von arche noVa
Am Rand einer Schotterpiste fotografierte arche noVa-Projektleiter Nazir Ahmed im Juni 2017 im Süden Äthiopiens ein verendetes Kamel. Er war auf Erkundungsreise ins Projektgebiet. "Mehr als die Hälfte der Viehherden war bereits verendet. Die Besitzer blieben ohne jegliche Einkommens- und Lebensgrundlage zurück." Als erstes starben die Ziegen. Ein paar Kamele überlebten, weil sie mit den zuletzt übrig gebliebenen, salzhaltigen Wasserresten eher zurechtkommen.
Dürre in Afrika: Der schleichende Tod
Das Bild von der Haut und den Knochen eines verendeten Kamels gehört zu den erschütternden Fotos des Jahres 2017. Es steht stellvertretend für die ganze Not, die den Osten Afrikas getroffen hat: eine Ernährungskrise enormen Ausmaßes als Folge anhaltender Dürre.
Infografik: Hunger in Afrika (Stand: Mai 2018)
Schleichend kam diese Krise, genauso schleichend wie der Tod des fotografierten Tieres. Bereits Monate zuvor hatten Hilfsorganisationen, internationale Institutionen und die Regierungen der betroffenen Länder Alarm geschlagen. Da, wo das Kamel verendet war, in der äthiopischen Somali Region, startete arche noVa im Frühjahr einen Nothilfeeinsatz mit dem Schwerpunkt Wasserversorgung für Mensch und Vieh.
Die Region zählt zu einer der am wenigsten entwickelten des ohnehin sehr armen Landes. Die seit 2015 anhaltende Dürre und die Auswirkungen des Klimawandels trafen die Menschen, die größtenteils vom Weiden ihrer Tiere leben, besonders hart. Mitte 2017 spitzte sich die Lage weiter zu.
Größte Problematik: Wasserknappheit und schlechte Wasserqualität
An den letzten noch wasserführenden Brunnen versammelten sich die Menschen mit ihren Tieren. Lange Schlangen bildeten sich. "Auch die Kamele und Ziegen müssen an den Brunnen anstehen. Es dauert oft viele Stunden, bis sie dran sind. Manchmal gibt es Streit zwischen den Viehzüchtern", berichtet Nazir Ahmed. Neben der Wasserknappheit ist die Wasserqualität eines der größten Probleme in der Somali Region.
Die einzige erreichbare Wasserquelle ist das Oberflächenwasser, das nach den immer spärlicher werdenden Regenzeiten in den Schachtbrunnen und Zisternen zusammenläuft. Auf dem Weg dorthin nimmt es alle möglichen Verunreinigungen mit, darunter auch Keime, die aus Fäkalien und Tierkadavern stammen. Die Menschen haben keine andere Wahl, als dieses Wasser zu trinken. Die Folge: Zusätzlich zum Hunger verbreiten sich Infektionskrankheiten, wie etwa starker Durchfall.
Fragen und Antworten zum Thema Hunger
Weltweit leiden 815 Millionen Menschen unter Hunger. Das bedeutet bei einer Weltbevölkerung von 7,5 Milliarden: Jeder neunte Mensch auf der Welt hat nicht genug zu essen.
Vor allem Menschen in afrikanischen und asiatischen Ländern sind von Hunger betroffen. Besonders schwierig ist die Lage in Gegenden, in denen die Ernährungssituation unsicher ist und zusätzlich langanhaltende Konflikte sowie Wetterextreme wie Dürren herrschen. Im vergangenen Jahrzehnt hat es Krisenländer wie Jemen, Südsudan, Somalia oder Nigeria schwer getroffen. Mehr als die Hälfte der 815 Millionen Hungernden, nämlich über 519 Millionen Menschen, leben in Asien.
In Afrika ist der Anteil der Hungernden an der Bevölkerung mit 20 Prozent weltweit am größten. Dort hungern über 243 Millionen Menschen. Ein Großteil (224 Millionen) lebt südlich der Sahara. In Lateinamerika und der Karibik haben 42,5 Millionen Menschen nicht genug zu essen; in Ozeanien sind es 2,7 Millionen.
Hungersnöte nur als Folge von Dürreperioden und Regenausfällen zu sehen wird der vielschichtigen Katastrophe nicht gerecht. Die Ursachen sind komplex und bedingen sich gegenseitig. Sie reichen von Armut über wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen und ungerechte Wettbewerbschancen im Weltagrarhandel bis hin zum Klimawandel. Einige Jahre ging die Zahl der Hungernden in vielen Teilen der Welt zurück. Seit 2014 nimmt der weltweite Hunger aber wieder zu.
Klimabedingte Katastrophen wie Dürren und Überschwemmungen führen dazu, dass Felder vertrocknen und Ernten ausfallen. Dem Welternährungsbericht der Vereinten Nationen zufolge spielt dabei auch das Wetterphänomen El Niño eine entscheidende Rolle.
Außerdem wächst die Anzahl der Konflikte. Sie verschärfen die Lage zusätzlich – vor allem in Entwicklungsländern mit unsicherer Ernährungssituation. Insgesamt leben 489 Millionen Menschen, also mehr als die Hälfte aller Hungernden, in Konfliktgebieten. Die Gewalt wirkt sich nicht nur auf das Leben der Kinder, Frauen und Männer in den betroffenen Ländern aus, sondern auch auf Wirtschaft, Infrastruktur und Landwirtschaft. Gerade in ländlichen Gebieten haben Menschen unter Folgen wie Ernteausfällen oder Lebensmittelknappheit zu leiden.
Unterernährung oder qualitative Mangelernährung bedeuten, dass ein Mensch aufgrund eines Mangels an Nahrung nicht genügend Energie aufnehmen kann, um sein Körpergewicht zu halten. Laut Welternährungsorganisation liegt der Bedarf für ein normales, gesundes Leben bei 2.100 Kilokalorien pro Tag. Nimmt eine Person weniger als 1.400 Kilokalorien zu sich, spricht man von extremer Unterernährung. Unter der mangelnden Energiezufuhr leiden unter anderem das Immunsystem und die Abwehrkräfte. Deshalb verlaufen Krankheiten wie Cholera bei unterernährten Menschen oft tödlich.
Qualitative Mangelernährung heißt einseitige Ernährung. Steht bei Menschen beispielsweise jeden Tag Weizen, Reis oder Mais auf dem Speiseplan, füllt das zwar den Magen, aber es fehlt an überlebenswichtigen Mikronährstoffen wie Vitaminen, Proteinen, Eisen, Jod und Zink. Qualitative Mangelernährung wird auch als "versteckter Hunger" bezeichnet. Sie ist deutlich schwerer festzustellen als Unterernährung, da selbst übergewichtige Menschen zu wenig proteinreiche und vitaminreiche Nahrung zu sich nehmen können.
Die Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft sind weltweit im Einsatz, um hungernden Menschen zu helfen.
- Wir versorgen akut unterernährte Kinder, schwangere und stillende Frauen mit lebensrettender Notfallnahrung und energiereicher Erdnuss-Paste
- Wir verteilen dürreresistentes Saatgut und richten Getreidebanken ein, um Hungersnöte von vornherein zu verhindern
- Wir verteilen Nahrungsmittelpakete mit Bohnen, Mais, Milchpulver, Nudeln und Öl
- Wir setzen Brunnen instand und verteilen Wasserreinigungstabletten
- Wir verbessern die Gesundheitsversorgung durch mobile Ärzte-Teams
- Wir impfen Kleinkinder, die durch die Unterernährung anfällig für Krankheiten sind
- Wir errichten Gesundheitsstationen, in denen Menschen medizinisch versorgt werden
Erfahren Sie mehr über den Kampf der Bündnisorganisationen gegen den Hunger!
Nachhaltige Hilfe: Ausbau und Reparatur von Brunnen
In Äthiopien startete die Nothilfe mit Wasserlieferungen mittels Tanklastwagen für ein Gesundheitszentrum. "Die bestehenden Wassersysteme sind aufgrund fehlender finanzieller Mittel in einem desolaten Zustand, viele gar nicht mehr funktionstüchtig", so Nazir Ahmed. Für nachhaltige Lösungen sind der Ausbau und die Reparatur von Brunnen und Regenwasserzisternen geplant. Dabei werden die Zisternen und die Brunnen eingefasst und abgedeckt sowie Handpumpen installiert, sodass sich die hygienischen Verhältnisse deutlich verbessern werden.
Momentan wird in Tahin ein existierender Schachtbrunnen repariert und ausgebaut, der eigens für das Tränken der Tierherden vorgesehen ist. "Damit ermöglichen wir Viehzüchtern in einem Umkreis von 70 Kilometern die Versorgung ihrer Tiere auch in niederschlagsarmen Zeiten. So werden auch die Trinkwasserquellen der Dörfer geschützt. Und die extrem langen Wartezeiten am Brunnen verringern sich enorm", berichtet Nazir Ahmed.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet um Spenden für von Hunger betroffene Menschen in Afrika:
Stichwort: Hunger in Afrika
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30
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