In einem Flüchtlingslager westlich von Goma sticken Mädchen an einer Decke: greifbares Zeichen einer vorsichtigen Hoffnung auf Frieden und Neuanfang im Kongo. Seit ein paar Wochen schweigen die Waffen in dieser Gegend. Kongolesische Armee und ruandische Truppen versuchen gemeinsam die Hutu-Milizen der FDLR zu entwaffnen. „Niemand weiß wie das ausgeht, aber es gibt jetzt die Chance zum Frieden“, sagt Harry Donsbach, der Nothilfeleiter von World Vision Deutschland. Er war gerade im Ost-Kongo und schildert in dem folgenden Interview seine Eindrücke.
Wie ist die aktuelle Situation im Kongo, insbesondere im Ostteil des Landes?
Als „verhalten optimistisch“ würde ich die derzeitige Stimmung der Menschen im Osten Kongos bezeichnen. Bei Projektbesuchen rund um die Stadt Goma und im südlichen Teil der Zone Masisi, im Flüchtlingslager Shasha, in der Stadt Minova und im angrenzenden nördlichen Teil der Provinz Süd-Kivu haben wir beobachtet, dass Armeeposten und Straßensperren entlang dieser 60 km langen Route verschwunden sind. Dieses Gebiet hielt bis vor kurzem noch die CNDP unter General Nkunda. Was seit Jahren, ja was noch bis vor zwei Wochen hier undenkbar war: Wir haben unzählige LKW und Pickup-Transporter gesehen, voll belanden mit frischem Obst und Gemüse, unterwegs zu den Märkten in Goma und sogar bis in die ruandische Grenzstadt Gisenyi. Die Fahrt bleibt unbehindert und die Menschen machen offenbar von dieser neuen Handelsmöglichkeit sofort Gebrauch.
Was haben Sie von der Militär-Offensive gegen die FDLR mitbekommen?
Die Kämpfe finden in Gebieten westlich, nordwestlich und nördlich von Goma statt. Es heißt, dass die FDLR sich weitgehend kampflos zurückzieht. Allerdings sind die Operationsgebiete abgeriegelt. Scheinbar haben weder MONUC, noch Hilfsorganisationen und Journalisten Zugang zu diesen Gebieten. Daher haben wir keine gesicherten Informationen. Es gibt Indikatoren, dass auch in diesen Landesteilen Entspannung einkehrt. Gestern wurde hier verlautbart, dass bis zu 50.000 Binnenflüchtlinge in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt sind. Damit läge die Zahl der Binnenvertriebenen in den Kivu-Provinzen seit Jahren erstmals unter einer Million Menschen.
Wie geht es den Menschen, vor allem den Kindern im Kongo?
Wir beobachten eine Art Aufbruchstimmung hier. Die Bevölkerung im Lager Shasha zum Beispiel hat vorgestern Gruppen in ihre Heimatdörfer entsandt, um dort zu prüfen, ob eine Rückkehr schon möglich ist. Solche Sondierungsbesuche geschehen nach unseren Informationen zurzeit an vielen Orten. Es wird erwartet, dass viele bald zurückkehren werden. Falls sich die Hutu-Milizen allerdings neu formieren und zurückschlagen, müssen wir uns auch auf neue Vertreibungen einstellen. Ungeachtet der Friedenshoffung ist die Not groß. Vor allem Kinder leiden nach wie vor an Unterernährung, Mangelkrankheiten und Infektionen. Und die erlebte Gewalt ist noch lange nicht verarbeitet.
Was machen die Hilfsorganisationen? Wie hilft World Vision den Menschen?
World Vision hat rund 40.000 Flüchtlingen in Lagern und Notunterkünften mit unmittelbar fehlenden Dingen wie Nahrungsmitteln, Decken, Kleidung, Kochgeschirr, Planen und Hygiene-Artikeln geholfen. Dies wurde auch vom Auswärtigen Amt unterstützt. Die Versorgungslage ist weitgehend positiv. Engpässe bestehen bei Nahrungsmitteln für Kleinkinder. Hier suchen wir nach Lösungen, verbessern auch den Zugang zu sauberem Wasser und Latrinen. Nicht zuletzt beschäftigen sich unsere Mitarbeiter sehr ernsthaft mit dem nach wie vor großen Problem fehlender Sicherheit. Sie mobilisieren zum Beispiel Gruppen, die die Frauen beim Wasserholen oder Feuerholz-Sammeln begleiten. Den Kindern wird gezielt in mehreren Kinderzentren geholfen. Ich wurde dort lebhaft von singenden und spielenden Kindern begrüßt. Kinder auch unter fünf Jahren können hier Lesen und Schreiben lernen; Helfer zeigen ihnen handwerkliche Fähigkeiten wie Nähen und Sticken.
Was muss passieren, um im Kongo langfristig Frieden zu schaffen?
Wir brauchen unbedingt eine umfassende, alle Parteien berücksichtigende Friedensstrategie für den Ostkongo. Die Militäroperation wird hier grundsätzlich positiv bewertet, kann aber nur ein Teil einer breiter angelegten Strategie sein. Es ist dringend notwendig, die zivilen Strukturen substantiell zu beteiligen. Ebenso dringend sind der wirtschaftliche Aufbau und die Schaffung von Einkommen. Der Umgang mit Rohstoffen, Mineralien und anderen Ressourcen muss transparent geregelt werden. Wir müssen dabei helfen, eine Aussöhnung zwischen den verfeindeten Gruppen zu organisieren und Landkonflikte zu lösen.
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