Als das große Erdbeben am 12. Januar 2010 weite Teile Haitis in ein Trümmerfeld verwandelte, traf es ein Land, das schon vor der Katastrophe eines der ärmsten der Welt war.
Nach Angaben der haitianischen Regierung starben bis zu 300.000 Menschen, über 1,5 Millionen wurden obdachlos. Weite Teile der Region um die Hauptstadt Port-au-Prince lagen in Trümmern.
Das Ausmaß der Zerstörungen stellte die lokalen Behörden und die zahleichen internationalen Hilfsorganisationen vor enorme Herausforderungen. Nur wenige Tage nach dem Beben entsandte der ASB bereits ein erstes Helferteam in das Katastrophengebiet. Schwerpunkt der Hilfsmaßnahmen war die Küstenstadt Petit Goâve, die 60 Kilometer westlich der Hauptstadt Port-au-Prince liegt. Weite Teile der Stadt waren durch das Beben zerstört, die Strom- und Trinkwasserversorgung funktionierte nur eingeschränkt. In Petit Goâve wurde später auch das ASB-Länderbüro Haiti eingerichtet.
Hilfsgüter und medizinische Unterstützung für die Erdbebenopfer
Von Januar bis Juli 2010 verteilte der ASB Lebensmittel wie Mais, Reis, Sojabohnen und Speiseöl sowie andere Hilfsgüter an knapp 40.000 Menschen. In Port-au-Prince stellte der ASB zusätzlich 8,5 Tonnen Hygieneartikel für Familien und Babys bereit. Die Hilfsgüter wurden zusammen mit ADRA, einer Partnerorganisation im Bündnis Aktion Deutschland Hilft (ADH), an bedürftige Familien ausgeteilt. Vorrangig wurden Grundnahrungsmittel vor Ort gekauft, um die lokalen Erzeuger zu stärken. Zusätzlich versorgte der ASB in der Küstenstadt Petit-Goâve ein Waisenhaus und ein Kinderkrankenhaus mit Grundnahrungsmitteln, Betten und Matratzen. Weitere Lebensmittelverteilungen wurden dort in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchgeführt.
Medizinische Unterstützung
ASB-Helfer des Schnell-Einsatz-Teams FAST (First Assistance Samaritan Team) halfen in einem Feldkrankenhaus bei Fond Parisien nahe der dominikanisch-haitianischen Grenze bei der Nachversorgung von Schwerstverletzten und Patienten mit Amputationen. Dort übergaben sie außerdem orthopädische und chirurgische Geräte im Wert von 50.000 Euro.
Kampf gegen Ausbreitung der Cholera
Im Oktober 2010 brach in Haiti die Cholera aus. Innerhalb weniger Wochen starben mehr als 1.000 Menschen an der Seuche. Mitte November wurden etwa 18.000 Cholerakranke in Krankenhäusern und Ambulanzen behandelt, wobei die Zahl der Infizierten weitaus höher lag. Um die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser zu verbessern, installierte der ASB zwischen November 2010 und Februar 2011 in Mirebalais und Umgebung Filteranlagen. Die Maßnahme wurde zusammen mit der der ADH-Partnerorganisation arche noVa umgesetzt, sodass nun dauerhaft sauberes Trinkwasser für rund 4.000 Menschen bereitstand. Mit finanzieller Unterstützung durch das Auswärtige Amt konnten 12.000 Frauen, Kinder und ältere Menschen in Hygienemaßnahmen geschult werden.
Nach der Nothilfephase: Start des Wiederaufbaus
Nach dem Ende der Nothilfe-Phase standen die einheimischen und internationalen Helfer vor der Herausforderung, Strukturen nicht nur wieder aufbauen, sondern oft auch neu schaffen zu müssen. Wer darf wo sein Haus oder seine Wohnung wieder aufbauen, wie müssen die neuen Häuser beschaffen sein, um zukünftigen Erdbeben oder Wirbelstürmen besser standzuhalten, welche Sanitäranlagen sind beim Wiederaufbau unabdingbar, um dem Ausbruch von Krankheiten und gar Seuchen in Zukunft vorzubeugen? Diesen und vielen anderen Fragen stellte sich der ASB, getreu dem Motto „build back better" – besser wiederaufbauen.
Ein zentrales Thema dabei ist die Sicherung der Bauqualität, damit die Gebäude beim nächsten Sturm oder Erdbeben nicht wieder einstürzen. Deshalb schulte der ASB Maurer und Handwerker in katastrophensicherem Bauen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Auswahl der Baufläche. Haiti ist ein Land mit vielen Küsten und erosionsgefährdeten Berghängen. Die ASB-Mitarbeiter berieten daher die Bauherren, welches Gelände und welcher Untergrund sich für einen Bau am besten eigneten.
Auch Jahre nach dem Erdbeben lebten noch immer Menschen in Zeltlagern, ohne sauberes Trinkwasser und ohne sanitäre Anlagen. Zu den Familien in den Zeltlagern gehörten nicht nur Überlebende des Erdbebens. 2012 wurden tausende Menschen durch die Hurrikans Issac und Sandy obdachlos. Auch sie erhielten eine neue Unterkunft. Mitte 2014 konnte das letzte provisorische Lager der Region endlich geschlossen werden. Insgesamt baute der ASB Häuser für über 600 Familien.
Katastrophenvorsorge an Schulen
Um in den neu entstandenen Vierteln auch weitere Infrastruktur anzubieten, baute der ASB Grundschulen und weiterführende Schulen wieder auf. Mit Geldern von Aktion Deutschland Hilft und der Deutsche Bank Stiftung konnten sechs erdbeben- und sturmsichere Schulen gebaut werden. Hier findet nicht nur Schulunterricht statt, sie dienen auch als Notunterkunft für die Gemeindemitglieder, zum Beispiel im Falle eines Hurrikans.
Zusätzlich zu den normalen Schulfächern bieten vom ASB ausgebildete Hygienelehrer auch Unterricht zur Vorbeugung ansteckender Krankheiten an. Die Kinder lernen, dass sie sich vor dem Essen die Hände waschen müssen, wie sie verkeimtes Wasser richtig abkochen und welche Bedeutung die richtige Nutzung sanitärer Anlagen für die Gesundheit hat. Ihre neuen Kenntnisse tragen sie in ihre Familien weiter und werden so zu Multiplikatoren für die lebenswichtigen Gesundheitstipps.
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