Mehr als eine Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon
Von Beginn der Syrienkrise an zeigte sich der Libanon aufnahmebereit gegenüber inzwischen mehr als einer Million syrischer Flüchtlinge. Doch schon länger stößt auch der Zedernstaat an seine Grenzen. Bis Anfang März 2015 hatten sich laut den Vereinten Nationen (UN) rund 1,2 Millionen Syrer, etwa 80 Prozent Kinder und Frauen, registrieren lassen. Insgesamt halten sich in dem kleinen Land mit nur vier Millionen Einwohnern nach Schätzungen der UN mindestens 1,6 Millionen Menschen auf, die vor dem Krieg im Nachbarland geflüchtet sind. Das ist eine gewaltige Belastung für Ressourcen wie Land, Wasser und Strom, aber auch für Schulen und Krankenhäuser.
Der Klinikbus bietet die Möglichkeit einer kostenlosen medizinischen Behandlung
„Besonders bei den Gesundheitszentren und Krankenhäusern fehlt es an finanziellen Mitteln, um die Flüchtlinge zu versorgen. Dort können nur diejenigen behandelt werden, die auch die Kosten zahlen können“, berichtet Dr. Abdallah Khoury. Der 65jährige Allgemeinmediziner ist seit 1. September 2014 mit einem zu einem Behandlungsraum umgebauten Klinikbus und einem medizinischen Team an fünf Tagen in der Woche im Wadi Khaled nahe der syrisch-libanesischen Grenze im Nordlibanon unterwegs, um allen Kranken – sowohl syrischen Flüchtlingen als auch mittellosen Einheimischen - die Möglichkeit einer kostenlosen medizinischen Behandlung zu geben. Bereits seit 1983 engagiert er sich als Freiwilliger bei der libanesischen Assoziation des Malteserordens.
„Unser Team besteht aus zehn Mitarbeitern: fünf Ärzten, einer Krankenschwester, einem Sozialarbeiter, einer Sekretärin und zwei Fahrern“, erzählt Dr. Khoury. Jeden Morgen um halb neun bricht das Team mit dem Bus auf. Derzeit werden regelmäßig fünf Dörfer angefahren, wo besonders viele Flüchtlinge leben. „Wir fahren jede Woche einmal in jedes Dorf, immer am gleichen Wochentag. Daher wissen die Leute ganz genau, wann wir zu ihnen kommen; wir brauchen keine Werbung.“ Die Orte mit den meisten Flüchtlingen in der Region hat Malteser International im Vorfeld in Rücksprache mit den örtlichen Stadtverwaltungen ausgewählt.
Täglich werden es mehr Patienten, die den Klinikbus aufsuchen
„Am Anfang hatten wir rund 40 bis 50 Patienten am Tag. Inzwischen behandeln wir täglich zwischen 70 und 80 Patienten, manchmal sogar 90, die meisten davon syrische Bürgerkriegsflüchtlinge“, berichtet der Mediziner. Doch das liegt nicht nur daran, dass sich der gute Service des Klinikbusses inzwischen weit herumgesprochen hat. „Die Situation wird immer schlimmer, es kommen immer mehr Flüchtlinge ins Land, immer mehr Kinder.“ Auch der Winter und die Kälte ließen die Patientenzahlen weiter ansteigen. „Wir hatten in den vergangenen Wochen außerordentlich viele Patienten, darunter zahlreiche Kinder, die unter Atemwegserkrankungen wie Lungenentzündungen oder Bronchitis litten“, so Dr. Khoury. „Im Winter haben wir auch das Problem, dass wir den Eltern kaum Ratschläge geben können, wie sie eine Infektion verhindern können. Denn die Flüchtlinge müssen alle auf so engem Raum leben, dass einer den anderen sofort ansteckt. Manchmal leben bis zu acht Personen in kleinen Räumen mit 10 bis 12 Quadratmetern, viele müssen in Zelten oder in Garagen wohnen.“
Ansonsten wiederholen sich die Krankheitsgeschichten: Fieber und grippale Infekte, Hautkrankheiten, Durchfall und Magen-Darm-Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck. In der Schlange der wartenden Patienten stehen tagtäglich viele Mütter mit ihren Kindern. So auch die 44jährige Wafaa, die mit ihren zehn Kindern aus Syrien in den Libanon geflohen ist, weil ihr Haus zerstört wurde und sie ihre Kinder in Sicherheit bringen wollte. Sie erhofft sich von Dr. Khoury Hilfe und Medikamente für ihre Kinder, die an einem Infekt erkrankt sind. „Wir wollen so schnell wie möglich nach Syrien zurück, genug Brot zum Essen und unser früheres Leben wieder haben“, klagt sie. Ähnlich geht es der 30jährigen Samia, die mit ihren ein- und zweijährigen Söhnen und ihrer sechs Jahre alten Tochter aus Syrien fliehen musste und seither in einem kleinen Dorf in Wadi Khaled lebt. Sie hat von Nachbarn von dem Klinikbus der Malteser gehört und ist mit ihrer Tochter gekommen, die unter starken Zahnschmerzen leidet.
„Wir wollen in unsere Heimat zurückkehren“
Auch die Syrerin Rihab musste mit ihrem Mann und ihren sechs Kindern in den Libanon fliehen. „Mein Mann hat keine Arbeit. Zusammen mit zwei weiteren Familien teilen wir uns drei Zimmer“, erzählt sie. „Wir haben viele Verwandte und Freunde im Krieg verloren und werden trotz aller Schwierigkeiten im Libanon bleiben, solange die Lage in Syrien nicht sicher ist. Doch sobald es möglich ist, wollen wir zurückkehren in unsere Heimat.“ Rihab ist heute mit einer ihrer Töchter, die an Halsschmerzen leidet, zur mobilen Klinik gekommen. Außerdem hofft sie, dass Dr. Khoury ihr Medikamente gegen ihr Rheuma geben kann.
„Alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, müssen unter armseligen Bedingungen ums tägliche Überleben kämpfen“, erzählt Dr. Khoury. Auf die Frage, warum er mit seinem Klinikbus Tag für Tag die entlegensten Dörfer aufsucht, anstatt in einer Praxis zu arbeiten, sagt er: „Diese Menschen brauchen jede Form der Hilfe: medizinische Versorgung, Nahrungsmittel, Wasser, Kleidung… Wenn wir ihnen in ihrer Not beistehen, können wir unseren kleinen Beitrag zum Frieden leisten. Ich bin sehr froh, dass ich dank meiner langjährigen medizinischen Erfahrung meinen Teil dazu beitragen darf.“
Die Malteser setzten sich für eine bessere Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge ein
Bereits seit dem Sommer 2012 setzt sich Malteser International im Libanon zusammen mit der libanesischen Assoziation des Malteserordens für eine bessere Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge ein. Nicht nur im Klinikbus, sondern auch in drei Gesundheitszentren, welche die Malteser mit Medikamenten und Ausstattung unterstützen, werden syrische und bedürftige libanesische Patienten kostenlos behandelt. Außerdem verteilen die Malteser Nothilfe-Sets, (Winter-)Kleidung, Decken und Hygieneartikel an die Flüchtlinge. 2014 kam die Hilfe der Malteser im Libanon rund 16.000 Menschen zugute.
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