von Aktion Deutschland Hilft/action medeor
Das Klima in Tansania ist tropisch. Trocken- und Regenperioden wechseln sich regelmäßig ab. Doch dieses Jahr ist alles anders. In dem ostafrikanischen Land regnete es bisher fast ununterbrochen – mit dramatischen Folgen für die Menschen.
El Niño und Klimakrise machen das Wetter in Tansania unberechenbar
Die Regenzeit in Tansania teilt sich für gewöhnlich in zwei Abschnitte: In eine kleine Regenzeit zwischen Oktober und November, mit durchschnittlich wenig Niederschlag.
Und in eine große Regenzeit, die von März bis Mai andauert. Doch das Wetterphänomen El Niño und der voranschreitende Klimawandel stellten zum Jahreswechsel 2024 alles auf den Kopf. Ab November letzten Jahres regnete es in Tansania heftiger und häufiger als in irgendeinem Jahr zuvor. Eine Regenzeit ging quasi in die Nächste über.
Monatelange Überschwemmungen und Erdrutsche mit tödlichen Folgen
Die andauernden Regenfälle führten fast im gesamten Land zu Erdrutschen und monatelangen Überschwemmungen. Einer der schlimmsten Einzelvorfälle war ein massiver Erdrusch im Norden des Landes.
Hier begrub Anfang Dezember eine Schlammlawine, die sich vom vierthöchsten Berg Mount Hanang löste und über 200 Meter ins Tal schoss, die Kleinstadt Katesh. Mindestens 88 Menschen kamen dabei ums Leben, über 5.000 Bewohner:innen verloren ihr Zuhause.
Über 200.000 Menschen in Tansania von den Fluten betroffen
Die Regenfälle setzten sich ins Jahr 2024 fort und weiteten sich auf acht Regionen im Land aus: Morogoro, Mbeya, Kilimandscharo, Unguja, Geita, Daressalam, Manyara und Pwani. Die Wassermassen zerstörten landesweit Brücken, Straßen, Häuser und landwirtschaftliche Felder – und damit auch überlebenswichtige Ernten.
Allein in den Regionen Pwani und Morogoro wurden 76.700 Hektar Ackerland überflutet. Am 25. April gab das tansanische Parlament bekannt, dass die Regenfälle und Überschwemmungen seit Januar bereits 155 Tote und 236 Verletzte gefordert hätten und 200.000 Menschen betroffen seien. Nur wenige Tage nach der Regierungserklärung wurde die Küstenregion Daressalam vom Zyklon Hidaya erfasst, gefolgt von weiteren massiven Überflutungen.
Medizinische Hilfe aus Deutschland
"Seit wir in Tansania angekommen sind, regnet es eigentlich ununterbrochen. Hunderttausende Menschen mussten bereits aus ihren Häusern fliehen, wichtige Infrastruktur wurde zerstört", berichtete Christoph Bonsmann Anfang April aus dem tansanischen Standort von action medeor in der Nähe der Hauptstadt Daressalam.
Christoph Bonsmann ist als Generaldirektor Afrika für die Bündnisorganisation in Tansania im Einsatz. Er erlebte das Wetterextrem hautnah mit. "Durch die Überschwemmungen hat es viele Verletze und leider auch Todesopfer gegeben. Wir haben in unserem Medikamentenlager eine Lieferung mit medizinischen Hilfsgütern für Krankenhäuser in der besonders betroffenen Rufiji-Region vorbereitet und den Transport begleitet."
action medeor im Einsatz für Tansania
Bereits seit 2005 versorgt action medeor über den eigenen Standort in Tansania Gesundheitseinrichtungen im Land mit Medikamenten, medizinischem Material und Medizintechnik.
Dieses Jahr ist das lokale Team fast im Dauereinsatz – und eine Entspannung ist nicht in Sicht. Die Helfer:innen rechnen damit, dass sich die Ernährungssicherheit im Land durch die vielen Ernteausfälle massiv verschärfen wird.
So helfen Spenden den Betroffenen in Tansania
Und auch die Anzahl von Erkrankungen in Folge der Überschwemmungen und verunreinigtem Trinkwasser nehmen bereits in vielen Regionen zu.
action medeor bereitet sich nun darauf vor, die Betroffenen mit Medikamenten gegen Wurm- und Durchfallerkrankungen zu versorgen – eine Aufgabe, die angesichts des Ausmaßes der Überschwemmungen riesig ist und für die weitere Spenden benötigt werden.
"Die Menschen stehen vor dem Nichts"
Christoph Bonsmann war bis Ende März im Vorstand von action medeor in Tönisvorst tätig. Seit April ist er in Tansania als Generaldirektor Afrika für das Medikamentenhilfswerk im Einsatz.
Aktion Deutschland Hilft: Herr Bonsmann, wie ist die aktuelle Lage vor Ort?
Christoph Bonsmann: Seit Juni hat es zum Glück aufgehört zu regnen. Nun wird das Ausmaß der landesweiten Schäden sichtbar: Brücken, Straßen, Felder, ganze Landstriche, alles wurde überschwemmt und teilweise zerstört.
So viele Familien haben das Wenige, das sie besessen haben, in den Fluten verloren. Nun leben sie in Notunterkünften, die man sich wie Flüchtlingscamps vorstellen muss, provisorisch und schlecht ausgestattet.
So heftige und andauernde Regenfälle sind selbst für diese Region ungewöhnlich, oder?
Ja. Wir haben hier hautnah miterlebt, was ein Wetterphänomen wie El Niño, verstärkt durch die Klimakrise, anrichten kann. Solche Regenfälle und Überschwemmungen hat es in Tansania in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben.
Die Folgen sind sogar außerhalb des Landes spürbar. Normalerweise, wenn es in Tansania regnet, regnet es etwas später im Jahr auch im Nachbarland Malawi. In diesem Jahr hat es sich komplett über Tansania ausgeregnet und es ist kaum noch Regen in Malawi angekommen. Die dortige Regenzeit war so kurz, dass es in vielen Bereichen nicht für eine ordentliche Ernte gereicht hat. Was hier überschwemmt wurde, ist dort vertrocknet.
Welche Folgen haben die Überschwemmungen für die Menschen?
Die Überschwemmungen haben Hunderttausende Existenzen zerstört. Die betroffenen Menschen sind auf familiäre Hilfe oder internationale Hilfslieferungen angewiesen, um nicht zu verhungern. So drastisch muss man das sagen. Viele Menschen auf dem Land leben von dem, was sie auf ihren kleinen Feldern erwirtschaften. Viele Bauern können sich nur eine einzige Aussaat im Jahr leisten.
Wenn sie auf ihre Felder gehen, setzen sie alles auf eine Karte. Und wenn so eine Katastrophe eintritt, wenn das Wetter komplett verrückt spielt, verlieren sie alles. Da springt kein Staat, keine Elementarversicherung ein, die Menschen stehen vor dem Nichts.
Was brauchen die Betroffenen jetzt am dringendsten?
Die Menschen in den Überschwemmungsgebieten benötigen jetzt vor allem medizinische Hilfe. Wurm- und Durchfallerkrankungen nehmen zu, weil das Trinkwasser durch die Überschwemmungen verunreinigt wurde. Lebensmittel und sauberes Wasser werden auch gebraucht – und ebenso eine bessere Ausstattung der Unterkünfte.
Unser Team unterstützt derzeit die medizinische Versorgung. Wir beliefern Gesundheitsstationen mit Antibiotika und Verbandsmaterialien, Schmerz- und fiebersenkende Mittel und Infusionslösungen. Langfristig müssen wir uns darüber Gendanken machen, wie sich die fehlenden Ernten auffangen lassen – nicht nur hier in Tansania, sondern auch in Malawi, wo wir mit action medeor ebenfalls seit Jahren aktiv sind.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet um Spenden für von Hunger betroffene Menschen in Afrika:
Stichwort: Hunger in Afrika
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30
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