von Malteser International/Aktion Deutschland Hilft
"Es tat weh, die Stadt so zerstört zu sehen. Alle meine Freunde hatten Karakosch verlassen, niemand war zurückgekommen." Faynar Salam, Student an der Universität Hamdniya, berichtet von seiner Erschütterung, als er im Jahr 2018 in seine Heimat zurückkehrte. Tausende Häuser waren verbrannt, Kirchen und öffentliche Gebäude lagen in Schutt und Asche.
Irak: Trauma der Zerstörung und Vertreibung
Im August 2014 hatte der sogenannte Islamische Staat (IS) die Stadt Karakosch in der Ninawa-Region im Nordirak besetzt. Nach zwei Jahren Schreckensherrschaft war die größte christliche Stadt des Landes schwer gezeichnet. Das Trauma der Vertreibung und der Zerstörung ihrer Heimat sitzt bei vielen Einwohnerinnen und Einwohnern noch immer tief.
Christen, sunnitische und schiitische Araber, Jesiden, Turkmenen, sunnitische Schabak, schiitische Schabak, Kakae, Kurden – die Ninawa-Region ist Heimat für zahlreiche ethnische und religiöse Gruppen. In Karakosch lebten vor dem Einmarsch des IS im Jahr 2014 etwa 50.000 Menschen, die meisten davon Christen. Fast alle haben die Stadt aus Furcht vor den Terroristen verlassen. Nur wenige sind bislang zurückgekehrt.
Hilfsprojekte: Wiederaufbau, Bildung und Gewaltprävention
Die Sicherheitslage im Nordirak ist nach wie vor instabil und es fehlen wirtschaftliche Perspektiven für die Menschen. Malteser International hat im Jahr 2018 gemeinsam mit mehreren lokalen Partnerorganisationen ein umfangreiches Wiederaufbauprogramm für Rückkehrer und die verbliebenen Menschen in der Ninawa-Region gestartet, um einen Beitrag für mehr Stabilität in der Region zu leisten.
Das umfangreiche Programm basiert insgesamt auf vier Säulen: dem Wiederaufbau zerstörter Häuser und der Infrastruktur, Maßnahmen zur Schaffung eines sicheren Einkommens für die Familien in der Region, der Förderung von Bildungsmöglichkeiten und auf Projekten zur Gewaltprävention und für ein friedliches Zusammenleben in den Gemeinden.
Malteser schaffen wirtschaftliche Perspektiven im Irak
"Es war alles kaputt: mein Haus und meine Werkstatt. Alle Nachbarn hatten die Stadt verlassen", erzählt Bassem Haider aus der Stadt Bashiqa, die nördlich von Karakosch und Mossul liegt. Der 57-jährige Zimmermann war mit seiner Familie nach Dohuk geflohen, wo er vier Jahre lang lebte. Nach seiner Rückkehr musste er neu beginnen. "Das war sehr schwierig und funktionierte anfangs überhaupt nicht."
Erst mit Hilfe der Organisation Samaritan's Purse konnte er seine Zimmerei wiederaufbauen. "Sie haben 60 Prozent des Startkapitals bereitgestellt. Ich habe mein Auto verkauft, um den restlichen Anteil aufzubringen. Heute beschäftige ich vier junge Männer in meiner Werkstatt, und wir alle blicken wieder in die Zukunft. Dafür bin ich sehr dankbar", berichtet Haider.
Bildungsangebote in der Heimat
"Es ist wichtig, den Menschen eine wirtschaftliche Perspektive in der alten Heimat zu bieten", sagt Tobias Lutz-Bachmann, Länderreferent für den Irak bei Malteser International. Die Malteser und ihre lokalen Partner unterstützen nicht nur kleine und mittelgroße Unternehmen beim Neustart.
Sie bilden unter anderem Menschen in Handwerk, Bautechniken und Agrartechniken aus und bieten Fortbildungen zu Themen wie Unternehmensführung an. Davon profitierte auch der 25-jährige Faynar Salam, der nach seiner Rückkehr nach Karakosch einen kleinen Gemischtwarenladen aufgebaut hat und Trainings in Projektmanagement absolvierte.
Durch kulturellen Austausch zueinander finden
Bildungsmöglichkeiten sind ein wichtiger Faktor dafür, dass Menschen wieder zurückkehren. "Familien kommen zurück in ihre Heimat und wissen, dass ihre Kinder wieder zur Schule gehen können. All das ist aber wenig wert, wenn es keinen Frieden gibt. Daher ist uns die Förderung des friedlichen Zusammenlebens verschiedener religiöser und ethnischer Gruppen in unserem Programm besonders wichtig", betont Lutz-Bachmann.
Gemeinsam mit den lokalen Partnerorganisationen haben die Malteser Jugendzentren und Sporteinrichtungen gebaut, um Orte für Begegnungen abseits des normalen Alltags zu schaffen. "Wir möchten den Menschen die Gelegenheit geben, einander kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen und Missverständnisse auszuräumen", sagt Lutz-Bachmann. "Damit sie Gemeinsamkeiten erfahren, statt nur die Unterschiede zu sehen."
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