von Aktion Deutschland Hilft
Sechs Monate sind seit den schweren Erdbeben vergangen, die im Februar 2023 die Grenzregion Türkei-Syrien erschüttert haben. Aktion Deutschland Hilft, Bündnis von mehr als 20 Hilfsorganisationen, ist seit Tag 1 vor Ort und leistet den Menschen humanitäre Hilfe.
Helfer der Bündnisorganisationen AWO International, CARE, Malteser International und Handicap International berichten hier über den Einsatz und die Lage der Menschen.
Vural: "Damals dachte ich, dass wir sterben werden"
Taha Khalil: "Sie glaubten, von der Außenwelt vergessen zu sein"
Bilal Al-Kurdi: "Das Lächeln in die Gesichter der Menschen zurückbringen"
Salahedin: "Ich sagte ihr, dass sie es schaffen wird"
Vor Ort arbeiten unsere Bündnisorganisationen eng mit lokalen Partnerorganisationen zusammen. Sie kennen die Bedürfnisse der Betroffenen und die lokalen Gegebenheiten am besten.
Vural: "Damals dachte ich, dass wir sterben werden"
Mehrere Mitarbeiter:innen der Bündnisorganisation CARE sind selbst von den Folgen der Naturkatastrophe betroffen. CARE-Teamleiter Vural war am Tag des Erdbebens mit seiner Mutter in Gaziantep. "Ich wachte plötzlich auf, als das Beben begann. Ich versuchte, meine Mutter zu beruhigen, als wir evakuiert wurden. Damals dachte ich, dass wir sterben werden und dass alles zerstört wird", sagt der 33-Jährige.
Vural schlief 10 Tage im Auto
Als humanitärer Helfer fühlte sich Vural dafür verantwortlich, seinen Nachbarn und allen Betroffenen zu helfen. Zehn Tage schlief er in seinem Auto. Er organisierte die Hilfe und verteilte dringend benötigte Sachen an die Hilfesuchenden. "Es war hart, aber ich fühlte mich gut, weil wir eine wichtige Arbeit geleistet haben." Bis heute stehen Vural und sein Team den betroffenen Familien in der Türkei zur Seite.
Unter den Menschen, die von CARE Hilfe erhalten, ist Layla. Die 53-Jährige lebt in einem Zelt – so wie sehr viele Menschen sechs Monate nach der Katastrophe. "Ich bin heute zur CARE-Verteilung gekommen, weil wir in unserem Zelt nichts haben. Wir brauchen Lebensmittel, etwas zum Waschen und Wasser", sagt Layla. In ihrer Heimatstadt steht nichts mehr. "Die Stadt ist völlig zusammengebrochen", sagt sie. Sie ist eine von Tausenden, die von Hilfsorganisationen wie CARE Lebensmittel, Hygieneartikel, Küchengeräte und Trinkwasser erhalten.
Taha Khalil: "Sie glaubten, von der Außenwelt vergessen zu sein"
Taha Khalil ist der Direktor des Hiro Center for Dialogue and Rehabilitation, einer syrischen Partnerorganisation von AWO International. Er koordiniert die Nothilfe in einem Viertel in der syrischen Stadt Aleppo.
Das kurdische Stadtviertel ist von der Außenwelt nahezu abgeschlossen. Deshalb leisten viele internationale Organisationen dort keine Hilfe. "Wir waren das erste Team, das dieses Viertel erreichte, und wir blieben das einzige Team, das dort regelmäßig Lebensmittel- und Hygienepakete verteilt", berichtet er.
Angespannte Sicherheitslage in Syrien
Die angespannte Sicherheitslage stellt Tahas Team immer wieder vor große Herausforderungen. "Eigentlich arbeiten wir 400 Kilometer von Aleppo entfernt. Der Weg ins Katastrophengebiet birgt viele Risiken, etwa, von bewaffneten Gruppen entführt zu werden."
Trotz der Gefahren ist Taha Khalil fest entschlossen, weiter zu helfen: "Obwohl seit dem Erdbeben mehrere Monate vergangen sind, stellen wir fest, dass die Menschen dort immer noch Hilfe benötigen, sei es in Form von Nahrung, psychologischer Unterstützung oder Hygieneartikeln – viele Frauen haben uns gesagt, sie haben dank uns zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder Damenbinden verwendet." Viele Menschen in Syrien leben aufgrund des langjährigen Bürgerkrieges unter schwierigen Bedingungen; es fehlt ihnen an sehr vielem.
Hilfe, die Kraft und Hoffnung gibt
Neben den Schwierigkeiten hat Taha Khalil viele berührende Momente bei seiner Arbeit erlebt: "Die Menschen sind sehr dankbar für die Unterstützung. Sie glaubten, von der Außenwelt vergessen worden zu sein. Unsere Besuche haben ihnen Kraft, Selbstvertrauen und ein wenig Hoffnung für die Zukunft gegeben."
Bilal Al-Kurdi: "Das Lächeln in die Gesichter der Menschen zurückbringen"
Bilal Al-Kurdi arbeitet für die Hilfsorganisation Hand in Hand for Aid Development (HIHFAD), einem lokalen Partner von Malteser International. "Noch vor einigen Monaten sahen wir hier nur zerstörte Häuser. Jetzt sehen wir ganze Zeltstädte. Und wenn die Trümmer der Gebäude beseitigt sind, werden neue Zelte errichtet. Gleichzeitig sind es vor allem die unsichtbaren, die psychischen Wunden, die Zeit brauchen, um zu heilen", beschreibt er die Lage vor Ort.
Viele haben zum 2. Mal alles verloren
Viele Menschen im Nordwesten Syriens stehen nach der Naturkatastrophe vor dem Nichts. Viele Geflüchtete haben bei den Erdbeben ein weiteres Mal alles verloren; viele trauern um Angehörige.
"Gemeinsam mit Malteser International versuchen wir, das Leid der Menschen zu lindern: Wir verteilen Lebensmittel, Brot, Wasser, Heizmaterial und Hygieneartikel, um eine Grundversorgung zu gewährleisten. Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist jedoch so groß, dass eine kontinuierliche internationale Zusammenarbeit nötig ist. Wir müssen den Menschen weiter beistehen", sagt Bilal Al-Kurdi.
In der Region leiden vor allem Kinder, Frauen und ältere Menschen unter den Folgen des Erdbebens. "Bei unserer Arbeit in der Stadt Jinderes, in der bis zu 70 Prozent der Häuser zerstört wurden, treffen wir auf viele ältere Menschen. Sie haben mit chronischen Krankheiten zu kämpfen und müssen medizinisch versorgt werden", sagt Bilal Al-Kurdi.
Und weiter: "Gleichzeitig gibt es zahlreiche Kinder, die ihre Familie verloren haben und als Waisen zurückgeblieben sind."
Da die Zivilbevölkerung aufgrund des Krieges weiterhin vertrieben wird und ihre Häuser und Arbeitsplätze verliert, wird die Not der Menschen von Tag zu Tag größer. "Wie sehr wünsche ich mir den Tag, an dem der Krieg in Syrien zu Ende ist und wir mit dem Wiederaufbau beginnen können und das Lächeln in die Gesichter der Menschen zurückzubringen."
Salahedin: "Ich sagte ihr, dass sie es schaffen wird"
Rema lag 30 Stunden eingequetscht unter den Trümmern ihres Hauses in Syrien. Die Schuttberge zerquetschen das rechte Bein der 13-Jährigen. Es gibt nur eine Möglichkeit: Um Rema zu retten, muss das Notfallteam ihr Bein inmitten der Trümmer amputieren. Nach dem drastischen Eingriff wird das schwer verletzte Mädchen in ein Partner-Krankenhaus von Handicap International im Nordwesten von Syrien gebracht.
Die ganze Geschichte von Rema lesen Sie hier.
Salahedin, der Leiter der Klinik, blickt zurück: "Kurz nachdem Rema bei uns ankam, erfuhr ich, dass ihr Vater das Erdbeben nicht überlebt hat. Aber ich konnte es ihr nicht sagen, weil sie ihre Kraft brauchte, um durchzukommen."
Und das Mädchen kommt durch: Mit Physiotherapeutin Asma macht Rema täglich Übungen, schult ihren Gleichgewichtssinn und kräftigt ihre Muskeln. Der Psychologe des Krankenhauses hilft ihr, die Erinnerung an die quälenden Stunden unter Trümmern und die Not-OP zu verarbeiten. Salahedin, der Leiter der Klinik, besucht sie täglich. "Meine kleine Schwester ist genauso alt wie Rema, vielleicht hat es mich deshalb so stark berührt", erzählt der 39-Jährige. "Ich sagte ihr, wie stark sie ist, eine Heldin, und dass sie es schaffen wird."
Salahedin behält recht: Mittlerweile hat Rema das Schlimmste überstanden: "Dank einer Prothese, die wir ihr angepasst haben, kann sie wieder gehen", sagt er. "Ich freue mich riesig für sie!"
Und Rema? Sie träumt davon, eines Tages Kinderärztin zu werden, um anderen Kindern so zu helfen, wie ihr geholfen wurde. Die Aufnahmeprüfung für die High School hat sie im Juli geschafft.
Unsere Hilfe geht weiter – und das so lange, wie es nötig ist. Danke an alle, die helfen!
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet dringend um Spenden für die betroffenen Menschen in der Türkei und Syrien.
Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
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