Seit neun Jahren leiden die Menschen in Syrien unter der Gewalt in ihrer Heimat. Über eine halbe Million Tote forderte der Krieg bereits, mehr als sechs Millionen Menschen sind auf der Flucht. Aber die Bombenangriffe holen sie immer wieder ein – wie zuletzt im Norden des Landes in der Provinz Idlib.
Unsere Bündnisorganisation action medeor engagiert sich seit Jahren zusammen mit lokalen Partnern in der Region. Wie die Hilfe gelingt, erklärt Alexandra Geiser von action medeor im Interview.
Provinz Idlib: Angriffe auf Krankenhäuser
Mitten in diesem Krieg kämpfen Ärzte in den wenigen noch funktionierenden Krankenhäusern um das Leben und die Gesundheit ihrer Patienten. Und sie begeben sich dabei selbst in Gefahr, denn auch die Krankenhäuser sind Ziel von Bombardierungen. Allein im Jahr 2019 fanden rund 60 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen statt.
Unser Bündnismitglied action medeor unterstützt die verbliebenen medizinischen Helfer vor Ort bereits seit vielen Jahren. Das Medikamentenhilfswerk kooperiert dazu mit der lokalen Partnerorganisation Orient for Human Relief, die in Syrien verschiedene Krankenhäuser, Erstversorgungszentren, Rettungswagen und mobile Kliniken betreibt.
action medeor unterstützt mit lebenswichtigen Medikamenten
Gemeinsam mit action medeor gelingt es den Helfern unter schwierigsten Bedingungen, medizinische Hilfe für die lokale Bevölkerung zu organisieren. Für die Flüchtlingsfamilien ist diese schnelle, wirksame Hilfe existenziell, denn in den Jahren des Kriegs und der Flucht haben sie fast alles verloren. Viele sind verarmt und besitzen nur noch, was sie tragen können. Vor allem die Kinder leiden unter den Strapazen.
Mangelernährung und Winterkälte machen sie anfällig für Krankheiten, viele leiden unter schwerer Bronchitis oder Lungenentzündungen. Die Gabe von Antibiotika hilft, ihr Leben zu retten. Doch auch Schmerzmittel für Verletzte, Medikamente für chronisch Kranke, Verbandsmaterial und medizinisches Gerät sind unentbehrlich.
action medeor hat die Gesundheitseinrichtungen in Syrien mit diesen dringend benötigten Medikamenten und medizinischer Ausrüstung unterstützt. Vom Medikamentenlager im niederrheinischen Tönisvorst wurden 1,4 Tonnen Medikamente in die Region Idlib versandt.
Verbliebene Gesundheitseinrichtungen stärken
Aber auch die Weiterführung und Vernetzung des wichtigsten Krankenhauses der Region, des Orient Medical Complex, konnte gesichert werden. Es ist eines der wenigen Zentren, das überhaupt noch spezialisierte Gesundheitsdienstleistungen etwa im Bereich der Inneren Medizin, der Gynäkologie oder der Pädiatrie anbietet und über entsprechende Geräte verfügt.
action medeor hat die Helfer von Orient for Human Relief bei der Vernetzung der medizinischen Einrichtungen unterstützt und war zudem bei der Anschaffung und dem Betrieb eines MRT-Geräts behilflich. Rund 6.500 Patienten jährlich können dadurch von einer deutlich besseren Diagnostik und entsprechend besseren Behandlungsmöglichkeiten profitieren.
Die Aufrechterhaltung solcher Standards unter den Bedingungen eines grausamen Krieges ist allerdings nach wie vor schwierig. Sie lebt letztlich von dem unermüdlichen und mutigen Einsatz der Helfer vor Ort.
Interview mit Alexandra Geiser, Regionalleiterin Asien bei action medeor
Welche Bedeutung haben die Sphere-Standards im Bereich Gesundheit?
Alexandra Geiser: Eine ganz entscheidende Bedeutung. Humanitäre Krisen haben ja erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung.
Die Standards im Gesundheitsbereich legen fest, dass man auch in einer humanitären Krise ein Recht auf angemessene und rechtzeitige gesundheitliche Versorgung hat. Sie sind also von grundlegender und existenzieller Bedeutung.
Wie ist die humanitäre Krise in Syrien hier einzuordnen?
Syrien hatte vor dieser menschengemachten Katastrophe ein gut funktionierendes Gesundheitssystem mit entsprechenden Standards, das durch den Krieg jedoch zerstört oder unterbrochen wurde. Es kommt nun darauf an, die bestehenden Strukturen zu stärken, zu stabilisieren und zu entwickeln. Dazu definiert das Sphere-Handbuch Standards und Schlüsselaktivitäten.
Welche dieser Standards und Schlüsselaktivitäten finden wir in Ihrer Arbeit in Syrien konkret wieder?
Zum Beispiel die Anforderung, dass Menschen Zugang haben sollen zu einer integrierten, hochwertigen Gesundheitsversorgung, die sicher, effektiv und patientenzentriert ist. Das haben wir durch die Wiederbelebung eines Überweisungssystems zwischen den verschiedenen spezialisierten Gesundheitseinrichtungen umgesetzt.
Wie sieht es bei der Finanzierung dieser Leistungen aus?
Ganz entscheidend ist, dass die Menschen Zugang zu einer kostenlosen priorisierten Gesundheitsversorgung haben. Auch das ist ein Sphere-Standard. Dessen Umsetzung haben wir übrigens zu wesentlichen Teilen mit Mitteln von Aktion Deutschland Hilft finanziert.
Gibt es weitere Sphere-Standards, die Sie praktisch umgesetzt haben?
Ja natürlich, etwa im Bereich der Gesundheitsversorgung für Mütter und Neugeborene. Eine der Gesundheitseinrichtungen in der Region ist auf Mutter-Kind-Gesundheit und Entbindungen spezialisiert.
Durch die Förderung und Vernetzung dieser Klinik, die übrigens trotz der widrigen Umstände im 24/7-Betrieb arbeitet – also ständig in Bereitschaft ist – konnten wir die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen in der Region verbessern. Auch hier haben wir einen Standard erfüllt.
action medeor ist Teil von Aktion Deutschland Hilft, einem Bündnis von 23 Hilfsorganisationen. Sie leisten den Menschen in Syrien seit Jahren humanitäre Hilfe. Dank Ihrer Spende kann die Hilfe vor Ort weitergehen.
+++ Spendenaufruf +++
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