Malteser-Experte: „Handys können Leben retten“
Mit einem Appell zu mehr Katastrophenvorsorge in Pakistan und der Aufstockung der Hilfe reagiert Malteser International auf die schlechte Gesundheitsversorgung der Menschen nach den Überschwemmungen. „Das Wasser ist zurückgegangen, aber Pakistan bleibt ein hochgradig gefährdetes Gebiet“, sagt Dr. Jürgen Clemens. Der Geograph hat den Blick auf die kommenden Jahre gerichtet: „Vor fünf Jahren das Erdbeben, 2007 die Überschwemmungen in Südpakistan, jetzt die Fluten, immer wieder Dürren; Pakistan ist ein von der Natur extrem bedrohtes Land“. Pakistan müsse zu einem guten Beispiel für Katastrophenvorsorge werden. „Wir müssen alles dafür tun, dass eine Katastrophe nicht wieder Millionen Menschen ins Elend reißt. Wir können froh sein, dass die Überschwemmungen nicht noch mehr Menschenleben gekostet haben“, zieht der Experte Bilanz.
Nach Ansicht von Clemens, der sich seit 20 Jahren mit dem Land beschäftigt, könnte Pakistan in fünf Jahren bei einer ähnlichen Katastrophe viele Todesopfer verhindern. Nach bisherigen Angaben wurden 1.700 Menschen getötet, zehn Millionen obdachlos, 20 Millionen von den Überflutungen betroffen. Die Vorsorge könne mit einfachen Mitteln deutlich verbessert werden. Ähnlich den guten Erfahrungen der Malteser in Indien könnten Alarmierungen über die Wasserstände entlang des Indus die Menschen vor dem Ertrinken und vor dem Verlust sämtlichen Hab und Guts bewahren. Das trotz Armut weit verbreitete Handy eröffne neue Möglichkeiten zum Schutz vor Gefahren. „Mit Handy, Handsirene und Mund-zu-Mund-Propaganda informieren sich die Menschen von Nord nach Süd schnell über Pegelstände und Geschwindigkeit des Flusses“, so Clemens. Die Menschen könnten sich in vorher ausgewiesene Schutzräume zurückziehen und hätten Zeit, Wertvolles und Wichtiges zu retten. Wasserbrunnen müssten auf Podesten erbaut werden und so gegen die Kontamination mit schmutzigem Oberflächenwasser geschützt werden. Besonders effizient: Die Beratung der Menschen zum Thema Hygiene. „Ein Hygieneberater von uns kann 15.000 bis 20.000 Menschen pro Jahr informieren, wie sie sich gegen Durchfall, Infektionen usw. schützen können“. Die Überschwemmungen und die damit einhergehende Verbreitung von Keimen hatten zu einer hohen Zahl lebensbedrohlicher Durchfallerkrankungen geführt.
Die Aufstockung der Hilfe durch Malteser International umfasst drei weitere Teams unter Leitung eines italienischen Arztes im Punjab. Insgesamt zehn medizinische Teams der Malteser sind dann im Swat-Tal, in Kohistan und im Punjab im Einsatz. Sie sorgen dafür, dass Krankheiten früh erkannt und behandelt werden. Mit Informationsveranstaltungen wollen sie vor allem Frauen erreichen und sie und ihre Kinder besser vor mangelnder Hygiene und Krankheit schützen. Im Punjab sind zudem drei Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen eingetroffen. Sie werden Gesundheitseinrichtungen sowie die in der Nähe der Einrichtung lebende Bevölkerung mit sauberem Wasser versorgen. Verstärken wird ein Wasserbau-Ingenieur ab sofort die Bemühungen um strukturelle Verbesserungen. Er soll für eine beständigere Bauweise von Brunnen und Wasserleitungen sorgen sowie den Bau von Latrinen an Schulen anleiten.
Nach den Überschwemmungen drängt die Zeit für die Aussaat. Im Norden muss im Oktober gesät sein, sonst fällt die nächste Ernte aus. Im Süden sind auf breiter Fläche viele mehrjährige Pflanzen wie Zuckerrohr und Baumwolle vernichtet. Die Folgen werden die Menschen noch länger spüren. „Die Pakistani werden unsere Unterstützung weiter brauchen“, so Clemens.
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