von Kai Mirjam Kappes, Aktion Deutschland Hilft
Jordanien: Im Kindergarten und Jugendzentrum können syrische Kinder in den Krieg für ein paar Stunden am Tag vergessen
Es ist eine Flucht aus dem tristen Alltag: In einem Kindergarten und einem Jugendzentrum nahe der syrischen Grenze spielen und lernen syrische und jordanische Jungen
und Mädchen gemeinsam – und werden zu Freunden.
Die alte Heimat Syrien ist nicht weit entfernt. Man könnte zu Fuß hinübergehen, müsste nur ein kleines Tal durchwandern und anschließend die kargen Felder überqueren. Nach drei Kilometern wäre sie erreicht: die syrische Grenze und gleich dahinter die Stadt Dar‘a. Doch dazwischen liegen Welten. Immer wieder musste die 35-jährige Kauthar mit ihren vier Kindern das Nötigste zusammenpacken. Sie flohen von Dorf zu Dorf, vor den Bomben, dem Terror, der Gefahr. Im Januar diesen Jahres sah sie keinen anderen Ausweg mehr: Zu fünft flohen sie zur jordanischen Grenze, um ihr Heimatland zu verlassen.
Viel ist Ihnen nicht geblieben
Dicht an dicht gedrängt, neben 2.000 anderen Menschen harrte die Familie in einem zugigen Zelt aus. „Wir mussten dort 15 Tage warten, bis wir ins Land durften“, erzählt sie. Am 18. Januar, das Datum weiß Kauthar noch ganz genau, konnten sie endlich ein neues Leben in Frieden und ohne ständige Angst beginnen, in Ramtha, einem Ort so nah an ihrer alten Heimatstadt. Ganz allein auf sich gestellt, fällt es der Familie dennoch schwer, sich in den neuen Alltag einzufinden. Kauthar sitzt auf einer dünnen Matratze auf dem Boden eines kargen Zimmers, in dem sie gemeinsam mit ihren zwei Söhnen und zwei Töchtern wohnt. An den Wänden hängen an Nägeln ein paar Kleidungsstücke, in einer Ecke steht ein wenig Geschirr. Viel ist ihnen nicht geblieben.
„Meine Kinder haben gesehen, wie vor ihren Augen Menschen umgebracht wurden“, berichtet sie mit brüchiger Stimme. Auch der Vater wurde getötet, ein Cousin schickte Fotos von der Leiche. Alle ihre Kinder waren wegen der Erlebnisse traumatisiert und sind es noch bis heute. „Sie können sich nicht konzentrieren, haben Probleme zu lernen“, sagt Kauthar. Die 15-jährige Abeer will gar nicht mehr zur Schule gehen. Der älteste Sohn, 17 Jahre alt, versucht mit Gelegenheitsjobs die Familie finanziell zu unterstützen.
Die schrecklichen Bilder lassen sie nicht los
Ein Lichtblick für die Mutter ist deshalb das Projekt, das die Johanniter gemeinsam mit United Muslim Relief in dem Ort Sajara auf die Beine gestellt haben. Ein Kindergarten ermöglicht über 150 syrischen und jordanischen Kindern kostenlos Bildung, Essen und eine Verschnaufpause zwischen Langeweile und ständiger Angst.
Die Johanniter haben zudem einen Fahrdienst auf die Beine gestellt, der die Kinder in den Kindergarten und zurück nach Hause bringt. „Das entlastet die Familien enorm, wenn sie wissen, dass ihre Kinder gut betreut werden“, sagt Walter Berier, Johanniter-Regionalbüroleiter für Jordanien und Libanon. „Es ist eine Flucht aus dem tristen Alltag.“ Später wollen die Johanniter die Verantwortung Stück für Stück an die Gemeinde abgeben. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung Integration getan, weil auch die jordanische Bevölkerung davon profitiert. Finanziell wollen die Johanniter das Projekt gemeinsam mit Geldern von Aktion Deutschland Hilft weiter hin unterstützen. „Wir sind dringend auf Spenden angewiesen, damit die Kinder in unseren Einrichtungen eine unbeschwerte Zeit erleben können“, sagt Berier.
Duha ist mit elf Jahren längst zu alt für den Kindergarten. Sie besucht am Nachmittag das Jugendzentrum im Ort. Dort kann sie tanzen, singen, Computer spielen oder in der Werkstatt malen und basteln. „Das verbindet“, weiß Ahmad Alahmar von United Muslim Relief. Duhas Schwester Abeer traut sich bislang kaum aus dem Haus. Mitarbeiter der Johanniter unterstützen auch sie, damit sie das Erlebte verarbeiten kann. Kauthars größter Wunsch ist es, dass ihre Kinder ein normales Leben führen und zur Schule gehen können. Mit dem Projekt der Johanniter ist sie der Verwirklichung einen wichtigen Schritt nähergekommen. Vielleicht klappt es mit dem Berufswunsch ihrer Tochter Duha: Sie möchte Augenärztin werden und anderen Menschen helfen.
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