von den Johannitern
Als am 25. April in Nepal die Erde bebte, befand sich Bhawanna zusammen mit ihrem Vater und ihren drei Geschwistern gerade zu Hause. „Wir waren alle im ersten Stock und hielten uns an den Händen. Wir dachten, wir würden alle sterben“, erinnert sich die 14-jährige. „Die Luft war voller Staub, und dann stürzte die vordere Wand des Hauses ein. Zum Glück hatten wir uns unter einen Fenstersturz gerettet, weshalb uns nichts passiert ist. Wir sahen später unseren Onkel auf der Straße rufen, er half uns aus dem Haus.“
Sie rannten zum zentralen Platz ihres Dorfes, dort trafen sie auch ihre Mutter. Sie war zu Besuch bei einer anderen Familie, als das Erdbeben geschah. Auch dieses Haus stürzte ein, jedoch konnte sie sich aus den Trümmern retten. Auf einem Feld, auf dem sie Zwiebeln gepflanzt hatten, bauten sie für alle 16 Familienmitglieder eine temporäre Unterkunft aus den Resten ihrer Häuser. Über drei Monate lebten sie hier, bevor sie ein Zelt erhielten, in dem sie weitere acht Monate verbrachten. Heute hat die Familie aus den Resten ihres Hauses und Wellblech eine neue Bleibe für sich gebaut.
Insgesamt starben während des Erdbebens 36 Menschen in der Gemeinde Tyangthali in der Provinz Sindhupalchok. Nur drei von 204 Häusern hatten das Erdbeben unbeschadet überstanden. Auch die Schule des Ortes wurde zerstört. Es war ein großes Schulgebäude mit fünf Klassenzimmern. Bhawanna ging gern hierher: „Damals hatte ich keine Angst, es war nicht so laut, und wir konnten uns aufs Lernen konzentrieren. Es gab sogar einen Computerraum.“
Die Johanniter widmen sich dem Seelenleben von Schulkindern
Gemeinsam mit ihrer lokalen Partnerorganisation GMSP haben die Johanniter in Tyangthali eine temporäre Schule aufgebaut. 145 Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren aus dem Umkreis von einer Stunde Fußweg gehen hierher. Neun Lehrer unterrichten die Kinder in Englisch, Wissenschaften, Mathe, Nepalesisch, Berufsschule, Gesellschaft und Landwirtschaft. „Jetzt nach dem Erdbeben ist es sehr schwierig mit den Kindern, denn sie sind sehr verängstigt und fühlen sich nicht wohl in der Schule“, berichtet Sita Tamang, die Lehrerin von Bhawanna.
„Wir sind alle stark traumatisiert. Die Kinder fangen schon zu weinen an, wenn die Erde leicht wackelt, sei es durch einen vorbeifahrenden LKW oder ein schwaches Erdbeben.“ Auch Bhawanna geht nur noch ungern zur Schule. „In der tem-porären Schule ist es laut, selbst der kleinste Windhauch hört sich durch das Wellblech sehr laut an. Die kleinen und offenen Klassenräume verstärken den Lärm zusätzlich, weshalb ich mich nur schwer konzentrieren kann.“
„Im ganzen Distrikt Marming in der Provinz Sindhupalchok müssen 47 Schulen wiederaufgebaut werden“, berichtet der Direktor der Schule. „Doch bis heute gibt es keinen Wiederaufbauplan der Regierung, weshalb wir noch nicht beginnen konnten.“ Sie erhielten zwar umgerechnet rund 1700 Euro von der Regierung, aber welche Schulen überhaupt wiederaufgebaut werden sollen, wissen sie nicht. Auch zahlt die Regierung nur das Gehalt für vier Lehrer, die weiteren fünf benötigten Lehrer muss die Schule selbst bezahlen.
Seelische Wunden heilen
So wie Bhawanna hat das Erdbeben viele Menschen in Sindhupalchok traumatisiert. Der Schock des Erdbebens, der Verlust von Verwandten und Nachbarn und die plötzliche Zerstörung ihrer Heimat hat bei vielen das Gefühl von Hilf- und Hoffnungslosigkeit hinterlassen. Die Johanniter haben an verschiedenen Orten der Provinz sogenannte „Child Friendly Spaces“ errichtet. Hier können die Kinder spielen, lernen und mit geschulten Psychologen über die Erlebnisse sprechen.
Zudem bieten die Psychologen Gesprächsrunden für Erwachsene an, in denen sie ihre Ängste ausdrücken und bewältigen können. Auch Renu aus dem Distrikt Karthali in Sindhupalchok kommt regelmäßig zu den Gesprächsrunden. „Ich fühlte mich nach dem Erdbeben so hoffnungslos und verängstigt. Erst durch die psychosoziale Unterstützung bekam ich ein bisschen Hoffnung zurück. Heute fühle ich Frieden in mir“, freut sich die 46-Jährige.
Schnelle Hilfe nach dem Erdbeben
Bereits unmittelbar nach dem Erdbeben am 25. April konnten ehrenamtliche Soforthelfer der Johanniter Hunderte Menschen versorgen. Nur wenige Tage nach dem Erdbeben war das elfköpfige Team vor Ort und errichtete in der Provinz Sindhupalchok eine provisorische Gesundheitsstation, um Verletzte und Kranke zu behandeln, die bis dahin keine Hilfe erreicht hatte. Die Provinz war eine der am stärksten betroffenen Regionen des Landes. Laut Vereinten Nationen verloren mehr als 60.000 Familien bei dem Beben ihr Zuhause, öffentliche Gebäude – darunter viele Schulen – wurden zerstört.
„Ganze Siedlungen waren durch Bergrutsche von der Außenwelt abgeschnitten“, berichteten die Helfer aus dem Katastrophengebiet. Neben der medizinischen Versorgung verteilten die Johanniter Nahrungsmittel, Planen, Medikamente, Verbandsmaterial und Hygieneartikel an bedürftige Familien. Ein Krankenhaus erhielt medizinisches Material, mit dem 10.000 Menschen drei Monate lang versorgt werden können. In den Wochen nach dem Erdbeben wurden in der Region nordöstlich der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu Hilfsgüter wie Decken, Planen, Matratzen und Hygieneartikel verteilt.
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