von Aktion Deutschland Hilft
Die Akutphase nach der Katastrophe ist vorbei – und es gibt noch immer viel zu tun. Das ist es, was viele Menschen in den Hochwassergebieten erzählen. Petra Bertram ist eine von ihnen. Wie sie die vergangenen Monate wahrgenommen hat, erzählt sie hier.
Nach der Flut: Ein Bericht aus dem Katastrophengebiet
"Nach der Hochwasser-Katastrophe mussten wir uns gedanklich erstmal neu sortieren. Fertig sind wir damit bis heute nicht. Das liegt auch daran, dass zwei Häuser von Familienmitgliedern beschädigt sind; eines davon muss komplett neu gemacht werden.
Es ist ein großes Gefühlschaos. An einem Tag fühlt man sich gut, am nächsten ist man wieder richtig verzweifelt. Und dann ist man manchmal einfach nur dankbar, dass uns so viele Menschen geholfen haben. Sei es an dem Wochenende, an dem das alles passiert ist, sei es jetzt.
Werkzeuge, Schaufeln und Bautrockner: eine große Hilfe
Dass wir uns bei Habitat for Humanity Werkzeuge, Schaufeln und Bautrockner leihen können, war von Anfang an eine große Hilfe. Sonst würden wir jetzt immer noch im Matsch versinken. Mein Mann und ich, unser Sohn und unsere Schwiegertochter – je nachdem, wer gerade da war, ist zur Ausgabestelle gelaufen und hat geliehen, was gebraucht wurde. Das war schon toll, dass wir nicht lange suchen mussten, sondern einfach hingehen und fragen.
Aktion Deutschland Hilft ist ein Bündnis von mehr als 20 Hilfsorganisationen. Spenden werden an die Bündnisorganisationen, die in den Hochwassergebieten im Einsatz sind, weitergegeben. Dort wird das Geld in vielfältige Hilfe umgesetzt. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit von ADRA und der AHRche in Ahrweiler.
Help – Hilfe zur Selbsthilfe etwa fördert soziale Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Sportvereine mit bis zu 30.000 Euro. Und der Paritätische Gesamtverband (DPWV) unterstützt beispielsweise die Dachzeltnomaden im Ahrtal.
Gemeinsam werden wir noch mehrere Jahre in den Hochwassergebieten vor Ort sein, um die Menschen sowie gemeinnützige Einrichtungen finanziell unterstützen und beim Wiederaufbau helfen.
Eines der betroffenen Häuser ist das unseres Sohnes in Grafschaft. Die untere Etage seines Fachwerkhauses stand komplett unter Wasser. Wir haben die ganze Nacht lang versucht, alles rauszuholen: mit Erfolg. Zum Glück war kein Schlamm dabei.
Im Moment wohnt unser Sohn bei seinen Schwiegereltern; wir selber hatten am Anfang eine Bekannte aus Dernau aufgenommen.
Das Wasser stand bis zur Decke
In dem Haus in Dernau stand das Wasser in der ersten Etage bis unter die Decke. Mein Onkel hat darin gewohnt. Er ist ertrunken. Auch damit mussten wir uns erstmal auseinandersetzen. Ich traue mich manchmal kaum, es laut zu sagen: Wir waren als einzige aus der Familie nicht direkt betroffen.
Der Zusammenhalt ist groß
Unser Zusammenhalt ist sehr groß. In den vergangenen Monaten haben wir darauf geachtet, dass jeder mal ein paar Tage raus konnte, um ein bisschen Luft zu holen. Das hat nicht immer geklappt.
Wir sind Nebenerwerbswinzer und mein Sohn ist Kellermeister in einer Weinmanufaktur. Während der Traubenlese musste alles funktionieren; zwischendurch haben wir uns um die Häuser gekümmert und mit Handwerkern telefoniert. Es war eine sehr angespannte Situation. Und es hat fast zwei Monate gedauert, bis die Versicherung sich gerührt hat; jetzt funktioniert es.
Vom Haus steht nur noch der Rohbau
Unser Plan ist, dass wir erstmal ein Haus fertigmachen. Mein Onkel war alleinstehend, daher haben wir mit dem Haus unseres Sohnes angefangen. Dort sind wir inzwischen soweit, dass der Estrich drin ist.
Unterdessen haben wir im Haus in Dernau erste Schimmelbildung entdeckt. Die Dachzeltnomaden haben deshalb alles entkernt, das war super. Jetzt ist es das Haus im Prinzip ein Rohbau, sonst wäre alles verschimmelt. Die Luftfeuchtigkeit liegt immer noch zwischen 80 und 85 Prozent.
Der Bedarf an Heizgeräten ist groß
Bevor wir wissen, wie es weitergeht, muss erstmal alles trocknen. Deshalb haben wir Bautrockner von Habitat geliehen. Außerdem müssen wir aktuell schauen, dass uns im Winter die Rohre nicht einfrieren. Kleine Heizgeräte haben wir, aber wir sind nicht sicher, ob die genug Wärme produzieren. Und bei anderen Betroffenen ist der Bedarf noch viel größer, bei einigen herrscht absoluter Notbedarf.
Wir als Familie haben Methoden zum Umgang mit der Katastrophe gefunden: Wir essen abends oft zusammen, gehen spazieren und versuchen so, etwas Normalität zu schaffen. Und wir tauschen uns viel aus: Was haben wir heute erreicht? Wie geht es voran? Das gibt uns Kraft.
Danke an alle, die helfen
Es ist so viel Hilfe angekommen und so viel Unterstützung. Auch das Miteinander in der Nachbarschaft hätte ich mir nie so vorstellen können. Manchmal waren Leute da, die ich gar nicht kannte. Ich habe dann gefragt: Wer war das denn? Und dann hieß es: Die waren einfach da zum Helfen. Für das, was da an Zusammenhalt passiert ist, fehlen mir manchmal immer noch die Worte."
Petra und Franz-Josef Bertram leben in Esch, Rheinland-Pfalz. Sie helfen ihrer Familie, deren Häuser in Dernau und in Grafschaft wieder bewohnbar zu machen.
Das Haus in Esch soll vor Weihnachten bezugsfertig sein. Im Haus in Dernau läuft inzwischen eine provisorische Heizung. Dadurch ist die Luftfeuchtigkeit gesunken.
Das Gesprächsprotokoll entstand im November auf Grundlage eines Interviews von Aktion Deutschland Hilft mit Petra Bertram. Die 56-Jährige möchte diesen Text lieber ohne ihr Foto veröffentlichen.
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