Für die ländliche Gegend in und um Darbonne betreiben Malteser International ein Gesundheitszentrum. Darüber hinaus soll 25 Dörfern im Hinterland neben mobiler Gesundheitsversorgung auch der Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung ermöglicht werden – wenn die finanziellen Mittel reichen. Birte Steigert, Pressereferentin von Aktion Deutschland Hilft, sprach vor Ort mit der Malteser WASH-Koordinatorin Ilda Clos über diese Projekte im Hinterland, den Fortschritt der Maßnahmen, das Engagement der Bevölkerung sowie Perspektiven für Haiti.
Birte Steigert: Nach einer Katastrophe wie 2010 in Haiti und der ersten Nothilfe beginnen Hilfsorganisationen mit den Planungen zum Wiederaufbau. Wie ermitteln Sie den Bedarf der Menschen, denen Sie auch nachhaltig helfen wollen?
Ilda Clos: Wir richten unsere Hilfsangebote nach der Nachfrage und dem Bedarf der Bevölkerung. Also haben wir Umfragen gestartet, nach welchen Formen von Hilfe Bedarf besteht, und die Bevölkerung auswählen lassen. Wir haben uns nach ihren Wünschen gerichtet und nach ihrer Entscheidung gehandelt. Die Dorfgemeinschaften konnten die drei wichtigsten Maßnahmen im Bereich Wasser- und Sanitärversorgung oder Einkommensschaffung für ihr Dorf selbst auswählen.
Die Gemeinschaft entschied sich in der Mehrheit für „water and sanitation“, also für eine Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung durch Brunnen und Toiletten. Wir haben in fünf Dörfern insgesamt 7 Brunnen, drei Wasserversorgungssysteme und 522 Latrinen gebaut. Die Bevölkerung hat sich an den Baumaßnahmen beteiligt, ganz nach dem Motto ‚Hilfe zur Selbsthilfe’. Wir verteilten also die Materialien, doch die Bauarbeiten übernahmen alle Familien selbstständig. Zusätzlich und gleichzeitig führen wir Hygieneschulungen durch und verteilen Hygienesets mit Handtüchern, Seife, Zahnbürsten, Shampoo u. ä.
Birte Steigert: Wie genau verläuft der Bau der Brunnen?
Ilda Clos: Wir unterstützen die Dorfgemeinschaften, die die Brunnen unter unserer technischen Anleitung und Supervision eigenständig bauen. Dazu werden Wasserkomitees gebildet. Diese Gruppen sind dann verantwortlich und zuständig für die Wasserversorgung.
Birte Steigert: Sie stellen den Familien die Materialen zur Verfügung, doch woher nehmen diese die Anleitung, wie sie zu bauen sind?
Ilda Clos: Das Wissen vermitteln wir natürlich ebenfalls. Zu Anfang bauen wir exemplarisch eine Toilette, welche dann als Modell für alle weiteren genutzt werden kann. Zudem haben wir für jedes der Dörfer einen Vertreter (community facilitator), der als Ansprechpartner fungiert und den Dorfbewohnern beim Bau Anleitung und Hilfestellung gibt. Er übergibt auch das Baumaterial und beantwortet alle Fragen. Zusätzlich haben wir einen WASH-Assistenten, einen WASH-Beauftragten und drei Hygiene-Beauftragte, die für die Dorfbewohner auch immer zur Verfügung stehen. So haben wir einen kontinuierlichen Überblick über den Verlauf unseres Projektes und die Dorfgemeinschaft immer eine Hilfestellung.
Birte Steigert: Wie viele Menschen erreichen Sie durch das Projekt in allen Dörfern?
Ilda Clos: In fünf Dörfern setzen wir die Pilotmaßnahmen im Bereich Wasser- und Sanitärversorgung und Einkommensschaffung um. Das Projekt umfasst aber insgesamt 28 Zieldörfer mit 3.700 Familien, das sind knapp 16.500 Menschen, und die kleine Stadt Darbonne mit 1.700 Familien. Alle Dörfer profitieren von den Gesundheitsdiensten der Klinik in Darbonne und der mobilen Kliniken sowie der Hygieneaufklärung zur Prävention von Cholera.
Birte Steigert: Wie können die langfristige Wartung und somit der Erhalt der Brunnen gewährleistet werden, wenn Malteser International irgendwann nicht mehr vor Ort sein wird?
Ilda Clos: Eine wesentliche Vorraussetzung für den Erhalt der Brunnen bilden natürlich immer die Wasserkomitees. So können wir uns auf regelmäßige Proben und das Monitoring verlassen. Ansonsten müssen die Brunnen gereinigt werden, falls das Wasser nicht die erwartete Qualität hat. Um solche Problemen zu vermeiden, trainieren wie die Mitglieder der Wasserkomitees auch in Fragen des Betriebs, der Wartung und Pflege. Dies ist unser zweiter Trainingszyklus. So lange es solche Komitees gibt, werden wir mit diesen zusammenarbeiten und sie unterstützen.
Birte Steigert: Wie wird das Projekt von der Bevölkerung angenommen und umgesetzt?
Ilda Clos: Der Erfolg des Projekts ist deutlich zu sehen. Die Menschen setzen wirklich um, was wir ihnen beibringen. Das zeigt uns immer wieder, dass unsere Hilfe auch ankommt.
Birte Steigert: Welche Perspektiven sehen Sie in der Zukunft für dieses Land? Was wünschen Sie sich, langfristig ändern und bewirken zu können?
Ilda Clos: Politisch kann ich das eher schlecht einschätzen. Aber was die Dorfgemeinschaften angeht, bin ich überzeugt, dass wir einiges bewirken können und sich in zehn Jahren strukturell viel verändern kann. Unsere Aufklärungsarbeit trägt Früchte. Die Menschen sind gewillt zu lernen, wir lehren sie, sie fragen und beteiligen sich am Geschehen, also verbreitet und verankert sich das Wissen. Das bedeutet Fortschritt. Von daher bin ich mir sicher: In zehn Jahren wird vieles besser sein als heute!
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