von TERRA TECH
"Ich weiß nicht, wie es meiner Mutter geht. Ich weiß nicht, wie es meinen Mitarbeiter:innen geht. Seit Sonntag gibt es keine Informationen mehr. Telefon und Internet sind komplett abgeschaltet," berichtet Abdulaziz Aragie. Der 40 Jahre alte Direktor der Hilfsorganisation KELEM Ethiopia sitzt verzweifelt in der Hauptstadt Addis Abeba.
Angst vor einem Bürgerkrieg wächst
Am vergangenen Wochenende haben Rebellen der TPLF (Tigray-Befreiungsfront) die strategisch wichtigen Städte Dessie und Kombolcha eingenommen. Die Regierung hat den landesweiten Notstand ausgerufen. Jeglicher Verkehr Richtung Addis Abeba ist verboten, selbst Fußmärsche.
"Hier geht die Angst um. Wir wissen nicht, wer in den nächsten Tagen die Oberhand behält. Wir fürchten uns vor einem Bürgerkrieg", sagt Aragie. Aber noch mehr sorgt er sich um seine Mitarbeiter:innen in Kombolcha.
Äthiopien: Erzielte Erfolge in Gefahr
"Vom Büro in Kombolcha werden unsere Projekte koordiniert", berichtet Leonie Dylla, Projektleiterin von TERRA TECH. In den letzten Jahren hat die hessische Hilfsorganisation mit KELEM Bildungsprojekte für Schüler:innen und Schulabgänger:innen umgesetzt. Schulen wurden mit neuem Mobiliar ausgestattet, Lehrkräfte geschult.
Ein Trainingsinstitut, in dem Jugendliche und junge Erwachsene eine Ausbildung absolvieren können, steht kurz vor der Fertigstellung. "Wir haben tolle Erfolge erzielt. Es tut weh, zu sehen, dass diese nun in Gefahr sind."
Keine Versorgung von Geflüchteten möglich
TERRA TECH beobachtet die kriegerische Auseinandersetzung in Äthiopien schon länger besorgt. "Ein Nothilfe-Projekt für Geflüchtete aus dem Norden war für November geplant. Dass Dessie und Kombolcha selbst so schnell ins Zentrum des Konfliktes geraten, hat niemand erwartet", erklärt Dylla. Nahrungsmittel und Trinkwasser können nun nicht verteilt werden. Den für Dezember geplanten Flug nach Äthiopien wird Dylla wohl absagen.
"Surreal, verrückt und besorgt", so beschreibt Chris Schmetz, Pressesprecher von TERRA TECH, seine Gefühlswelt. Vor zwei Jahren hat er ein Medientraining in Kombolcha geleitet und die Projekte vor Ort dokumentiert. "Während der Reise war ich in Dessie für eine Untersuchung im Krankenhaus. Mir vorzustellen, dass dort nun Krieg herrscht, fällt schwer." Schmetz sorgt sich um seine Bekannten vor Ort. "Wir haben damals sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet. Dabei sind Freundschaften entstanden."
Nothilfe muss schnell wieder anlaufen
Aragie, Dylla und Schmetz hoffen, dass schnell wieder Informationen aus dem Krisengebiet kommen. Sie wollen wissen, wie es ihren Mitarbeiter:innen und Freund:innen geht. Neue Hilfsangebote sollen möglichst schnell geplant werden.
"Denn Kinder, Frauen und Männer vor Ort brauchen unsere Hilfe", sind sich die drei sicher. "Bewaffnete Konflikte bringen immer Leid. Leid, dass wir lindern wollen."
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