war nahezu komplett. Das Koordinationsbüro der Vereinten Nationen in Birma konstatiert für diese Region etwa 80 Prozent zerstörter Häuser und rund 85 Prozent Verluste an Nutztieren.
Die Eltern der kleinen Mya Winn erzählten uns, dass sie im Hinterhof einen kleinen Stall für ihre Enten und Hühner hatten, der am Morgen nach dem Sturm verschwunden war. „Wir haben nicht eines unserer Tiere jemals wieder gefunden“, berichten sie.
Heute, bei unserem Rundgang im Dorf, ist diese Zerstörung kaum noch sichtbar. Die Trümmer sind weggeräumt, die Häuser sind wieder aufgebaut – wenn auch viele davon noch mit Plastikplanen als Dächer – und die Reisfelder sind grün. Aber durch näheres Nachfragen kann man unter der Oberfläche sehr schnell die langfristigen Auswirkungen der Katastrophe erkennen.
Es gibt erhebliche Lücken zwischen den Reisfeldern, die nicht bepflanzt wurden, weil auf die Schnelle im Juni und Juli nicht genügend Reissaatgut für die Monsun-Saison beschafft werden konnte – trotz Hilfslieferungen der Vereinten Nationen, der Hilfsorganisationen und eigenen Zukäufen durch die Bauern. Durch diese Zukäufe und die Neubeschaffung von Hausstand und Werkzeugen sind die Barreserven der Familien völlig erschöpft. Hinzu kommt, dass die meisten Haushalte keine Essensvorräte mehr haben. Das Welternährungsprogramm der UN liefert zwar Grundnahrungsmittel in viele Gebiete, aber die Rationen sind knapp bemessen und reichen nicht für alle.
Trotzdem herrscht heute eine gute Stimmung, als wir nach kurzer Absprache mit dem Dorfkomitee mit der Verteilung des Düngers und der Gemüsesaaten beginnen. Das Komitee hat wie mit HELP vereinbart die Verteilungslisten vorbereitet, die kurz mit unseren eigenen Unterlagen abgeglichen werden. Die Bauern aus den acht Meilern sind mit ihren Booten zum Verteilungsplatz gekommen und jetzt liegen dutzende kleiner und mittlerer Boote vor dem Anlegeplatz auf dem Wasser. Die Namen werden aufgerufen, in die Listen eingetragen und jeder Empfänger muss durch Vorlage seines Ausweises und durch Unterschrift den korrekten Empfang seiner Menge bestätigen. Dabei kommt uns natürlich zugute, dass selbst in den abgelegenen Dörfern in Birma die meisten Menschen schreib- und lesekundig sind. Junge Männer aus den Meilern tragen die Säcke vom Lagerplatz hinunter auf die Boote und helfen bei der Verstauung – heute ehrenamtlich und ohne Bezahlung. Am Nachmittag ist die Aktion beendet. Der Lagerplatz ist leer und nur noch wenige Boote liegen mit Düngersäcken und Gemüsesaat beladen vor der Anlegestelle.
Wir müssen uns beeilen, damit wir mit unseren Booten vor Einbruch der Dunkelheit wieder in die Stadt Kyaiklat kommen. Das Dorfkomitee steht am Anleger und winkt uns nach, bis unser Boot um die nächste Flussbiegung fährt. Wir sollen wiederkommen, haben sie gesagt, wir müssen uns noch über die nächste Pflanzsaison unterhalten, die bereits im Januar beginnt. Sie würden auch gerne wieder eine solide gebaute Dorfschule haben, nicht nur eine provisorische. Man habe auch über eine Kooperative für Geflügelzucht nachgedacht…
Wir werden wiederkommen, aber als nächstes steht erst einmal die Verteilung von Dünger in einer anderen Dorfgruppe auf dem Programm. Morgen wird in Kyaiklat verladen und übermorgen erwarten uns die Reisbauern in der Dorfgruppe von Kaing Chaung.
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