CARE-Medienkoordinatorin Melanie Brooks berichtet aus Sri Lanka.
Zunächst fällt mir an ihr nichts Außergewöhnliches auf: Die zehnjährige Priyana ist ein süßes, hübsches kleines Mädchen, deren Gesicht strahlt, wenn sie mich anlächelt. Dann jedoch bewegt sie ihre Hände. Dicke Streifen Narbengewebe umgeben ihre dünnen Handgelenke, ihre rechte Hand ist gekrümmt, im 90 Grad Winkel steht sie von ihrem Unterarm ab. Als sie ihre Arme um die Taille ihrer Mutter schlingt, hängen ihre Hände herunter.
Ich weiß nicht, ob mich ihre Verletzungen oder die Art und Weise, wie sie verletzt wurde, mehr entsetzen. Priyana und ihre 24jährige Schwester Vithiya spielten, als sie ins Kreuzfeuer gerieten. Granatensplitter schnitten durch Priyanas Handgelenke und Oberschenkel sowie durch Vithiyas rechtes Bein. Auf ihrer zweiwöchigen Flucht hatten sie keine Gelegenheit, sich in einem Krankenhaus behandeln zu lassen. Danach jedoch war es zu spät, Priyanas Hand zu heilen.
Rani, die Mutter der beiden Schwestern, muss sich nun ganz alleine um ihre verletzten Töchter kümmern. Sowohl ihr Mann als auch eine andere Tochter sind im Krisengebiet ums Leben gekommen, ihre anderen zwei Töchter gelten noch als vermisst. Während Rani mir ihre Geschichte erzählt, spielt Priyana mit einer lila Haarschleife, die sie ungeschickt mit den zwei noch funktionierenden Fingern ihrer linken Hand hält. Trotz allem lächelt sie. Ich weiß nicht, ob ich zurücklächeln oder weinen soll.
Während das Interesse der Weltöffentlichkeit auf den Krieg im Norden gerichtet ist, zeichnet sich hier im Flüchtlingslager eine zweite humanitäre Krise ab. Fast 200 000 Menschen wurden von der Regierung in Sri Lanka aus der Krisenregion hierher evakuiert. Jeder ist, wie Priyana, auf irgendeine Weise verletzt. Trotzdem geben sie nicht auf. Viele von ihnen wurden während des nun 25 Jahre dauernden Konfliktes bereits vertrieben. Sie alle vermissen Angehörige oder haben sie in den Auseinandersetzungen bereits verloren.
Das Flüchtlingslager „Manik Farm”
Der Anblick des Flüchtlingslagers „Manik Farm” in der Nähe von Vavuniya ist kaum zu beschreiben. Die meisten der Vertriebenen leben hier, in dieser unvermutet und plötzlich errichteten Zeltstadt mitten im Dschungel. Überall sind Menschen, die sich bei 38 Grad lieber vor den Bauhütten aufhalten. Die Männer graben tiefe Furchen, um Latrinengruben zu errichten, Frauen reihen sich in lange Menschenschlangen ein, um Wasser zu holen. In dafür vorgesehenen Bereichen wird in Töpfen, die so groß wie Badewannen sind, vegetarischer Curry und Reis über einem Feuer gekocht.
Im Hintergrund hört man Geräte rumpeln, die den Wald lichten, damit mehr Zelte Platz finden und Straßen gebaut werden können. Die gefällten Bäume werden an der Seite aufgehäuft, damit sie dann im Camp als Feuerholz zum Kochen verwendet werden können. Wo man auch hinguckt - Reihen um Reihen von Zelten und behelfsmäßigen Hütten.
Innerhalb von zwei Wochen haben fast 120 000 Menschen das Camp erreicht. Die Ressourcen und Möglichkeiten des Camps und der medizinischen Versorgung sind schon längst überstrapaziert. Mitarbeiter der Regierung und von Hilfsorganisationen arbeiten gemeinsam auf kleinster Fläche, getrieben von der Notwendigkeit, mehr Zelte aufzubauen, Latrinen auszuheben und Wasserstationen zu installieren.
Viele Menschen leben mit zwei oder drei Familien in einem Zelt. Das bedeutet für uns, dass wir noch einiges aufzuholen haben, damit jeder einen angemessenen Schlafplatz bekommt. Außerdem sollen die in der Not ausgehobenen Toilettengruben durch hygienischere Toilettenvorrichtungen ersetzt werden.
Trotz allem stirbt die Hoffnung der Menschen nicht. Sie hoffen vor allem, dass vielleicht diesmal der 25 Jahre dauernde Bürgerkrieg ein Ende findet. Überall im Land wird gespendet. Ob in den ärmsten Teilen der Hauptstadt oder an den touristischen Stränden im Süden: Essen, Kleidung und Notvorräte werden für die Menschen in den Camps bereitgestellt. Volkszugehörigkeit und Religion spielen keine Rolle mehr, sehr menschlich wird auf die Notlage der „Brüder und Schwestern im Norden” eingegangen.
Doch es ist ein Rennen gegen die Zeit. Die Kämpfe im Krisengebiet, in dem Zehntausende noch immer gefangen sind, gehen weiter. Jeden Tag aufs Neue erwarten wir, dass sie endlich hierher flüchten können. Wie verrückt roden wir daher Land, stellen neue Zelte auf und heben Latrinen aus.
Seit Monaten befinden sich die im Konfliktgebiet Gefangenen nun in einem Albtraum. Es gibt dort so viele kleine Mädchen wie Priyana, die verzweifelt darauf warten, dem Krieg entfliehen zu können, um einfach wieder Kind sein zu dürfen. Ich hoffe nur, dass wir auf die Ankunft all dieser Kinder vorbereitet sind.
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