Nidas Tag beginnt bei Sonnenaufgang, wenn von den Minaretten der Moschee der Ruf zum Gebet erschallt. Nachdem sie ihrer Mutter geholfen hat ,ihre jüngeren Brüder für die Grundschule vorzubereiten, macht sie sich selbst für die Schule fertig. Die nächstgelegene weiterführende Mädchenschule befindet sich in der Stadt Jabori. „Wenn das Wetter schön ist und ich schnell genug laufe, kann ich die Schule in weniger als 40 Minuten erreichen“, erklärt sie und lächelt so, dass ihre braunen Augen blinken. Nida ist immer fröhlich, wenn sie wohlbehalten die Zelt-Schule erreicht, die World Vision nach dem verheerenden Erdbeben in der Kaschmir-Region mit deutschen Spenden errichtet hat. Sie dient als Übergangslösung bis die Regierung die beim Erdbeben zerstörte Schule wieder aufgebaut hat.
An der Tafel stehen die fünf Wörter „gute Manieren, Ursache, Disziplin, Geduld und Neubeginn“. Aufgabe der Schüler ist es einen Begriff auszuwählen mit dem sie einen Satz formulieren sollen. „Geduld und harte Arbeit helfen Schwierigkeiten zu überwinden“ schreibt Nida mit präziser Handschrift. Das 12jährige Mädchen hat diesen Satz keinem Schulbuch entnommen. Die harten Zeiten, die Nida erleben musste, und ihr unbedingter Wille, alle Hindernisse zu überwinden, lassen sie solche Zeilen schreiben.
Als älteste von fünf Geschwistern hat sie ihr gesamtes Leben in dem Dorf Dhabar Katta im Siran Tal verbracht, einer abgelegenen Gegend der Nordwestprovinz. Die 200 Häuser liegen versprenkelt am steilen Abhang und trotzen der unwirtlichen Umwelt und dem rauen Klima. Die nächste Stadt, Jabori, ist nur über einen holprigen, engen Trampelpfad zu erreichen.
Nidas Familie musste schon immer kämpfen, um über die Runden zu kommen, da sie völlig auf das bescheidene Einkommen des Vaters angewiesen ist. Er ist ein begnadeter Zimmermann und Maurer. Um arbeiten zu können, muss er das Dorf oft für lange Zeit verlassen, manchmal sogar für einen Monat. „Ich gehe überall hin und erledige jede Arbeit, um meinen Familie zu unterstützen“, sagt Abdul Aziz. Er erklärt, dass das Erdbeben viele Leben zerstört habe, aber immerhin gebe es Arbeit, seitdem der Wiederaufbau begonnen hat auch wenn dies nur ein schlechter Ersatz sei.. An einem Arbeitstag verdient er ungefähr 400 Rupien (knapp 5 €). Vor dem Beben im Oktober 2005 besaß Aziz´ Familie ein Haus mit drei Zimmern, von dem jetzt nur noch die Grundmauern zu sehen sind. Die Familie konnte lediglich einige Haushaltsgegenstände retten.
Abdul Aziz erinnert sich, wie dankbar er war, als World Vision robuste Zelte austeilte, die ihnen als Unterkunft dienten, bis sie beginnen konnten, eine stabilere Schutzhütte zu bauen. „Ich fühlte, dass sich jemand um uns sorgte, sich um unser Leben hier im Hochgebirge kümmerte.“ Später erhielt Familie Aziz von World Vision ein Starthilfepaket für die Landwirtschaft, in dem sich Mais und Gemüsesamen befanden. So konnte sie ein Gemüsebeet am Abhang anlegen.
„Ich will hier bleiben und helfen eine Schule für die Kinder aufzubauen“
World Vision baute dort, wo sich vor dem Beben der Schulhof befand, drei „Übergangs-Zelt-Schulen“ auf. Nida fühlt sich sicher, wenn sie die Zeltschule erreicht. Sie hofft, dass ihr Wunsch studieren zu können in Erfüllung gehen wird. „Nicht alle Tage sind so fröhlich. Wenn es regnet und es matschig ist, wird die Straße zu gefährlich und ich kann nicht zur Schule gehen.“
Jedes Mal, wenn Nida zur Schule läuft, überquert sie mutig den Siran Fluss. Dann folgt sie dem Flusslauf und muss über riesige Felsbrocken klettern, die letztes Jahr bei einem schweren Erdrutsch vom Gipfel herunter stürzten. Während sie von Felsblock zu Felsblock hüpft, jeden einzelnen Schritt abwägend, versucht Nida nicht daran zu denken, dass der Berg bei einem Erdbeben erneut zittern könnte. Wenn sie nachmittags mit der Schule fertig ist, klettert sie den steilen Pfad wieder hoch, der sich nun stärker als am Vormittag in die Länge zu ziehen scheint.
„Sobald ich aus der Schule komme, fange ich mit den Hausaufgaben an, denn wir haben keine Elektrizität und nach Einbruch der Dunkelheit kann ich nicht mehr lesen“ erklärt Nida. Nidas Mutter Farzana ist stolz auf den Wunsch ihrer Tochter zu studieren. Meistens entschuldigt sie Nida von der Hausarbeit. „Es ist unsere Pflicht sie in jedweder Weise zu unterstützen, wenn sie zur Schule gehen will. Wir sind arme Leute und alles ist sehr schwierig.“ sagt Farzana „Die Schulgebühren können bis zu 1,800 Rupien im Monat betragen (ca. 22 €). Aber Nida verlangt nichts außer Geld für die Schule“.
Nidas Mutter hofft, dass ihre Tochter einmal Ärztin wird. Aber das Mädchen hat andere Pläne. Nida weiß, wie schwierig es für Kinder, besonders für Mädchen, in den abgelegenen Dörfern ist, ihre Ausbildung fortzusetzen. „In unserem Dorf gibt es ungefähr 100 Mädchen. Ich bin die einzige, die zur Jabori-Mittelschule geht. Es ist eine Schande, dass Eltern und Lehrer nicht stärker zusammenarbeiten, um den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.“ Mit leiser Stimme äußert Nida ihrern Herzenswunsch: Sie möchte gerne Lehrerin werden. Eigentlich interessiert sie sich für alle Fächer, aber ihr Lieblingsfach ist Englisch. „My name is Nida“ ergänzt sie und lächelt.
Nida beendet ihre Hausaufgaben in der „Familien-Notunterkunft“, die etwa so groß ist wie ein kleines Wohnzimmer. In hölzernen Regalen an der Wand sind die Habseligkeiten der Familie untergebracht: etwas Geschirr, ein paar Töpfe, eine Uhr, ein altes Bild und Plastikblumen in einer Vase. Zwei Betten und ein einfacher Tisch vervollständigen die Einrichtung. Nida hat keinen Tisch. Sie lernt auf der Bettkante am Fenster.
Trotz der Armut glaubt Nida, dass Dhalar Katta ein guter Ort zum Leben ist. „Die meisten Lehrer wollen nicht in den armen Gegenden bleiben; sie gehen in die großen Städte, um zu unterrichten", sagt sie bedauernd. Und dann fügt sie noch hinzu: „Ich will hierbleiben und helfen eine Schule für die Kinder aufzubauen."
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