von Aktion Deutschland Hilft
Fast 20 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, ungefähr drei Viertel davon sind Frauen und Kinder: Trotz seines verheerenden Ausmaßes wird der Krieg im Jemen oft als ein vergessener Konflikt bezeichnet.
Warum hat der Krieg begonnen? Und was brauchen die Menschen vor Ort? Ein Überblick über verschiedene Fakten zum Krieg im Jemen – und über die Hilfe, die Aktion Deutschland Hilft seit vielen Jahren im Land leistet.
Krieg im Jemen: 8 Fakten zur vergessenen Krise
- Millionen Kinder kennen kaum noch ein Leben ohne Krieg
- Die Republik Jemen gibt es erst seit 1990
- Die Ursachen des Krieges liegen nicht nur innerhalb des Jemens
- Millionen Menschen brauchen Hilfe – jeder hat eine eigene Geschichte
- Viele Soldat:innen kämpfen unter Zwang und sind noch minderjährig
- Das "Manhatten der Wüste" ist bedroht
- Trotz Krieg ist Jemen das Ziel vieler Geflüchteter aus Ostafrika
- Müttersterblichkeit und Zwangsverheiratung: Frauen leiden besonders
1. Millionen Kinder kennen kaum noch ein Leben ohne Krieg
Shadha und Marwa leben in Sanaa, der Hauptstadt Jemens. Sie werden in einem Waisenhaus betreut, das vom Hammer Forum unterstützt wird. Hand in Hand mit lokalen Partnern wird 50 Kindern ein sicherer Zufluchtsort ermöglicht. Das Hammer Forum ist eine Bündnisorganisation von Aktion Deutschland Hilft.
Trotzdem haben Shadha und Marwa Angst. Frieden, Sicherheit, ein Leben ohne Krieg – wie so viele Kinder aus dem Jemen kennen die beiden Mädchen dieses Leben kaum noch. Viel Leid haben sie erlebt, erzählen sie.
"Wenn ich von der Schule nach Hause gehe, habe ich Angst. Und wenn ich in die Schule gehe, habe ich auch Angst", sagt Marwa. Beide Mädchen wünschen sich, dass der Krieg endet. Dass sie endlich ohne Furcht leben und in Frieden aufwachsen können.
2. Die Republik Jemen gibt es erst seit 1990
Die Republik Jemen entstand mit der Vereinigung der im Norden gelegenen Jemenitischen Arabischen Republik und der Demokratischen Volksrepublik Jemen im Süden. Im Laufe der Jahre haben sich die beiden Länder politisch und kulturell sehr unterschiedlich entwickelt.
Seitdem gab es verschiedene Auseinandersetzungen über die Ausgestaltung der Regierung. Zunächst haben sich verschiedene Gruppen gegen die autoritäre Regierung mobilisiert, besonders die schiitischen Huthi-Rebellen im Norden und separatistische Bewegungen im Süden. Doch auch ein geplanter Regierungswechsel nach dem Arabischen Frühling scheiterte: Seit 2015 kämpfen die Huthis gegen eine Militärallianz um die Vorherrschaft im Land.
3. Die Ursachen des Krieges liegen nicht nur innerhalb des Jemens
Der Krieg im Jemen wird häufig als ein Stellvertreterkrieg bezeichnet: Die Huthi-Rebellen auf der einen Seite werden vom Iran unterstützt, der zentrale Akteur der Militärallianz auf der anderen Seite ist Saudi-Arabien. Dennoch ist die Situation im Jemen komplex und die Auseinandersetzungen innerhalb des Landes spielen eine tragende Rolle.
Auch zahlreiche weitere Staaten spielen eine direkte oder indirekte Rolle im Konflikt. Das macht die Lage immer unübersichtlicher, weswegen sich humanitäre Hilfe im Jemen zunehmend zum Balanceakt entwickelt.
Der Krieg im Jemen kann als Folge eines gescheiterten Übergangsprozesses nach dem sogenannten Arabischen Frühling im Jahr 2011 beschrieben werden. Die Wurzeln des aktuellen Konflikts reichen jedoch weiter zurück.
Der Jemen gilt schon lange als das ärmste Land der Arabischen Halbinsel. Schon 2004 kam es zu größeren politischen Unruhen, als sich Menschen im Nordwesten des Jemens gegen die Zentralregierung in der Hauptstadt Sanaa stellten. Langzeit-Präsident Ali Abdallah Salih regierte bereits seit 1978 den Nordjemen – und seit der Vereinigung 1990 mit dem Süden das gesamte Land.
Seine Herrschaft wird als zunehmend autoritär und spalterisch beschrieben. Vor allem eine schiitische Strömung sah sich durch Salihs Politik marginalisiert: die Zaydiyya. Als Protest formierte sich die Huthi-Bewegung – die bis heute eine entscheidende Rolle im Jemen-Krieg spielt.
Im Südjemen formierte sich ebenso Widerstand. Unter anderem forderten die Gruppierungen ihre frühere Unabhängigkeit von der Zeit zurück, bevor das Land vereinigt wurde. Der Krieg begann also als innerjemenitischer Konflikt. Damit verbunden waren mehrere verschiedene Bürgerkriege und Kämpfe – auch zwischen Huthis, südjemenitischen Gruppierungen und anderen Milizen.
Im Jahr 2011 spitzte sich die Situation dann zu: Wie in vielen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas gingen auch im Jemen zahlreiche Menschen auf die Straße. Sie demonstrierten für einen politischen Richtungswechsel und bessere Lebensbedingungen. Diese Bewegung ist als Arabischer Frühling bekannt.
Die Proteste führten 2012 zum Rücktritt des Präsidenten Salih. Eine Übergangsregierung kündigte Neuwahlen und eine neue Verfassung an, doch die Pläne wurden nie umgesetzt. Stattdessen eroberten die Huthis Ende 2014 die Hauptstadt Sanaa. Übergangspräsident Abd Rabbo Mansur Hadi sah ich zum Rücktritt gezwungen.
Hadi bat daraufhin Saudi-Arabien um Unterstützung. Im März 2015 griff das Königreich mit einer Militärallianz in den Konflikt ein.
Seit 2015 kämpfen die Huthi-Rebellen und eine Militärallianz um Saudi-Arabien um die Vorherrschaft im Jemen. So hat sich aus dem Bürgerkrieg ein gewaltvoller Konflikt mit internationalen Parteien entwickelt.
Die Huthis werden vom Iran unterstützt. Deswegen ist häufig die Rede von einem Stellvertreterkrieg. Aber: Der Krieg im Jemen ist zunehmend komplex.
Denn auch der innerjemenitische Konflikt schwelt weiter. Auf lokalen Ebenen kämpfen noch immer verfeindete Gruppierungen aus dem Norden und Süden gegeneinander, die alle unterschiedliche Interessen, Ziele und Hintergründe haben.
Auch die Religion spielt eine Rolle: Die Huthi-Rebellen sowie der Iran gehören der muslimischen Glaubensgruppe der Schiiten an. Die an der Militärallianz beteiligten Länder hingegen sind sunnitisch. In vielen Ländern der Erde gibt es Konflikte zwischen diesen beiden Gruppen.
1990 | Der Nordjemen und der Südjemen vereinigen sich zur Republik Jemen. Doch von Anfang an gibt es Reibungen. Immer wieder kommt es zu politischen Unruhen. |
2011 | Der Arabische Frühling erreicht den Jemen. Es kommt zu Demonstrationen in der Bevölkerung. |
2012 | Die Regierung tritt zurück; Neuwahlen und eine neue Verfassung sollen folgen. |
2014 | Die Huthi-Rebellen erobern die Hauptstadt Sanaa und übernehmen die Macht. |
2015 | Der Machtkampf zwischen den Huthis und der Militärallianz beginnt. Der Bürgerkrieg entwickelt sich zu einem internationalen, bis heute andauernden Konflikt. |
Die Republik Jemen gibt es erst seit 1990. Damals vereinigten sich die Jemenitische Arabische Republik im Norden und die Demokratische Volksrepublik Jemen im Süden (auch Nordjemen und Südjemen genannt).
Der Nordjemen galt als konservativ und wurde lange Zeit vom Nachbarland Saudi-Arabien beeinflusst. Anders als der Südjemen war der Nordjemen aber fast durchgehend ein unabhängiges Land. Der Südjemen gehörte bis 1967 zum britischen Kolonialreich. Nach der Unabhängigkeit verbündete sich das Land mit der Sowjetunion.
Über Jahrzehnte hatten sich die Länder stark unterschiedlich entwickelt. Die unterschiedlichen muslimischen Glaubensrichtungen prägen das Leben der Bevölkerung bis heute. Im Norden leben mehrheitlich Schiiten, im Süden mehr Sunniten.
17 Millionen Menschen im Jemen haben nicht genug Wasser zur Verfügung, die Hälfte der Bevölkerung leidet unter Nahrungsmittelunsicherheit. Mehr als die Hälfte aller Kinder unter 5 Jahren im Land sind mangelernährt. Und fast 5 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht vor dem Krieg.
Die Zahlen sind hoch. Sie sind es seit Jahren, Tendenz steigend in dem Land, in dem seit 10 Jahren Krieg ist. Hinter jeder dieser Zahlen steckt eine Geschichte, ein menschliches Schicksal.
So wie das von Abida. Sie ist eine der Betreuerinnen im Waisenhaus in Sanaa, das vom Hammer Forum unterstützt wird. Vorher hatte auch sie bereits ein bewegtes Leben – das vom Krieg gezeichnet ist. Sie erzählt:
“Im Krieg sind wir immer in Gefahr. Wir haben immer Angst. Also haben wir überlegt, ob wir irgendwo hinfliehen können, wo es sicher ist. Wir haben alles verkauft, damit wir auskommen.
Dann sind wir nach Aden gesiedelt, eine große Stadt im Norden des Landes. Dort sind wir zwei Wochen geblieben, aber auch dort waren wir nicht in Sicherheit. Es war schlimm.
Also sind wir wieder geflohen. Wir sind für einige Zeit bei einer Familie untergekommen. Nun sind wir hier.
Allerdings ohne meinen Mann. Er lebt nicht mehr. Er war krank mit Herzproblemen. Mein Sohn war gerade 16 Jahre alt, als mein Mann gestorben ist, und wollte uns helfen. Er hat gearbeitet, damit er unsere Familie versorgen kann.
Meine Kinder sollen im Kindergarten lernen und danach in die Schule gehen. Ich möchte, dass es ihnen besser geht als mir. Und wenn nicht in diesem Land, dann anderswo.”
5. Viele Soldat:innen kämpfen unter Zwang und sind noch minderjährig
Auf beiden Seiten des Konfliktes werden Soldat:innen unter sozialem Druck oder sogar Zwang rekrutiert. So werden auch Menschen an die Front geschickt, die noch nicht einmal die Volljährigkeit erreicht haben.
Somit gehören die Kinder zu den vielen Millionen, die nicht zur Schule gehen können. Ein weiterer Grund für das Versäumnis von Bildung ist, dass ihre Familien sich Schulgebühren und Bücher nicht leisten können oder selbst flüchten mussten.
Von historischen Städten bis hin zu bedeutenden archäologischen Funden: Der Jemen birgt zahlreiche kulturelle Schätze. Doch auch diese bleiben vom Krieg nicht unberührt. Alle vier Stätten des Weltkulturerbes, die im Jemen stehen, befinden sich auf der Roten Liste der UNESCO und sind somit der Gefahr der Zerstörung ausgesetzt.
Dazu zählt auch die Altstadt von Shibam, das "Manhattan der Wüste". Das Erstaunliche an dieser Stadt sind die über Jahrhunderte erhaltenen Häuser, die an die heutigen Wolkenkratzer erinnern. Doch der Krieg und Überschwemmungen bedrohen die fragilen Häuser aus Lehm.
Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und Arbeit in den Golfstaaten begeben sich viele Geflüchtete aus Ostafrika auf die Flucht. Die Reise auf den kleinen, überfüllten Booten ist riskant und endet für viele mit dem Tod. Schaffen sie es über den Golf von Aden, landet ein Großteil von ihnen schließlich im Jemen.
Dort leiden die geflüchteten Menschen unter immer schlechter werdenden Bedingungen: Oft werden sie in Lagern festgehalten und sind nicht selten Erpressung, Ausbeutung und sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Laut den Vereinten Nationen leben im Jemen mehr als 95.000 Geflüchtete aus afrikanischen Ländern.
Aber auch Millionen der jemenitischen Bevölkerung sind auf der Flucht. Während viele innerhalb des Landes Schutz suchen, flüchtet eine große Anzahl in Länder wie Dschibuti, Somalia und Äthiopien.
Die anhaltende Krise im Jemen trifft Frauen und Mädchen besonders hart. Ein großer Teil von ihnen wird noch vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet, häufig aus einer Notlage heraus, etwa weil ihre Familien sie nicht mehr ernähren können.
Das geschwächte Gesundheitssystem verstärkt die prekäre Situation der Frauen im Jemen. Das betrifft auch werdende Mütter: Stand 2021 ist die Müttersterblichkeitsrate im Jemen schätzungsweise 46-mal höher als in Deutschland. Die Gründe liegen unter anderem an einer unzureichenden medizinischen Infrastruktur oder fehlenden finanziellen Mitteln der Familien.
Krieg im Jemen: So hilft unser Bündnis
Bündnisorganisationen sind seit Jahren zusammen mit lokalen Partnern im Jemen aktiv und leisten den Menschen Hilfe. Gemeinsam betreiben sie Gesundheitszentren für eine bessere medizinische Versorgung, engagieren sich für den Zugang zu Bildung und verteilen Lebensmittel und andere Hilfsgüter an Menschen, die sie dringend brauchen.
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