In den letzten Jahren ist die Zahl der behelfsmäßigen Zeltlager im libanesischen Bekaa-Tal immer weiter angestiegen. Als ich dort an einem kleinen Jungen vorbeilaufe, lächelt er mich an. Er hat dunkle, mandelförmige Augen, hohe Wangenknochen, weiße Zähne und dichtes, kastanienbraunes Haar. „Ich heiße Adel“, sagt er grinsend. „Herzlich willkommen!“
Er fragt mich, ob ich mit ihm kommen könne, um seine Familie zu treffen. Dann führt er mich bis ans andere Ende des behelfsmäßigen Zeltlagers. Ich drücke die Türklappe auf. Die Wände bestehen aus handgemachten Kunststoffsäcken, das Dach aus einer schweren Plane, die an einem schwachen Holzrahmen festgenagelt ist. In der Mitte des Raumes liegt ein abgenutzter Teppich. Im Zelt sitzen Adels Mutter und seine fünf Schwestern. Sie winken uns, damit wir uns zu ihnen setzen.
Nach dem Tod des Vaters blieb nur die Flucht
Adel stellt mir seine Mutter Wasfa vor. Ich frage sie, wo ihr Mann ist. Sie erzählt mir, dass er bei einem Bombenanschlag gestorben sei. Als es passierte, war er auf einem Gemüsemarkt in der Nähe ihres Hauses in der Stadt Deir ez-Zor. Als sie davon erfuhr, war sie vor ihrem Haus. „Ich rannte zum Markt. Wir alle rannten, selbst die Kinder.“
Wo vorher noch Stände waren, sah man nur noch Feuer und Rauch. Leichen lagen auf dem Boden und auf den Autos. Einige waren schwer verletzt. Dann erzählt sie mir, dass sie ihren Mann sah. „Die Kinder… sie waren so stark“, erzählt sie mir. „Sie knieten sich zu ihm, bevor wir seinen leblosen Körper gemeinsam zurück nach Hause trugen.“
Wasfa erzählt mir, dass sie innerhalb weniger Tage wusste, dass sie nicht in Syrien bleiben konnte. Ihre Familie hatte kein Einkommen mehr und es war viel zu gefährlich. Über Nacht flohen sie in den Libanon und kamen zusammen mit einem Nachbarn in einer Zeltsiedlung unter. Seit neun Monaten leben sie nun in einem Flüchtlingscamp im libanesischen Bekaa-Tal.
Adels größter Wunsch: Ein Spielzeug für die Schwestern
Wasfa meint, dass Adel nun der Mann im Haus sei. „Ich kümmere mich um meine Schwestern und meine Mutter“, meint Adel. Er arbeitet von 7 Uhr morgens bis zur Dämmerung und hackt Holz für den Besitzer eines Feldes. Dafür bekommt er zwei Dollar am Tag. „Wie haben immer noch 150 Dollar Schulden. Aber ich kriege das schon hin.“ sagt er. Ich frage ihn, was seine Schwestern bräuchten. „Ein Spielzeug. Sie hätten einfach gerne wenigstens ein einziges Spielzeug.“
Dann meint seine kleinste Schwester, die gerade erst vier Jahre alt geworden ist, dass sie gerne ein Flugzeug hätte. Auf die Frage, warum sie gerade ein Flugzeug wolle, antwortet sie: „Um damit nach Hause, nach Syrien, zu fliegen.“ Adel lächelt. Obwohl er erst 12 Jahre alt ist, weiß er, dass es in absehbarer Zeit keine Zukunft für sie in Syrien gibt. Ich frage auch Adel, ob er irgendetwas braucht. „Nein, nichts“, sagt er. „Ich will nichts anderes als die Sicherheit meiner kleinen Schwestern.“
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