Nach dem Erdbeben auf Haiti hat die Kinderhilfsorganisation World Vision die höchste Einsatzstufe ausgerufen. Internationale Helfer sind auf dem Weg in die Hauptstadt Port-au-Prince. Ein deutsch-sprachiger Kollege wird voraussichtlich morgen dort ankommen. Erste Hilfsgüter für rund 1.500 Familien liegen bereit und werden so schnell wie möglich verteilt. „Wir sind geschockt über die Bilder von verletzten und verzweifelten Menschen auf den Straßen und machen uns besonders Sorgen um die vielen Kinder hier“, sagt die einheimische World Vision-Mitarbeiterin Amanda Rives.
Das Epizentrum lag nahe der Hauptstadt Port-au-Prince. Das Zentrum der Stadt sowie die umliegenden dicht besiedelten Gebiete wurden offenbar stark getroffen. Aus Angst vor Nachbeben haben viele Menschen die Nacht im Freien verbracht. Die Kommunikationsnetze sind weitgehend zusammengebrochen. Trümmer blockieren Straßen und Transportwege. Das ganze Ausmaß der Katastrophe ist allerdings noch nicht abzuschätzen. Einheimische Mitarbeiter von World Vision erkunden die Lage und werden so schnell wie möglich Katastrophenhilfe leisten. Hilfspakete gefüllt mit Seife, Decken, Kleidung und Trinkwasser liegen zur Verteilung bereit.
In einer humanitären Krise wie dieser sind Kinder extrem gefährdet. Viele waren zurzeit des Erdbebens in der Schule, während die Eltern zuhause oder bei der Arbeit waren. Etliche Kinder sind von ihren Eltern getrennt worden, suchen jetzt verzweifelt nach Mutter und Vater. „Wir sehen weinende und blutende Kinder, die nicht wissen wohin“, sagt Amanda Rives. „Sie brauchen dringend medizinische Hilfe, Trinkwasser, Nahrung und psychologische Betreuung. So ein Erlebnis ist für viele einfach traumatisierend.“
Die Situation von Kindern in Haiti ist ohnehin bedrückend. Kinderrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Die Armut ist so groß, dass viele Mädchen und Jungen zur Arbeit gezwungen werden, keine Bildungsmöglichkeiten haben. Haiti hat eine hohe Kindersterblichkeitsrate: Von 1000 Neugeborenen sterben 76, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichen. Mehr als die Hälfte der Kinder sind mangelernährt.
World Vision wird sich in den kommenden Wochen vor allem auch um den Schutz von Kindern kümmern. Mädchen und Jungen sollen zu ihren Familien zurückgeführt werden. Sobald die Lage übersichtlicher ist, wird World Vision provisorische „Kinderzentren“ einrichten. Dort werden die Kinder verpflegt, betreut und können spielerisch ihre Schreckenserlebnisse verarbeiten.
Nach dem Erdbeben der Stärke 7,0 auf der Richterskala gibt es in großen Teilen der Hauptstadt nach wie vor keinen Strom und keine Kommunikationsnetze. Etliche Straßen sind durch Trümmer blockiert. Die Räumung kommt schwer voran. Internationale Helfer befürchten, dass rund drei Millionen Menschen von dem Erdbeben betroffen sind und dringend Hilfe brauchen.
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