von World Vision
Die weltweite Lage geflüchteter Kinder hat sich in den vergangenen 12 Monaten deutlich verschlechtert. Darauf macht die internationale Hilfsorganisation World Vision in einem aktuellen Bericht anlässlich des Weltflüchtlingstags (20. Juni) aufmerksam: So konnten bei 82% der Kinder nicht einmal Grundbedürfnisse wie Nahrung, medizinische Versorgung oder Unterkunft gedeckt werden.
Vor allem Kinder von Hunger betroffen
Für den Bericht "Hungrig, schutzlos und oft vergessen: Kinder auf der Flucht" (engl. Titel: "Hungry and Unprotected Children: The forgotten Refugees") wurden Geflüchtete und Binnenvertriebene aus insgesamt 11 Ländern, darunter Syrien, Südsudan und Venezuela, befragt.
Ein deutliches Ergebnis ist, dass unzureichende Ernährung vor allem die jüngsten Kinder trifft und deren Gesundheit und Entwicklung unumkehrbar schädigen kann. 35 Prozent der befragten Flüchtlinge gaben an, dass ihre Kinder in den vergangenen 12 Monaten an Gewicht verloren hatten.
"Kinder in fragilen Ländern sind mit einem vernichtenden Tsunami des Hungers konfrontiert. Geflüchtete und intern vertriebene Kinder sind dabei am stärksten gefährdet", erklärt Marwin Meier, Fluchtexperte bei World Vision im Vorfeld des Welt-Flüchtlingstages.
Konflikte und Covid-19 verstärken Ernährungskrise
World Vision-Mitarbeiter verstärken vor Ort die Soforthilfen und vorbeugende Maßnahmen gegen Unterernährung. Bei aktuell mehr als 100 Millionen Flüchtlingen weltweit und einer sich zuspitzenden Ernährungskrise sei jedoch dringend mehr Unterstützung und Finanzierung nötig, um die lebensnotwendigen Maßnahmen fortzusetzen.
"Die Lebensmittelpreise schießen in die Höhe und viele Menschen verlieren ihre Lebensgrundlagen durch die Auswirkungen des Klimawandels, Konflikte und die Folgen von Covid-19", so Meier.
Aktuell böten die Lebensumstände vielen Flüchtlingskindern kaum Sicherheit und Hilfsangebote stünden nur in geringem Umfang zur Verfügung. "Nur vier Prozent der nötigen Hilfsgelder für den Schutz von Kindern sind bisher tatsächlich zugesagt. So ist Kinderschutz der mit am schlechtesten finanzierte Bereich der humanitären Hilfe", betont Marwin Meier.
Die Hälfte der Flüchtlingskinder in den untersuchten 11 Ländern hat derzeit keinen Zugang zu einer sicheren Unterkunft, und 44 Prozent können keine Kinderschutzangebote gemacht werden. Damit stellt sich die Situation für Kinder auf der Flucht noch schlechter dar als im Vorjahr.
Vielen Kindern bleibt Bildung verwehrt
Weltweit fehlt Millionen Mädchen und Jungen, die ihre Heimat verlassen mussten, außerdem die Möglichkeit die Schule zu besuchen. Die Zahl der Familien, die nicht über ausreichend Mittel verfügen, um die Kinder in die Schule zu schicken, hat sich zwischen 2021 und 2022 verdoppelt.
Meier: "Nach den Lockdowns der Corona-Pandemie kehrten viele nicht in den Unterricht zurück. Ihre neue Realität heißt dann oftmals Zwangsheirat oder Kinderarbeit."
World Vision befürchtet zudem eine Kürzung der Mittel für Humanitäre Hilfe bei Krisen, die keine starke mediale Aufmerksamkeit erfahren. Einige Geberländer haben bereits finanzielle Mittel, die für internationale Nothilfe vorgesehen waren, zugunsten der Ukraine-Hilfe umgewidmet.
Bei der Unterstützung der Ukraine müssten Aufnahmeländer und die internationale Gemeinschaft darauf achten, dass sich nicht ein "Zweiklassensystem der Hilfe für Flüchtlinge" etabliert. Weltweit würden Hunderttausende Kinder – bedingt durch Dürren, steigende Preise und mangelnde Weizenlieferungen – um ihr Überleben kämpfen. Die Mittel für diese Menschen müssen daher dringend aufgestockt werden.
Informationen zum Bericht:
Der Bericht beruht auf Befragungen, die im April 2022 durchgeführt wurden. Befragt wurden 2.522 geflüchtete und vertriebene Menschen in 11 Ländern: Bangladesch (Flüchtlinge in Cox Bazar), Brasilien und Kolumbien (jeweils Flüchtlinge aus Venezuela), Guatemala und Honduras (Flüchtlinge und Vertriebene aus Mittelamerika), Mali (Binnenflüchtlinge), DR Kongo (Flüchtlinge aus der zentralafrikanischen Republik), Jordanien (Flüchtlinge aus Syrien), Peru und Uganda (Flüchtlinge aus Südsudan).
Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ für alle geflüchteten Menschen weltweit, liefern aber nach Erfahrung von World Vision gute Indikatoren für eine eher durchschnittliche Situation und somit moderate Notlage in länger anhaltenden Krisen.
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