Interview mit KHW-Geschäftsführerin Beate Tohmé über Wiederaufbau und Katastrophenvorsorge
Frau Tohmé, in welcher Form engagiert sich das Kinderhilfs-werk Global-Care in Nepal?
Wir arbeiten eng mit unserer lokalen Partnerorganisation „Asal Chhimekee Nepal“ zusammen und konzentrieren uns dabei auf den Wiederaufbau einer Schule – der Janakalyan Higher Secondary School in Srinathkot – sowie auf den Bereich Katastrophenvorsorge.
Was sind die größten Herausforderungen beim Wiederaufbau der Schule?
Ganz klar: die geografische Lage. Es ist tatsächlich eine große, aber auch spannende Herausforderung, eine Schule in einem entlegenen Himalaya-Bergdorf in 1000 Meter Höhe aufzubauen. Mangelnde Infrastruktur, lange Transportwege, Straßen ohne Asphalt, Benzinknappheit wegen politischer Unruhen – die Liste an Problemen ist lang. Doch die Kinder vor Ort haben die Chance auf qualifizierte Bildung verdient. Für sie lohnt sich der Aufwand.
Wie hat man sich die Schule vorzustellen?
Die Janakalyan Higher Secondary School ist mit 30 Lehrkräften und 826 Schülerinnen und Schülern die größte Schule in der Umgebung – und seit den beiden Erdbeben massiv einsturzgefährdet. Die Behörden hatten unseren lokalen Partner um den Wiederaufbau gebeten. Viel Zeit haben dann die Verhandlungen über den Standort des neuen Gebäudes, die genaue Anzahl der Klassenräume und die detaillierte Bauplanung in Anspruch genommen.
Wie ist der aktuelle Stand?
Nach Abschluss des Vertrags befinden sich jetzt die Bauzeichnungen zur letzten Prüfung beim Bildungsministerium. Das alte Gebäude wurde mittlerweile abgerissen und der Schutt weggeräumt. Die neue Schule wird dort errichtet, wo sich momentan die Übergangsklassenräume aus Holz-Wellblech- Konstruktionen befinden.
Aus welchen Verhältnissen stammen die Schüler der Schule?
Ein Beispiel: Binod. Er ist 12 Jahre alt. Das Haus seiner Familie wurde durch das Erdbeben zerstört – so wie 90 Prozent aller Häuser in der Umgebung. Unsere lokalen Mitarbeiter wurden bei einem Ortstermin auf den Jungen aufmerksam, als er eine schwere Gasflasche auf dem Rücken trug. Zunächst hat Binod ihnen stolz erzählt, dass er schon einmal 30 Kilo über drei Stunden geschleppt hat. Aber dann huschte ein trauriger Ausdruck über sein Gesicht. Er muss Geld dazuverdienen, seit seine Mutter nicht mehr zu Hause ist, erzählte er.
Sein Vater hat sie geschlagen, wenn er wieder einmal zu viel Alkohol getrunken hatte. Einmal fand er seine Mutter blutüberströmt auf dem Fußboden. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und ist danach nicht mehr zurückgekommen. Sein Onkel hat ihr dabei geholfen, nach Kuwait zu fliehen. Jetzt sind nur noch Binod, seine Schwester und sein Vater da. Manchmal arbeitet der Zwölfjährige auf den Feldern, sonst trägt er Lasten. Trotz der Arbeit schafft er es immer, pünktlich in der Schule zu sein. Er geht in die sechste Klasse. Binods Traum ist es, Arzt zu werden.
Nepal liegt in der seismisch aktiven Himalaya-Region. Extreme Naturereignisse wie Erdbeben, Landrutsche und Überschwemmungen stellen eine ständige Bedrohung für die Bevölkerung dar. Ein Naturereignis lässt sich zwar nicht verhindern – die Auswirkungen lassen sich aber sehr wohl abmildern ...
Das stimmt. Damit die Bevölkerung besser auf künftige Katastrophen wie das Erdbeben vorbereitet ist, unterstützt unser Kinderhilfswerk Schulungen zur Katastrophenvorsorge in den Distrikten Kaski, Gorkha und Nawalparasi. Die Schulungen richten sich insbesondere an Vertreter von Kirchengemeinden, Schulen und Vereinen. Die Teilnehmer sollen Wissen und Fähigkeiten in den Bereichen Katastrophenrisiko und Katastrophenbewältigung aufbauen. Wir achten darauf, dass etwa 60 Prozent der Teilnehmer Frauen sind, weil sie am besten das Gelernte an die Kinder weitergeben.
Wie viele Multiplikatoren wollen sie erreichen?
Insgesamt sollen 60 Führungskräfte eine Trainer-Ausbildung und 100 ehrenamtliche Leiter ein Basistraining im Bereich Katastrophenvorsorge erhalten. Außerdem werden Pläne zur Katastrophenvorsorge für die jeweiligen Orte und Schulungsunterlagen erarbeitet, damit die Teilnehmer anschließend das Erlernte weitervermitteln.
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