Ende März hat ein notfallpädagogisches Team der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners erneut traumatisierte Kinder und Jugendliche in Flüchtlingslagern in der Provinz Dohuk im Nordirak besucht. In vier UNICEF Schulen konnten 1.300 Kinder in der Verarbeitung ihrer schrecklichen Erlebnisse unterstützt und Lehrerkräfte im Umgang mit traumatisierten Kindern geschult werden. Der Einsatz fand in Kooperation mit Aktion Deutschland hilft statt.
Unterricht für Flüchtlingskinder in neuen Schulzelten
Seit dem letzten notfallpädagogischen Einsatz der Freunde der Erziehungskunst im Nordirak im September 2014 hat sich vieles verändert. Die Binnenflüchtlinge, die Großteils in Rohbauten und auf freiem Feld campieren mussten, haben nun in den neu errichteten Flüchtlingslagern Zuflucht gefunden. Seit Mitte Februar hat UNICEF mehrere Schulzelte errichtet, so dass die Flüchtlingskinder wieder eine Schule besuchen können.
In den Flüchtlingslagern Berseve I und Berseve II hat ein notfallpädagogisches Team von 6. bis 20. März vier dieser UNICEF Schulen unterstützt. Die Schulen arbeiten unter schwierigen Bedingungen: viele der Schulzelte haben weder Tische noch Stühle, der Unterricht findet auf dem Boden statt. In einigen Schulen kommen auf 1.300 SchülerInnen nur 3 Lehrkräfte und viele der SchülerInnen sind schwer traumatisiert. Die traumabedingten Verhaltensänderungen der Kinder sind überall sichtbar, viele legen aggressives Verhalten an den Tag oder isolieren sich selbst.
Therapeutische Angebote zur Verarbeitung der Traumata
Um diese Kinder und Jugendlichen in der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu unterstützen, wurden täglich verschiedene pädagogische und therapeutische Angebote gestaltet: Erlebnispädagogik und Bewegungsübungen geben den Kindern ihr Vertrauen in sich selbst und ihre Umwelt zurück und lösen innere Blockaden. Kunsttherapie bietet non verbale Möglichkeiten Erlebtes auszudrücken und zu verarbeiten. Insgesamt konnten ca. 1.200 Kinder im Alter zwischen 5-17 Jahren mit verschiedenen Workshops erreicht werden und ihnen etwas Freude zurück gegeben werden. Das Lachen der Kinder, die bunte Tücher, Farben und Bälle zeigen ein Bild der Hoffnung im grauen Umfeld der Flüchtlingslager.
Um nachhaltige notfallpädagogische Strukturen zu etablieren wurden parallel dazu 39 LehrerInnen im Rahmen einer dreitägigen Fortbildung in Psychotraumatologie und den Methoden der Notfallpädagogik im Umgang mit traumatisierten Kindern geschult. Die meisten Lehrkräfte sind selbst Flüchtlinge aus dem umkämpften Sinjar-Gebirge und ebenfalls traumatisiert. Die Fortbildung kann sie darin unterstützen, mit ihren eigenen und mit den Traumatisierungen der Kinder besser umzugehen.
Psychosoziale Hilfe auch für Erwachsene und betroffenen Eltern
Aber nicht nur Kinder und Lehrer sind betroffen, auch viele Erwachsenen sind schwer traumatisiert. Elternberatung und psycho-soziale Hilfe vor allem für Frauen sind ein weiterer wichtiger Baustein der Arbeit der Freunde der Erziehungskunst im Nordirak. In Zusammenarbeit mit einer lokalen NGO konnten Frauengruppen aufgebaut werden, die den Frauen die Gelegenheit bieten, über ihre Erlebnisse und Erfahrungen zu sprechen und sich auszutauschen. Für diejenigen, die durch ihre Erlebnisse während Vertreibung und Flucht schwer traumatisiert sind, wurden Einzelgespräche mit einer erfahrenen Psychotherapeutin angeboten.
Notfallpädagogik: Pädagogische Erste Hilfe
Die Notfallpädagogik der Freunde der Erziehungskunst basiert auf waldorfpädagogischen Methoden und verwandten Therapieformen. Durch die Anregung der Selbstheilungskräfte der Betroffenen wird der Verarbeitungsprozess gefördert und unterstützt. Mit erlebnispädagogischen Übungen soll das Vertrauen in sich selbst und seine Mitmenschen gestärkt werden. Gerade in Kontexten von Kriegen sind derartige Maßnahmen von immenser Bedeutung. In den kunst- und erlebnispädagogischen Kursen haben betroffene Kinder die Möglichkeit den traumatischen Erlebnissen neue, schöne Erfahrungen entgegenzusetzen. Bewegungs- und Klatschspiele bringen Freude, lösen innere Erstarrungen und unterstützen die körperliche Koordination.
Weitere Einsätze für dieses Jahr geplant
Die Notfallpädagogik der Freunde der Erziehungskunst ist bereits seit 2013 in der autonomen Region Kurdistan im Irak tätig. Im Rahmen zahlreicher Einsätze weltweit konnte bereits vielen Kindern geholfen werden ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten und sogenannte Trauma-Folgestörungen zu mildern. Im Laufe des Jahres planen die Freunde der Erziehungskunst weitere notfallpädagogische Einsätze in der Region.
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