„149 Ärzte wurden getötet, 850 sind in Haft, viele werden verfolgt.“, so leitet der Arzt Ayham Al-Zoebi den Beitrag über seinen Arbeitseinsatz in Syrien ein. Viele Ärzte würden daher um ihre Sicherheit fürchten, was zu einer unglaublichen Fluchtwelle geführt habe: „In Aleppo gibt es noch 36 Ärzte, früher waren es 5000.“ Die gezielten Angriffe auf Krankenhäuser, Krankenwagen und Transporte mit medizinischem Versorgungsmaterial mit eingerechnet, könne man sich das Ausmaß der Katastrophe im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung ausmalen. Der Ausbruch von Polio in der Provinz Deir al Sor im Nordosten von Syrien, über den die Medien seit gestern berichten, macht deutlich, wie schlimm es um das syrische Gesundheitssystem bestellt ist. Besonders betroffen sind wie so oft die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft – allen voran die Kinder.
Al-Zoebi ist als Experte zum fünfzehnten Humanitären Kongress im Virchow Klinikum der Berliner Charité geladen worden und findet sich nun in einem voll besetzten Hörsaal vor knapp 900 Zuhörern wieder, die gebannt und gleichermaßen bestürzt seinen Ausführungen folgen. Er ist emotional betroffen, das kann man deutlich merken. Und gleichzeitig wütend auf den Vertreter der Vereinten Nationen neben ihm, der in diesem Moment die Zögerlichkeit und Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft im Fall Syrien verkörpert. Er hat das Leid der Menschen in Syrien hautnah erlebt.
Der Bürgerkrieg in Syrien ist einer der aktuellen weltweiten Konflikte, die auf dem Humanitären Kongress von Fachleuten aus Politik und Nichtregierungsorganisationen thematisiert werden. Er trägt die typischen Kennzeichen vieler dieser bewaffneten Auseinandersetzungen, wie es sie – zum Teil seit Jahrzehnten – in Somalia, dem Osten der Demokratischen Republik Kongo und anderen Regionen gibt: ein vorwiegend innerstaatlicher Konflikt, zahlreiche beteiligte Parteien und eine hohe Anzahl an Flüchtlingen und Binnenvertriebenen. Humanitäre Hilfe ist hier besonders nötig – und gleichzeitig besonders schwierig. Die Sicherheitslage und die nicht immer gegebene Anerkennung von Neutralität und Unparteilichkeit der Helfer erschweren den Zugang zur notleidenden Bevölkerung.
Daher steht vom 25. bis 27. Oktober in Berlin alles unter dem Motto „No Access! Who Cares?“. Der humanitäre Kongress bildet die oft fehlende Plattform für den Austausch zwischen Forschern, Politik und Nichtregierungsorganisationen. In über 20 Vorträgen und Workshops wird versucht, gemeinsame Strategien zu entwickeln, um auf die sich verändernde Art von humanitären Katastrophen zu reagieren. Gekommen sind Experten von Ärzte Ohne Grenzen, Ärzte der Welt, dem Deutschen Roten Kreuz, den Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Auch die Partnerorganisationen von Aktion Deutschland Hilft CARE, Islamic Relief und World Vision sind mit Ständen und Infomaterialien vor Ort oder stellen Referenten für die Diskussionen im Plenum.
Die Lösungsansätze für leichteren Zugang reichen von klarer strukturiertem Vorgehen und bessere Koordination der Aktivitäten der Hilfsorganisationen untereinander bis zu mehr politischem Rückhalt und Engagement hinsichtlich der Sicherheit der lokalen Bevölkerung. Ayham Al-Zoebi drängt konkret für Syrien auf die Einrichtung von humanitären Korridoren, um die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten sicherzustellen – eine Forderung die viele internationale Hilfsorganisationen unterstützen.
Über zwei Jahre anhaltende Gewalt, Nahrungsmittelknappheit und fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten zwingen viele Syrier dazu, ihre Heimat zu verlassen. Bisher gibt es neben den über vier Millionen Binnenvertriebenen mehr als zwei Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern Jordanien, Irak, dem Libanon und der Türkei. Die Mitgliedsorganisationen von Aktion Deutschland Hilft sind dort bereits seit vielen Jahren aktiv, um die ankommenden Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen und sie jetzt, zu Beginn der kalten Jahreszeit, mit Decken, Heizöfen und warmer Kleidung auszustatten. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
„Wir hätten den Titel der Veranstaltung ruhigen Gewissens in ‚No Access! WE care!’ ändern können“, bemerkt Tankred Ströbe, Präsident der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, gleich zu Beginn in seiner Ansprache. Zu Recht – betrachtet man die große Resonanz des Kongresses. Hoffentlich erreicht diese Botschaft auch endlich politische Entscheidungsträger und die Weltöffentlichkeit, damit dem Leid der syrischen Bevölkerung und der betroffenen Menschen in anderen, vernachlässigten Konfliktregionen (Demokratische Republik Kongo, Somalia) schnellstmöglich ein Ende gesetzt werden kann.
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