„Wir haben fünf Hühner und elf Küken verloren“, sagt Amir Mai und ist am Boden zerstört. „Das war das Wertvollste, was wir hatten.“ Die junge Mutter von vier Kindern berichtet Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Vision wie sie, ihr Mann und ihre Kinder den Wassermassen knapp entkommen sind. „Als das Wasser in unser Dorf kam, mussten wir einfach rennen und alles zurücklassen.“ Die Familie konnte sich in einem leer stehenden Gebäude auf einer Sanddüne in Sicherheit bringen. Aber das Vieh und die Hühner, mit denen Amir und ihr Mann eine kleine Hühnerfarm aufbauen wollten, sind verloren.
„Der Verlust ihrer Nutztiere ist für die armen Familien in Pakistan so, als wenn jemand uns das Bankkonto leerräumt“, sagt World Vision-Mitarbeiter Michael Bailey, der zurzeit viele solcher Schicksale im Katastrophengebiet miterlebt. „In tausenden Dörfern werden Kinder hungern und Schulen verwaisen, wenn der Wiederaufbau in diesen Bereichen nicht genug gefördert wird.“ Um die jetzt auf Sachspenden angewiesenen Menschen auch langfristig abzusichern, will die Hilfsorganisation World Vision etwa 15 Prozent der eingegangenen Spenden für Saatgut und landwirtschaftliche Hilfsmaßnahmen einsetzen.
Die 35-jährige Naseem Bini aus der Provinz Punjub wird ihren sieben Kindern auf absehbare Zeit keine Lebensmittel mehr kaufen können. Die Preise haben sich verdoppelt und an manchen Orten sogar vervierfacht, sogar in der Kornkammer des Landes. Die Witwe wäre im Augenblick schon über ein Zelt und eine Kochmöglichkeit glücklich. Sie konnte mit allen Kindern vor der Flut fliehen. Aber jetzt leben sie am Straßenrand zwischen Khangarrh und Shahgarrh. Die Kinder schlafen auf einer Liege, die ein mitfühlender Pakistani gespendet hat. „Wir besitzen nichts mehr und sind davon abhängig, dass großzügige Menschen uns etwas zu essen und trinken bringen.“
Für jeweils 15.000 Familien in Punjub und Sindh sowie 10.000 Familien in der Provinz Kyber Pakhtoonkhwa organisiert World Vision momentan Hilfsmaßahmen, die ihre Unterbringung, Ernährung und Hygienesituation verbessern sollen. „Wir können dank weiterer Spenden jetzt zumindest für die ersten drei bis vier Monate planen“, erklärt Harry Donsbach, Leiter der Katastrophenhilfe von World Vision Deutschland. Einige Regionen im Süden waren jedoch ohnehin für Programme zur Armutsbekämpfung vorgesehen. World Vision will dort jetzt zunächst Gesundheitsposten einrichten, Wasserpumpen installieren und den am schwersten betroffenen Familien mit Nahrungsmitteln und Haushaltsutensilien helfen.
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