Auch ein Jahr nach der Tsunami-Katastrophe sind die Wasserstände hoch in Mullaitivo/ Sri Lanka. Bereits im November 2005 gingen tagelange Regenfälle über die Katastrophenregion im Nordosten des Inselstaates im Indischen Ozean nieder. Die eigentliche Regenzeit beginnt erst im Februar 2006. Weite Landstriche stehen in Folge der Niederschläge unter Wasser. Bei der Anfahrt auf den Küstenort Mullaitivo ist die Grenze zwischen Meer und Regenwasser gerade noch durch eine kleine Schaumkrone an der sonst weithin sichtbaren Sandbank auszumachen. Kilometerweit ziehen sich die Wasserflächen in das Landesinnere. Ein Durchkommen in das Projektgebiet ist äußerst mühsam und wird durch die Mitarbeiter des Hammer Forums Jörg Winter (Projektleiter) aus Leipzig und Architekt Lukas Wünsch unter großen Anstrengungen gemeistert. Oft geht es nur im Schritttempo voran. Immer wieder muss der Fahrer unseres Pritschenwagens vorsichtig seinen Weg über die weithin überspülte Straße suchen.
Hier an der Nordostküste Sri Lankas, wo die Flutwelle mit voller Wucht auf das malerische palmenbesäumte Ufer schlug, baut das Hammer Forum das örtliche Distriktkrankenhaus wieder auf. Am 26.12.2004 kam die Flutwelle nur 50 Meter vor dem Hospital zum Stillstand. Im Distrikt Mullaitivo kamen während der Flut ca. 3.000 Menschen ums Leben, 2,500 Personen wurden verletzt und über 21.000 Menschen verloren ihr Zuhause.
Die Stadt Mullaitivo befindet sich im Rebellengebiet im Norden der Insel und ist neben den Folgen der Flut auch durch einen langen Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den Rebellen geprägt. Nach einer Phase der Annäherung, in der sogar Friedensverhandlungen geführt wurden, droht im Nachgang zu den Präsidentschaftswahlen im November 2005 nun wieder ein offener Konflikt der beiden Parteien. Mehrere blutige Anschläge der Tamilischen Befreiungstigern (LTTE) auf die Streitkräfte Sri Lankas sind in den vergangenen Wochen bereits erfolgt.
Ein paar Tage nach den Regenfällen ist der Landstrich wieder gut zugänglich. Die tropische Sonne hat das Regenwasser verdunsten lassen. Die neuerliche Flut war zwar nur von kurzer Dauer. Aber dennoch leiden noch immer tausende Menschen unter den Folgen des Tsunami. Am Rand der Straße an der auch das Distriktkrankenhaus liegt, erstrecken sich kilometerweit die Notunterkünfte. Mehrere tausend Menschen haben hier ein provisorisches Zuhause eingerichtet. Besonders für die Menschen in diesen einfachen Lehmhäusern ohne Fundament und mit Dächern aus Palmenblättern versehen, bedeutet diese neuerliche Flut von oben eine extreme Belastung. Das Regenwasser findet keinen Platz zum Ablaufen und setzt mit der Zeit auch die Hütten, in denen bis zu acht Personen eine vorübergehende Unterkunft gefunden haben, unter Wasser. Und die eigentliche Regenzeit beginnt ja gerade erst.
In der Katastrophenregion leistet das Hammer Forum medizinische Hilfe für die Flutopfer. Unser Projekt heißt „Rehabilitierung eines Distriktkrankenhauses in Mullaitivo/ Sri Lanka“ und beinhaltet:
- Rekonstruktion des Hospitals mit den notwendigen Abteilungen (stationäre Kinderstation, Entbindungsstation, Männer- und Frauenstation, Operationsabteilung, Labor und Dentaleinheit sowie Wohngebäude für lokales Personal
- Ausstattung der Abteilungen mit dem notwendigen Mobiliar
- Ausstattung der Abteilungen mit dem notwendigen medizinischen Geräten
- Intensives Training des lokalen medizinischen Personals
Dadurch erreichen wollen wir die Stärkung der Strukturen des lokalen Gesundheitsministeriums (DPDHS). Unsere Zielgruppe sind Menschen, die eine medizinische Versorgung benötigen. Neben der lokalen Bevölkerung in der Stadt und Region Mullaitivo sind dies besonders auch zurückkehrende Inlandsvertriebene, die nach der Flut sowie während dem Bürgerkrieg die Region verlassen hatten und allmählich in ihre Heimat zurückkehren. Immerhin handelt es sich hier insgesamt um ca. 160.000 Menschen.
Unsere Projektpartner sind die nationalen, regionalen und lokalen Gesundheitsbehörden Sri Lankas. Und da es sich quasi um ein geteiltes Land handelt, das geprägt ist durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg, war es erforderlich, über die Rahmenbedingungen sowohl mit der staatlichen als auch mit der Rebellenseite zu verhandeln.
Der Wiederaufbau und die Einrichtung de Krankenhauses sollen insgesamt etwa zwei Jahre dauern. Anschließend wollen wir das einheimische Personal durch Schulungen unterstützen. Die Kosten für die Durchführung des Projektes setzen sich u. a. zusammen aus den Kosten für Baumaterial und Personal sowie Ausgaben für die benötigte Ausstattung, z. B. Mobiliar und Medikamente. Das geplante Projektvolumen liegt bei ca. € 1.000.000,-. Schultern konnten wir dieses Projekt aufgrund der Förderung durch das humanitäre Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ (ADH). Das Hammer Forums ist über den Paritätischen Wohlfahrtsverband auch Mitgliedsorganisation beim ADH.
Und im Rahmen der Projektdurchführung haben wir schon eine ganze Menge erreicht. Bereits im Januar 2005, nur ein paar Tage nachdem der Tsunami in Südasien ca. 300.000 Menschenleben gefordert hat, entsendete das Hammer Forum ein so genanntes „Assessment-Team“ in das Überflutungsgebiet auf Sri Lanka. Ziel war es, einen Ort zu ermitteln, an dem die Hilfe durch das Hammer Forum sinnvoll erschien. Da die Bevölkerung Mullaitivos nicht nur durch den Tsunami sondern auch unter den Folgen des Bürgerkrieges leidet, haben wir uns für diesen Projektort entschieden. Dies hatte zwar zur Folge, dass die Verhandlungen über die Projektmodalitäten sowohl mit der staatlichen singhalesischen Seite als auch mit den Rebellen geführt werden mussten. Letztere haben im Nordosten Sri Lankas quasi einen eigenen Staat mit eigenen Behörden errichtet. Die Folgen des militärischen Konfliktes sind allerorten deutlich erkennbar. In Mullaitivo sind viele Häuser durch Granatfeuer zerstört. Am Straßenrand begegnen uns immer wieder zerstörte Panzer, Zeugen eines langjährigen blutigen Konfliktes. Hier ein Krankenhaus wieder aufzubauen war die richtige Entscheidung.
Nachdem den Behörden mussten Jörg Winter und Lukas Wünsch schließlich die Verhandlungen mit den Bauunternehmern aufnehmen. Ähnlich wie in Deutschland sind wir auch in Sri Lanka an baurechtliche Vorgaben gebunden. Diese sehen vor, dass ein so genannter „Contractor“ die Arbeiten ausführt. Die Firma Road Engineering erwies sich bei unserer Ausschreibung unseres Bauvorhabens als der günstigste Anbieter. Auf dem Projektgelände des Hammer Forums herrschte seitdem rege Aktivität. Bulldozer und Baukräne rollten an, um die alten zerstörten Gebäudeteile des Krankenhauses abzureißen. Viel Präzision und Sorgfalt ließ Architekt Lukas Wünsch bei der Vermessung des Geländes walten. Denn die neuen Gebäude haben eine andere Anordnung als der alte Komplex. In Kürze folgt der Aushub für die neuen Fundamente. An die Fundamentierung schließen sich die Rohbauarbeiten an und die Installation der elektrischen und sanitären Anlagen. Alles in allem hoffen wir, im Herbst mit der Einrichtung der Gebäude beginnen zu können. Den Bedarf an medizinischen Geräten hat unser Projektleiter Jörg Winter bereits in Absprache mit Dr. Dharmendra, dem so genannten District Medical Officer (DMO) und medizinischen Leiter des Distriktkrankenhauses in Mullaitivo ermittelt.
Vor uns liegt noch eine Menge Arbeit. Aber für die Menschen in Mullaitivo wird das neue Krankenhaus eine deutliche Erleichterung ihrer Lage bringen.
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