von Aktion Deutschland Hilft
Leonie Pohlmann ist Projektkoordinatorin bei Habitat for Humanity. Mit ihrem Team vermittelt sie Wohnraum an ukrainische Geflüchtete im Rheinisch-Bergischen Kreis. Nun will die Bündnisorganisation das Projekt ausweiten.
Aktion Deutschland Hilft: Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, leben zunächst meist in Gemeinschaftsräumen oder anderen vorübergehenden Unterkünften. Dort auszuziehen ist oft herausfordernd – und da kommt Habitat for Humanity ins Spiel. Wie funktioniert das?
Leonie Pohlmann: Unser Ziel ist, Wohnungen an ukrainische Geflüchtete zu vermitteln. Dafür sind wir eine Schnittstelle zwischen verschiedenen Akteuren: Kommunen – in deren Aufgabenbereich die Unterbringung von Geflüchteten fällt –, ehrenamtliche Initiativen, zivilgesellschaftliche Organisationen, die in der Geflüchtetenhilfe aktiv sind, Vermieter:innen und geflüchtete Menschen. Sehr relevant ist für uns auch das Jobcenter, das viele Ukrainer:innen betreut und in der Regel für die Miete aufkommt.
Als Schnittstelle suchen wir aktiv nach Wohnungen, machen Akquise und überzeugen Vermieter:innen von unserem Projekt. Gelingt uns das, vermitteln wir eine Familie, erstellen die Mietverträge und sind auch anschließend Ansprechpartner.
Wann und wie ist das Projekt gestartet?
Damals war der Bedarf sehr groß: Anfang 2022 kamen sehr viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland. Es gab eine große Welle der Hilfsbereitschaft, viele Geflüchtete kamen in privaten Gästezimmern unter. Das war für viele aber keine langfristige Lösung. Mittlerweile leben die meisten Geflüchteten, für die wir Wohnraum suchen, in Sammelunterkünften. Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch.
Wie muss man sich den Alltag in diesen Unterkünften vorstellen?
Für Familien, die dort langfristig wohnen, ist es einfach eine starke psychische Belastung. Viele Menschen, unterschiedlichster Herkunft und häufig traumatisiert, leben auf engstem Raum zusammen, es gibt nur wenig Privatsphäre. Dort in Ruhe Hausaufgaben zu machen, ist schwer. Im Gespräch mit den Menschen erfahren wir immer wieder, wie groß der Leidensdruck ist – gerade bei Kindern.
Oft sind die Unterkünfte auch geografisch isoliert vom Rest der Stadt. Das macht es schwer, in einem Ort Fuß zu fassen. Gleichzeitig stehen Kommunen vor Herausforderungen: Wenn Menschen lange in Unterkünften leben, fehlen Unterbringungen für neu ankommende Geflüchtete.
Doch eine eigene Wohnung zu finden, ist schwer. Es gibt die bekannten Probleme auf dem freien Mietmarkt in Deutschland: wenig Angebot und steigende Mieten. Geflüchtete stehen zudem häufig vor weiteren Barrieren.
Was sind das für Barrieren?
Es gibt die Sprachbarriere, es fehlen Ortskenntnis und das Wissen über den deutschen Mietmarkt. Zudem merken wir immer wieder, dass Vermieter:innen Vorurteile und Ängste haben. Sie sind natürlich auf zuverlässige Mietzahlungen angewiesen. Da ist manchmal eine gewisse Überzeugungsarbeit nötig.
Doch den Vermieter:innen, die beim Projekt mitmachen, ist es ein großes Anliegen, dass sich die Menschen in den Wohnungen wohlfühlen.
Welche Voraussetzungen müssen die geflüchteten Familien erfüllen?
Es gibt so ein paar Eckpunkte, die wir beachten: Gibt es körperliche Erkrankungen oder Menschen mit Behinderungen in der Familie, sind Minderjährige dabei?
Bisher arbeiten wir ja ausschließlich mit Familien aus der Ukraine zusammen. Diese Menschen haben alle denselben Aufenthaltsstatus und werden vom Jobcenter betreut. Das macht die Vermittlung erst mal einfacher.
Aber: Bei unserer Arbeit in den Kommunen haben wir gemerkt, dass der Bedarf allgemein sehr groß ist. Deshalb arbeiten wir gerade daran, das Projekt auch auf Menschen mit anderen Nationalitäten auszuweiten.
Was bedeutet das für das Projekt?
Gerade klären wir diverse steuerrechtliche und asylrechtliche Fragen. Wir möchten die Familien unabhängig von ihrem Herkunftsland auswählen, um Diskriminierung vorzubeugen. Wir möchten möglichst viele Menschen aus dem Schwebezustand in der Sammelunterkunft befreien und ihnen mit einem neuen Zuhause ermöglichen, wirklich anzukommen.
Denn um langfristig in einem Land anzukommen, braucht es vier unerlässliche, zusammenhängende Bausteine: Wohnung, Arbeit, Sprache und Kontakte zur Aufnahmegesellschaft.
Hintergrund: Neues Zuhause für über 400 Menschen
Habitat for Humanity ist eine Hilfsorganisation im Bündnis Aktion Deutschland Hilft. Sie setzt sich weltweit dafür ein, dass Menschen unter würdigen Bedingungen leben können.
In Deutschland vermittelt Habitat for Humanity Wohnraum an Geflüchtete, die im Rheinisch-Bergischen Kreis in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer vorübergehenden Unterkunft wie einem Gästezimmer leben. Das Projekt wurde im April 2022 in Overath ins Leben gerufen. Seitdem hat das Team über 400 Geflüchteten in vier Kommunen zu einem eigenen Zuhause verholfen.
Das Hilfsprojekt wird mit Spenden finanziert, die bei Aktion Deutschland Hilft eingegangen sind.
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