Mathias Anderson von arche noVa sorgt in Äthiopien für Wasser
Dieser Mann ist mit seiner stattlichen Körpergröße von über zwei Metern kaum zu übersehen. Doch nun hockt er an einer Wasserstelle in der Afar-Region von Äthiopien und prüft das Wasser auf seinen Geruch. Unweit sind mehrere Mädchen dabei, Ziegenhäute und Kanister mit Wasser zu füllen und auf ihr e Esel zu verladen. Sie beäugen den stattlichen weißen Mann ein wenig argwöhnisch, denn Fremde, geschweige denn Ausländer, verirren sich fast nie in diese Gegend.
Einen kleinen Frosch hat Anderson im Schlick auch entdeckt, den er kurz über die Hand gleiten lässt, dann erhebt er sich lächelnd. „Sieht alles sehr gut aus. Zum Trinken muss es natürlich noch abgekocht werden, aber die Sekundärmerkmale deuten auf eine relativ gute Wasserqualität hin.“ Anderson ist Regionalkoordinator Afrika der Dresdner Hilfsorganisation arche noVa. Die Wasserstelle wurde vom arche-noVa-Kooperationspartner Afar Pastoralist Development Association (APDA) angelegt. Die lokale Hilfsorganisation hat über 20 Jahre Erfahrung in der Region und arbeitet mit vielen internationalen Organisationen bis hin zum Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zusammen.
Mit einfachen Mitteln viel erreichen
„Genau das ist meine Aufgabe: zuverlässige und kompetente Partner in den jeweiligen Ländern für unsere Projekte zu finden“, erklärt Anderson, der mit seiner Frau in Nairobi lebt. Erst vor wenigen Tagen ist er aus Uganda in Äthiopien eingetroffen. APDA ist der Partner, den sich arche noVa für die Umsetzung seiner Nothilfeprojekte infolge der Hungerkatastrophe
2011 hier ausgesucht hat. Wie immer geht es bei arche noVa um die Wiederherstellung und Verbesserung der Wasserversorgung. „Eine solche Wasserstelle möchte ich eventuell auch in unserem Projektgebiet anlegen lassen, das noch viel unzugänglicher ist“, sagt der Bauingenieur.
„Mit einfachen Mitteln viel erreichen“– so lässt sich in aller Kürze das Konzept der Dresdner Wasserbauer umschreiben. Aus diesem Grund überzeugt Anderson auch der Wasserteich inmitten der kargen Fels- und Sandwüste. Eine große Sandgrube, die mit einem Bulldozer innerhalb von wenigen Tagen ausgehoben wird. Dabei ist sie so angelegt, dass sich bei einsetzendem Regen durch einen künstlich geschaffenen Hang möglichst viel Oberflächenwasser in dem Becken sammelt. Für bis zu drei Monate entsteht so ein wertvolles Wasserreservoir für Mensch und Tier, mitten in der Wüste. Doch selbst wenn für das bloße Auge schon lange nichts mehr zu sehen ist, reichen wenige Spatenstiche, um wieder auf Wasser im Sand zu stoßen, das zumindest fürs Tränken der Tiere genutzt werden kann.
Erfahrungen aus Sri Lanka, Haiti und Indonesien
Anderson, 32 Jahre, stammt aus Hamburg und hat bereits eine beachtliche Karriere in der humanitären Hilfe hinter sich. Zum Bauingenieur ließ er sich in den USA ausbilden, später sattelte er einen Master für Projektmanagement oben drauf. 2006 heuerte er beim Arbeiter-Samariter-Bund an, der ihn ins Bürgerkriegsgebiet im Nordosten von Sri Lanka entsandte. Seine Aufgabe war die Bauqualitätskontrolle für 1125 Tsunami-Häuschen. Die Wiederinstandsetzung von weggespülten Straßen und den Bau von Hunderten Toiletten konnte er noch realisieren, bevor der Krieg zwischen den Tamil Tigers und der Sri Lankan Army wieder in voller Härte eskalierte.
Die Regierung in Colombo setzte auf brutale militärische Offensive und Anderson erlebte Artilleriebeschussund Luftangriffe im eigens eingerichteten Bunker. Sein Resümee ist unterkühlt hanseatisch, aber klar und deutlich: „Man sieht vieles, was man nicht zu sehen braucht!“ Trotzdem möchte er die Zeit nicht missen, die ihn viel gelehrt hat. So zum Beispiel, wie sich aus Kies, Lehm und Muschelkalk, im Tamilischen „Oori“ genannt, eine robuste Fahrbahndecke herstellen lässt, die viele Jahre hält und den Vergleich mit dem viel zu teuren und kaum verfügbaren Asphalt nicht scheuen muss.
„Du musst immer wieder bei null anfangen!“
Die intensiven Erlebnisse können Anderson nicht abschrecken. Noch einmal kehrt er in das kriegsgeschundene Land zurück, diesmal für arche noVa, um für 250.000 Bürgerkriegsflüchtlinge in den Lagern Toiletten zu bauen. „Hygiene war in diesem Moment das Allerwichtigste“, sagt der Hanseat. Anfang 2010 befindet er sich mit seiner künftigen Frau auf dem Flug nach Australien, als ihn der Ruf nach Haiti erreicht. Wieder zieht er als Head of Mission für arche noVa ins Feld. Es geht um Wasseraufbereitung in Kooperation mit Malteser International, und auch ein Wasserlabor richtet er in dem völlig zerstörten Inselstaat ein. Seine Erinnerung? „Gut ausgebildete Leute zu finden war das Schwerste.“ Auch Sisyphusarbeit kann den akribischen Norddeutschen nicht schrecken und so erstellt er mithilfe von GPS-Daten eine Karte mit allen verfügbaren Wasserstellen, überträgt sie auf Google Earth und macht sie somit für alle anderen Hilfsorganisationen auf Haiti verfügbar. „Eigentlich fängst du immer wieder bei null an“, sagt er. Und genau diese Herausforderung reizt ihn.
Begeistert berichtet er von seinem Einsatz auf einer abgelegenen indonesischen Insel, die einen Tsunami erlebte, der von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Mit einer 1820 ersonnenen Spiralpumpe und eines selbst gebauten Wasserrads gelang es den arche-noVa-Tüftlern, einen Höhenunterschied von 17 Metern zu überwinden. Nun konnten Zapfstellen und Waschplätze der einheimischen Bevölkerung mit immerhin 20 Kubikmetern Wasser täglich versorgt werden. Auch privat lockt Mathias Anderson das Abenteuer. So oft er kann, schwingt er sich in Nairobi auf die eigene Enduro. Und auch einen Ausflug mit dem Motorrad durch das Projektgebiet, die Danakil-Wüste in Äthiopien, nur mit einem Zelt bepackt, kann er sich gut vorstellen.
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