von Aktion Deutschland Hilft
Seit März 2016 sind zehntausende Flüchtlinge in Griechenland gestrandet - bis heute kommen täglich 300 hinzu. Berichtet wird darüber kaum noch. Doch die Menschen bei ihrem Neustart zu unterstützen, bleibt das Ziel der Hilfsorganisationen in Griechenland. Für Familien wie die von Hissam kam diese Hilfe gerade rechtzeitig. Eine kurze Version des Artikels lesen Sie hier.
Vor der Flucht: Ein Tag im Juli veränderte alles
Wann genau sie beschlossen hatten, in die Fremde zu gehen, können sie nicht sagen. Wann sie das erste Mal darüber nachgedacht haben, das wissen sie ganz genau.
Es war an einem Tag im Juli 2016. Ihr jüngster Sohn Wissam war gerade drei Tage alt. Vater Hissam holte seine Frau Noor und den Säugling mit dem Taxi aus dem Krankenhaus ab. Heiß war es an diesem Tag in Bagdad, der Hauptstadt des Iraks. Nur kurz hielten sie am Straßenrand, um Wasser zu kaufen, erzählt der Vater.
Im Irak war das Leben nicht mehr sicher
Eine Bombe explodiert in der Nähe des Autos, in dem die Mutter mit dem Säugling sitzt. Wissam ist schwer verletzt. Er weint, er blutet und will nichts mehr trinken. Im Krankenhaus ernähren die Ärzte ihn künstlich und stellen fest, dass der Junge innere Blutungen erlitten hat. Immer wieder wird er operiert, doch die Anfälle, bei denen Wissam zuckt und schreit, bleiben. Ihre Kinder waren in der Heimat in ständiger Gefahr, sagt Noor.
Und nicht nur ihr Leben war bedroht. Noors Bruder wurde von Terroristen umgebracht. Auch ihr Mann schwebte in Gefahr: Er war nach dem Dafürhalten der Islamisten zu modern. Hissam ist gelernter Frisör, er schneidet westliche Frisuren, rasiert Bärte. "Das hat ihnen nicht gepasst", sagt der 31-Jährige.
Sie verkaufen alles, was sie besitzen, und machen sich auf den Weg zur türkischen Grenze. Die letzten Kilometer laufen sie gemeinsam mit anderen Flüchtlingen über schmale Bergpässe, klettern am Rand von tiefen Schluchten entlang.
Infografik: Das sind die wichtigsten Fluchtrouten nach Europa
Die Überfahrt: Schlepper drohten dem Paar mit der Waffe
In der Türkei wollen sie über das Meer weiter nach Europa. Immer wieder sagen die Schlepper die Fahrt ab, immer wieder nimmt die türkische Polizei ihnen die Rettungswesten weg. Das Paar beschließt, sich keine Rettungswesten mehr zu kaufen.
Als es letztendlich klappt und sie ins Schlauchboot steigen sollen, gemeinsam mit 61 anderen, ist es bereits nach Mitternacht. Die See ist stürmisch in dieser Oktobernacht. Sie haben Angst, wollen nicht auf das überfüllte Gefährt. Die Schlepper zwingen sie mit vorgehaltener Waffe. "Sie befürchteten, dass wir sie verraten, wenn wir in der Türkei bleiben", sagt Hissam.
Das Boot kenterte auf offener See - Rettungsringe hatte niemand
In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben im Jahr 2017 über 171.000 Menschen die gefährliche Route über das Mittelmeer auf sich genommen. Mehr als 3.000 Frauen, Männer und Kinder verloren dabei ihr Leben oder gelten als vermisst. Als Hissams Familie auf See ist, sind die Wellen hoch. Eine reißt das Boot mit und bringt es zum Kentern.
Drei Stunden treiben sie in dieser Nacht ohne Weste, ohne Rettungsring und ohne Boot auf offener See, bis sie das Ufer erreichen. "Es fühlte sich an wie drei Jahre", sagt Noor und drückt ihre Kinder. Die zwei kleinen Söhne der Familie überleben nur, weil sie gemeinsam in einem Rettungsring stecken.
Bündnisorganisationen helfen tausenden Flüchtlingen
Seit einem halben Jahr leben Noor und Hissam mit ihren beiden Söhnen in einem der größten Flüchtlingscamps Griechenlands in der Hauptstadt Athen, gemeinsam mit derzeit 1.800 anderen aus über 30 verschiedenen Ländern. So wie die Familie von Noor und Hissam erhalten Tausende Flüchtlinge Hilfe von den Bündnisorganisationen.
So stehen wir Menschen wie dieser Familie gemeinsam zur Seite:
Unsere Bündnisorganisationen helfen Menschen in Not weltweit. So wie der Familie von Noor und Hissam, mit der wir vor Ort gesprochen haben.
Eine Partnerorganisation von Help - Hilfe zur Selbsthilfe hat die Familie bei ihrem Start in ein neues Leben unterstützt: mit Kleidung, Kindernahrung und Windeln. Der kleine Wissam wurde in Athen operiert. Eine Narbe verläuft über seinem rechten Ohr. Laufen und Sprechen kann er mit 19 Monaten noch nicht, aber er hat kaum noch Anfälle.
Das ist das größte Geschenk für seine Eltern: "Wir sind sehr dankbar für die Hilfe." Zusätzlich erhält Wissam Physiotherapie und die Familie kann bald in eine eigene Wohnung ziehen. Der Vater will weiter als Frisör arbeiten.
Weitere Beispiele unserer Hilfe für geflüchtete Menschen:
- Help - Hilfe zur Selbsthilfe
Help betreibt ein Frauenhaus in Athen, in dem sich viele geflüchtete Frauen zusammen mit ihren Kindern zum ersten Mal sicher fühlen. Viele sind nicht nur vor Krieg und Terror, sondern auch vor häuslicher Gewalt geflohen. Sie erhalten Sprachunterricht und werden psychologisch betreut. Ihre Kinder können spielen und zur Schule gehen.
- ADRA
In einem Camp von ADRA am Fuße des Olymp finden Flüchtlinge eine Bleibe, für die nach ihrer Ankunft auf einer der Inseln noch keine Wohnung gefunden wurde.
- ASB
Der ASB unterstützt ein Jugendzentrum in Thessaloniki: Hier erhalten minderjährige Flüchtlinge, die ohne ihre Familie im Land leben, Sprachunterricht und treffen sich mit ihren griechischen Freunden, für die die Türen des Jugendzentrums offen stehen.
Wie geht es weiter für Flüchtlinge in Griechenland?
Für etliche der mehr als 45.000 Flüchtlinge in Griechenland ist noch nicht klar, ob sie ein Bleiberecht erhalten und wenn ja, in welchem europäischen Land sie leben dürfen. Viele von ihnen warten fast ein Jahr auf ihre erste Anhörung - Griechenland nimmt die Fürsorge für die Flüchtlinge zwar immer mehr in die eigene Hand, in dem bankrotten Staat mahlen die Mühlen jedoch langsam.
Für viele der Männer, Frauen und Kinder ist es noch ein weiter Weg, bis sie endgültig in ihrem neuen Leben angekommen sind. Die Hilfsorganisationen im Bündnis lassen sie dabei nicht im Stich.
Das Ehepaar Hissam und Noor lebt seit Kurzem in Griechenland. Ihr jüngster Sohn leidet bis heute unter den körperlichen Folgen eines Terroranschlags in Bagdad.
Kurzversion: Das Schicksal einer Familie aus dem Irak
Seit März 2016 sind zehntausende Flüchtlinge in Griechenland gestrandet. Darunter auch Hissam, Noor und ihre beiden kleinen Söhne. Sie sind aus dem Irak geflohen, nachdem ihr Baby bei einer Bombenexplosion schwer verletzt wurde.
Die Flucht war lebensgefährlich. Das Schlauchboot kenterte auf offener See. Mit letzter Kraft erreichten sie das griechische Festland. Seit einem knappen halben Jahr lebt die Familie in einem der größten Flüchtlingscamps Griechenlands in der Hauptstadt Athen.
So wie die Familie von Noor und Hissam erhalten tausende Flüchtlinge Hilfe von unseren Bündnisorganisationen: Sie helfen mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Haushaltsgütern, Unterkünften, medizinischer Versorgung und psychologischer Unterstützung.
Unsere Hilfe für Flüchtlinge weltweit ist nur mit Ihrer Spende möglich. Dafür danken Ihnen Menschen wie Noor und ihr kleiner Sohn Mohammad Ali sehr!
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
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