von Bernd Ruf (Einsatzleiter und geschäftsführender Vorstand der Freunde der Erziehungskunst)
Ziegelsteine fielen vom Dach, Wassertanks barsten
Nach dem zweiten Erdbeben vom 12. Mai arbeitete das 13-köpfige notfallpädagogische Kriseninterventionsteam der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, das sich vom 09. bis 23. Mai in Nepal befand, mit Hochdruck daran, traumatisierten Kindern bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu helfen. Zum Zeitpunkt des 2. Bebens befand sich das Team in einem Krankenhaus mit angeschlossenem Waisenheim und Waldorfkindergarten in Kathmandu. Alles begann zu beben, Ziegelsteine fielen vom Dach, Wassertanks barsten. Doch dank der Besonnenheit der Mitarbeiter und des professionellen Handelns des Notfallteams konnten alle Kinder und Bewohner des Zentrums auf ein freies Gelände evakuiert werden.
Rhythmus- und Bewebungsübungen gegen die Angst
Inmitten des Chaos begann das Notfallteam bereits mit Akutinterventionen. Verletzte wurden versorgt und desorientierte Menschen in akutem Schockzustand mittels Stabilisierungstechniken re-orientiert und beruhigt. Parallel dazu begannen notfallpädagogische Interventionen mit weit mehr als 150 Kindern. Rhythmus- und Bewegungsübungen im Kreis und erlebnispädagogische Aktivitäten führten rasch zu einer Lösung der traumatischen Schockstarre. So konnten die Kinder bereits nach wenigen Stunden wieder in ihre Häuser zurück begleitet und ihnen ein Gefühl der Sicherheit gegeben werden.
Traumata, ein Risiko für die gesunde Entwicklung von Kindern
Nach dem Erdbeben leiden zahlreiche Kinder und Erwachsene unter Traumata. Ein Trauma ist eine schockartige Erstarrung angesichts überwältigender Ohnmachtsgefühle, die von einem Ereignis ausgelöst werden, das existenzbedrohend wirkt und nicht bewältigt werden kann. Die Betroffenen leiden an ihren schrecklichen Erinnerungen, die immer wieder Todesängste auslösen. Zusätzlich treten oft Rhythmusstörungen auf, die sich in Form von Schlafstörungen, Essstörungen, Bewegungsstörungen und Verdauungsstörungen äußern.
Viele Kinder ziehen sich nach traumatischen Erfahrungen sozial zurück und wirken wie gelähmt. Andere sind übererregt, reizbar, aggressiv oder hyperaktiv. Wieder andere Kinder sind gefühllos oder fühlen sich innerlich leer. Oftmals fallen Kinder und Jugendlichen in bereits überwundene Entwicklungsstadien zurück. Sie nässen wieder ein, lutschen am Daumen, können nur im elterlichen Bett schlafen oder verwenden die Babysprache.
Nicht nur für Kinder: die psychosoziale Betreuung ist auch für Erwachsene wichtig
Traumatisierte Kinder benötigen stabile Erwachsene, um zur eigenen Ausgeglichenheit zurückfinden zu können. Doch nach Katastrophen sind meist auch Eltern, Lehrer und pädagogische Betreuer traumatisiert. Sie können das veränderte Verhalten der Kinder nach einer Traumatisierung oft nicht verstehen und reagieren hilflos. Zu den wichtigsten Aufgaben notfallpädagogischer Krisenintervention gehört es deshalb, neben der direkten Akutversorgung von Kindern auch Lehrer und Erzieher über die Entstehung, den Verlauf und die möglichen Folgen einer Psychotraumatisierung zu informieren und notfallpädagogische Strategien im Umgang mit traumatischem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen aufzuzeigen.
Nachhaltige Ergebnisse
Die Hilfsmaßnahmen der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners in Nepal brachten nachhaltige Ergebnisse. Insgesamt konnten annähernd 2.000 Kinder an insgesamt 12 Interventionstagen notfallpädagogisch betreut und etwa 60 Pädagogen in Notfallpädagogik fortgebildet werden. Des Weiteren wurden etwa 250 Patienten in der mobilen Ambulanz medizinisch versorgt oder beraten.
In etwa drei Monaten planen die Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners einen Nachfolgeeinsatz im nepalesischen Erdbebengebiet. Dann sollen neben weiteren Trainingsseminaren für lokale Fachkräfte die bisherigen Einsatzstellen aufgesucht, der Status der Kinder festgestellt und weitere Unterstützungs- und Versorgungsmaßnahmen eingeleitet werden.
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