von World Vision
Update (31.03.2021)
"Jedes Kind zählt"
Statement von Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender des Kinderhilfswerks World Vision Deutschland, zum für heute geplanten letzten direkten Flug aus Lesbos mit Geflüchteten, die Deutschland beschlossen hat aufzunehmen:
"Die erfolgreiche Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland sollte nicht beendet, sondern unbedingt fortgesetzt werden. Über 2.000 Kinder leben allein auf Lesbos weiterhin unter unwürdigen Bedingungen. Die Bundesregierung darf nicht dabei zusehen, wie an den EU-Außengrenzen tagtäglich Kinderrechte verletzt werden. Deutschland hat konkrete Möglichkeiten, zu helfen.
Wir haben bestehende Aufnahmeprozesse, an die die Bundesregierung anknüpfen sollte. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Städte und Kirchen und Bundesländer sind bereit, mehr Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Ihrer Aufnahmebereitschaft sollte Rechnung getragen werden. Jede Person, jedes Kind, das diesem Grauen auf europäischem Boden entkommt, zählt."
Hintergrund: Letzte Flüge für Schutzsuchende nach Deutschland
Heute, am 31.03.2021 soll der letzte Charterflug mit Schutzsuchenden direkt aus Lesbos in Deutschland eintreffen. Mit einem weiteren geplanten Flug aus Athen in den nächsten Tagen markiert der Flug den Abschluss von mehreren Aufnahmeprozessen aus Griechenland, die die Bundesregierung beschlossen hatte. Damit sollen die beschlossenen Aufnahmen aus Griechenland beendet werden. Seit April 2020 hat Deutschland über 2.500 Schutzsuchende aus Griechenland über verschiedene Verfahren aufgenommen.
Die Pressemeldung vom 25.03.2021
Nach dem Brand des Lagers Moria hatte Deutschland angekündigt, ein Kontingent von 1.553 Geflüchteten aufzunehmen. Die letzten dieser Kontingentflüchtlinge sollen in den nächsten Wochen in Deutschland ankommen und die Aufnahmen abgeschlossen werden. Doch die Situation im neuen Lager auf Lesbos erfordert dringend weitere Aufnahmen, erklärt die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision.
Überfüllte Zelte, kaum Strom und eine Toilette für dutzende Familien
Zu zehnt in einem Zelt, kaum Strom und Heizmöglichkeiten, eine Dixi-Toilette für dutzende Familien. Auch ein halbes Jahr nach dem Feuer auf Lesbos hat sich die Situation für Geflüchtete auf der griechischen Insel Lesbos nicht grundlegend gebessert. Im Gegenteil: Bei einstelligen Temperaturen harren über 2.000 Kinder in Dreck und Nässe im neuen Lager Mavrovouni RIC, auch bekannt als Kara Tepe, aus.
Annika Schlingheider ist Mitarbeiterin von World Vision und kennt dieses Lager aus eigener Anschauung: "Wie alle Kinder auf der Welt, wollen die Kinder hier spielen, lernen und einfach nur Kind sein. Es ist eine Schande, dass es nach sechs Monaten im neuen Camp nicht einmal geordneten Schulunterricht für die über 2.000 Kinder gibt.
Mit jedem Tag verlieren die Kinder mehr Kraft
Derzeit gibt es nur von Hilfsorganisationen oder von Geflüchteten selbst organisierte Unterrichtsstunden, mit denen allerdings bei weitem nicht alle Kinder erreicht werden. Mit jedem Tag verlieren die Kinder mehr Kraft und Perspektive für ihr Leben."
Vor allem die Enge in den Zelten macht vielen Kindern zu schaffen. In den etwa 15 Quadratmeter großen Zelten werden standardmäßig zwei Familien untergebracht, also meist zehn Personen. Einen befestigten Raum, in dem sich die Geflüchteten aufwärmen könnten, gibt es nicht.
"Wenn der Wind stark ist, habe ich Angst, dass das Zelt zusammenbricht"
Annika Schlingheider: "Ein 16-jähriges Mädchen sagte mir: Auch wir teilen unser Zelt mit einer anderen Familie. Wenn der Wind stark ist, habe ich Angst, dass es zusammenbricht. Mein kleiner Bruder weint oft, aber was sollen wir tun? Viele Kinder hier sind krank und im Zelt werden sie nicht richtig gesund."
Nach dem Brand des Lagers Moria auf Lesbos hatte sich Deutschland verpflichtet, ein Kontingent von 1.553 Geflüchteten aufzunehmen. Diese Kontingentaufnahme wird in den nächsten Wochen abgeschlossen. Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision, sieht Deutschland aber damit nicht aus der humanitären Pflicht entlassen: "Deutschland hat konkrete Möglichkeiten, zu helfen. So könnten die Aufnahmen nach Deutschland aus den Lagern auf den griechischen Inseln für besonders Schutzbedürftige fortgesetzt werden. Wir haben einen bestehenden Prozess. Jede Person, jedes Kind, das diesem Grauen auf europäischem Boden entkommt, zählt."
Appell an die Bundesregierung: "Nicht von anderen Ländern beeindrucken lassen"
Waffenschmidt appelliert insbesondere an die Bundesregierung, sich nicht von der Verweigerungshaltung anderer europäischer Länder beeindrucken zu lassen. Unabhängig von einem EU weiten Verteilmechanismus könne und müsse Deutschland mehr tun: "Viele Städte, Gemeinden und Initiativen setzen sich in Deutschland seit Jahren für weitere Aufnahmen ein. Es entspricht unserer demokratischen und christlichen Verantwortung, nicht wegzuschauen, sondern mutig zu handeln. Lesbos liegt zwar am Rande Europas – aber was hier geschieht, trifft Europa mitten ins Herz."
Auch Annika Schlingheider drängt auf weitere Aufnahmen von Geflüchteten: "Dieser Ort ist unsicher und gefährlich, insbesondere für die Kinder. Im September ist schon ein ganzes Camp niedergebrannt. Was muss noch passieren, damit diesen Menschen endlich Sicherheit gewährt wird?"
Unsere Bündnisorganisation World Vision vermittelt Interviewpartner
Die Pressestelle von World Vision vermittelt Interviews mit Annika Schlingheider und Christoph Waffenschmidt unter 0175-1879525.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
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