„Solange man den Krieg als etwas Böses ansieht, wird er seine Anziehungskraft behalten. Erst wenn man ihn als Niedertracht erkennt, wird er seine Popularität verlieren.“ Die Worte Oscar Wildes sind angesichts der niederträchtigen Geschehnisse in der Demokratischen Republik Kongo hochaktuell. Wozu Menschen gerade in Zeiten des Krieges fähig sind, hat die World Vision-Mitarbeiterin Michelle Rice aufgezeichnet.
Das erste Mal, als ich Martha* traf, strahlte sie übers ganze Gesicht inmitten ihrer Kinder, die ausgelassen um sie herum schrien und dabei an ihrem Rock zerrten. Das nächste Mal, als wir uns trafen, war das Lächeln aus ihrem Gesicht gewichen, ihre Augen starrten in die Ferne. Eine Nacht zuvor hatte sie ein zehn Jahre altes Mädchen zum Krankenhaus getragen, das kurz zuvor vor den Augen seiner Familie von einer kongolesischen Rebellenhorde vergewaltigt worden war. Das Mädchen starb, noch auf dem Weg dorthin, auf Marthas Rücken.
In den letzten Monaten klingelt bei Martha das Telefon praktisch jeden Tag; sie wird gebeten, Frauen und Mädchen zu helfen, die vergewaltigt worden sind. Es ist ein inzwischen vertrautes Muster in der Nord-Kivu-Region der Demokratischen Republik Kongo. „Wenn gekämpft wird, wird auch vergewaltigt. Viele Frauen und Mädchen werden vergewaltigt, manche getötet, andere fortgeschleppt. So geschieht es andauernd.“
Marthas eigene Geschichte ist ebenso schrecklich wie unglaublich. Als der Krieg begann und sie 32 Jahre alt war, wurde ihr Dorf von Rebellen überfallen. „Sie kamen, nahmen uns all unser Hab und Gut weg und sagten meinem Mann, er sei so gut wie tot. Mit einer Machete begannen sie, ihn regelrecht zu zerhacken – als ob sie eine Kuh oder eine Ziege für den Markt zerteilen wollten. Als sie damit fertig waren, schrien sie mich an, ich solle die Körperteile auf einem Haufen zusammentragen. Das Schlafzimmer war voller Blut. Sie sagten, sie würden mich auch töten, wenn ich heulen würde.“
Als Martha den zerstückelten Körper ihres Mannes auf einen Haufen gestapelt hatte, nahmen die Rebellen ein Messer und schnitten ihr Wunden ins Gesicht, am Hals, an Armen und an Beinen. „Dann befahlen sie mir, mich auf die Körperteile meines Mannes zu legen, Und dann vergewaltigten sie mich. Es waren insgesamt zehn Rebellen, und jeder von ihnen schändete mich.“ Während Martha vergewaltigt wurde, vergingen sich zwei andere Soldaten im Nebenzimmer an ihren beiden Töchtern, 14 und 16 Jahre alt. „Ich hörte das Schreien meiner Mädchen, doch ich konnte ihnen nicht helfen. Dann hörte ich auf zu denken, und mein Bewusstsein setzte aus.“
Erst sechs Monate später kamen die Erinnerungen an diese unfassbar schrecklichen Ereignisse wieder zurück. „Ich fragte meine Nachbarn, was denn passiert sei. Ich dachte, mein Mann sei auf Reisen. Sie sagten nichts. Aber als ich eines Tages nach Hause kam und feststellte, dass zwei meiner Töchter schwanger waren, konnte ich mir das nicht erklären. Erst dann fingen die Dorfbewohner an, mir alles zu erzählen.“
Die Brutalität, mit der Martha vergewaltigt worden war, zerstörte ihren Körper. Ihre Gebärmutter hing ihr zwischen den Beinen. Sie konnte nicht richtig laufen und ertrug diesen entsetzlichen, schmerzhaften Zustand zwei Jahre, bis sie von einem Chirurg befreit wurde. Plötzlich weicht der leere, stoische Blick aus Marthas Gesicht, mit dem sie uns fast während des gesamten Gespräches anschaute, und plötzlich wird die ganze Tiefe ihres Schmerzes sichtbar. „Ich werde keine Kinder mehr haben können. Sie haben alles entfernt.“
Martha, heute 43 Jahre alt, hat beschlossen, Vergewaltigungsopfern zu helfen und sich um Kinder zu kümmern, die aufgrund von Vergewaltigungen geboren wurden. „Dreimal im Monat spreche ich in verschiedenen Dörfern, um Menschen zu helfen, Vergewaltigung als Verbrechen zu begreifen, und Frauen auszubilden, sich der Opfer in ihrem Dorf anzunehmen.“
So hat sich im letzten Kriegsjahr eine Gruppe von 90 Frauen um Martha herum gebildet, die sich gegenseitig unterstützen. Sie treffen sich einmal pro Woche, und diejenigen, die von ihren Männern weggeschickt wurden, bewohnen gemeinsam ein Haus. „Wir haben auch Kleinkredite erhalten, damit wir ein Geschäft aufbauen und Geld für die Gruppe zusammensparen können. Auf diese Weise können wir wenigstens unsere Kinder ernähren und zur Schule schicken“, sagt Martha.
Marthas eigene Leidensgeschichte begann am Anfang des Krieges. Vor mehr als einem Jahrzehnt. Die jüngste Runde der Gewalt ist nicht anders. Vergewaltigungen sind genauso brutal und weit verbreitet wie eh und je.
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