von den Johannitern und den Maltesern
Tausende haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende unserer Bündnisorganisationen haben nach der Flutkatastrophe humanitäre Hilfe geleistet. Hier berichten zwei Helfer:innen der Johanniter und der Malteser von ihren Erfahrungen.
- Michael Lorenz: Ein unvergleichlicher Einsatz
- Elke Unterstetter: Den Winter im Blick
Michael Lorenz: Ein unvergleichlicher Einsatz
Johanniter Michael Lorenz hilft aus Überzeugung: Kurz vor dem Einsatz im Hochwassergebiet wurde ihm eine Urkunde für die Unterstützung des Gesundheitsdienstes bei der Verlangsamung der Ausbreitung des Corona-Virus verliehen.
Ausmaß der Katastrophe wie in Kriegsgebieten
Ein Sommerfest des Ortsverbandes Ludwigshafen am 10. Juli: Michael Lorenz feiert mit Kameraden seine Ernennung zum Johanniter-Gruppenführer. Die Freunde scherzen noch: "Mal schauen, ob du bald deinen ersten Einsatz hast!" Fünf Tage später erreicht er nachts mit seinem Team ein Katastrophengebiet mitten in Deutschland – überflutete Straßen, Fahrzeugwracks, verzweifelte Menschen.
Kaum fertig mit dem Lehrgang ist der frisch gebackene Gruppenführer nun drei Tage lang in einem kräftezehrenden Dauereinsatz. Mit einem fünfköpfigen Team ist Michael Lorenz aus seinem Heimatverband (RV Bergstraße-Pfalz/OV Ludwigshafen) angereist. Die ersten Eindrücke hätten sie alle überwältigt, schildert der 56-Jährige. Selbst langjährige Katastrophenschützer und Bundeswehrsoldat:innen mit Afghanistan-Erfahrung habe das Ausmaß der Zerstörung im Hochwassergebiet schockiert.
Bewegende Schicksale und bleibende Erinnerungen
Am Sammelpunkt an einer Grundschule in Heimersheim nehmen die Johanniter in den ersten Tagen Daten auf, behandeln Verletzungen und reichen verzweifelten Menschen ihre Mobiltelefone, damit diese Angehörige anrufen können.
Das Leid derjenigen zu sehen, die buchstäblich mit den Kleidern auf dem Leib und oft ohne Schuhe knapp davongekommen waren, sei das Schlimmste gewesen. "Diese Schicksale belasten mich immer noch", sagt Michael Lorenz.
"Diese riesige Hilfsbereitschaft von so vielen – unglaublich toll!"
Schon kurz nach der Flut kommen Menschen aus anderen Regionen ins Schadensgebiet, um Spenden abzugeben: Telefone, Schuhe und Plüschtiere, über die sich die Kinder freuen – auch für die Einsatzkräfte Momente des Glücks:
"Diese riesige Hilfsbereitschaft von so vielen – unglaublich toll!" Neben der Freude der Kinder ist auch die Dankbarkeit der Menschen, denen sie geholfen haben, eine positive Erinnerung, die Michael Lorenz an den Einsatz hat. Ein Gegengewicht zu den verstörenden Bildern und Eindrücken. Ebenso die Erfahrung mit seinen hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen: "Nichts geht, wenn nicht alle mitziehen. Das Team war toll, geschmeidig und einfach zu führen. Es war mir eine Ehre und ich bin sehr stolz auf alle."
Auch Helfer:innen erhalten psychosoziale Unterstützung
Seit drei Jahren ist Michael Lorenz bei den Johannitern – als Sanitätshelfer, Erste-Hilfe-Fachkraft und Fachdozent. Er hat die Organisation gewählt, weil er dort sein Bedürfnis, zu helfen, mit seinem Glauben zusammenbringen kann: "Ich hatte überlegt, wie ich der Gesellschaft etwas zurückgeben kann."
Als angehender Rettungssanitäter und Fachkraft für Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte gelingt ihm das perfekt. Vor allem seine Kenntnisse im Bereich der psychosozialen Notfallversorgung kommen Michael Lorenz als Teamführer im Hochwassergebiet zugute: Immer wieder fragt er, wie es Kolleginnen und Kollegen geht, und ermuntert sie, sich auszuruhen. Doch an Schlaf sei kaum zu denken gewesen: "Der Adrenalinspiegel war zu hoch", erinnert er sich. Und zu groß der Wunsch, den Menschen zu helfen.
Kooperation und Zusammenhalt nach Flutkatastrophe
Als besonders positiv hat der Johanniter die Zusammenarbeit der Helfenden erlebt, auch die Kooperation verschiedener Hilfsorganisationen. Die Führungen hatten dazu angeregt, ihre Ressourcen zu bündeln – mit großem Erfolg. "Persönliche Befindlichkeiten spielten keine Rolle", betont Michael. "Wir waren ein Team aus drei Einheiten, die sich vorher noch nie gesehen hatten."
Was tut der engagierte Johanniter, kaum zurück aus dem Einsatz? Er füllt eine Überweisung für die Flutopfer aus: "Jetzt brauchen die Menschen Hilfe, und das in Form von Spenden."
Elke Unterstetter: Den Winter im Blick
Die Folgen der Hochwasserkatastrophe werden Elke Unterstetter und ihr Euskirchener Team von den Maltesern noch lange beschäftigen.
Es gibt ein Wort, dass Elke Unterstetter vermutlich immer mit der Hochwasserkatastrophe in ihrer Heimatregion verbinden wird: surreal. "Wenn uns im Rahmen einer Fortbildung ein vergleichbares Szenario präsentiert worden wäre, hätten wir den Verantwortlichen den Vogel gezeig", sagt die 38-Jährige. Es sei einfach unvorstellbar gewesen. Bis zur Nacht auf den 15. Juli 2021. Elke Unterstetter steht für die vielen Helferinnen und Helfer, die in diesen Tagen, Wochen und Monaten im Einsatz waren und sind.
Seit 24 Jahren ist sie für die Malteser im Einsatz
Neben ihrem Beruf als Kinderkrankenschwester auf einer Intensivstation engagiert sich Elke Unterstetter ehrenamtlich bei den Maltesern – und das bereits seit 24 Jahren. Sie ist Gründungsmitglied der Malteser Jugend Euskirchen. Ihren Mann Ralf, ebenfalls Ehrenamtler und Stadtbeauftragter der Malteser, hat sie bei der Hilfsorganisation kennengelernt.
Vor der ausgebildeten Notfallsanitäterin und Zugführerin (Malteser Dienstgrad) liegt eine lange Liste mit Einsätzen ihres Teams. Sie reicht von der Evakuierung eines Hospizes in der Euskirchener Innenstadt, bei denen die Helferinnen und Helfer bis zu den Hüften im Wasser standen, bis zur Notstrom-Versorgung eines Funkmastes, um zumindest den Notruf zu gewährleisten. Die Rettungsfahrzeuge mussten mit Diesel versorgt werden – per mobiler Tankstelle.
Hilfe mit Bautrocknern und im mobilen Waschsalon
Nach der akuten Phase wurden unter anderem ein mobiler Waschsalon bereitgestellt und Bautrockner organisiert. Die Familie Unterstetter ist selbst betroffen, doch das ist für die Helferin nicht der Rede wert. Dass das Grundwasser bis zu 15 Zentimeter hoch im Keller stand, bezeichnet sie als "blaues Auge". Schwerer wiegt, dass sich ihr Sohn im Kita-Alter seit den langen Stunden der Katastrophe vor Regen fürchtet.
"Hier braucht es langfristige Unterstützung"
Die psychischen Folgen werden sicherlich auch bei ihren Kolleginnen und Kollegen noch lange spürbar sein, glaubt Elke Unterstetter. Von den unmittelbar betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern ganz zu schweigen. "Hier braucht es langfristige Unterstützung."
Für die Malteser in Euskirchen wird es im Restjahr vor allem darum gehen, ihre durch Wasser und Trümmer beschädigten Fahrzeuge und Ausrüstungsgegenstände zu reparieren. Für die Adventszeit rechnet sie mit Benefizveranstaltungen, "bei denen wir Sanitätsdienste übernehmen". Auch die Verteilung spezieller Hilfsgüter für die kalten Wintermonate sei eine mögliche Aufgabe. "Die Weihnachtszeit wird eine besondere Herausforderung", glaubt Unterstetter.
Der Einsatz der Hilfsorganisationen geht weiter
Mehr als 1.000 überwiegend ehrenamtliche Katastrophenschützer hatten die Malteser zum Teil über Tage im Hochwasser-Einsatz. In den ersten Tagen der Akutphase haben die Helferinnen und Helfer an rund 50 Standorten Menschen gerettet, evakuiert und betreut sowie Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und anderer Hilfsorganisationen verpflegt.
Mit dem Rückgang der unmittelbaren Bedrohung durch die Unwetterlage trat die psychosoziale Hilfe für Betroffene, Angehörige und Einsatzkräfte sowie die Unterstützung bei Aufräumarbeiten und beim Wiederaufbau in den Vordergrund ihrer Arbeit. Ergänzend unterstützen die Malteser Familien mit Soforthilfe-Zahlungen.
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