9.000 Teilnehmer, mehr als 50 Staats- und Regierungschefs und eine Menge guter Vorsätze: Am 23. und 24. Mai 2016 fand in Istanbul der erste UN-Gipfel für humanitäre Hilfe statt. Das Ziel: Die Hilfe für Menschen in Not verbessern und die riesige Zahl der Betroffenen zu verringern.
Von Rahel Klein
Ein kleiner Glaskasten,vielleicht ein Mal zwei Meter breit, versteckt in einer Ecke auf dem riesigen Gelände des Istanbuler Kongress-Zentrums: Da sitzt er, Ban Ki-Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, und gibt ein Live-Interview, das auf Facebook übertragen wird. Eine kleine Menschentraube hat sich vor dem durchsichtigen Kasten gebildet, alle wollen einen kurzen Blick auf den so nahbar wirkenden Chef der UN erhaschen.
Er höchstpersönlich hat zu diesem Gipfel geladen: Dem ersten World Humanitarian Summit (WHS) überhaupt. Und Ban Ki-Moon erwartete Großes: Der Gipfel sollte als Wendepunkt auf dem Weg zu mehr humanitärer Solidarität in die Geschichte eingehen.
"Wie kann man Menschen in Zukunft schneller helfen?"
125 Millionen Menschen sind laut UN aktuell auf humanitäre Hilfe angewiesen – so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Um diese Zahl nachhaltig zu verringern, kamen Ende Mai mehr als 9.000 Menschen in Istanbul zusammen. Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt, mehr als 50 Staats- und Regierungschefs, Vertreter der UN und ein paar Hollywood-Stars wie Sean Penn oder Daniel Craig waren auch geladen. Zwei Tage, über 150 Reden und Diskussionsrunden und die eine Frage: Wie kann man Menschen in Not zukünftig schneller, nachhaltiger und effizienter helfen? „We must invest in humanity“, sagte Ban Ki-Moon zur Eröffnung des Gipfels.
Fast drei Jahre lang haben NGOs und Staaten dafür Committments – also Selbstverpflichtungen – erarbeitet, die nun beim WHS verabschiedet wurden. Eines der klaren Ziele hierbei: Prävention statt einfacher Reaktion auf menschliche Notlagen: „Wir erwarten von diesem Gipfel, dass die Weltgemeinschaft besser zusammenarbeitet“, sagte Bärbel Kofler, Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung beim WHS. „Wir dürfen nicht immer nur abwarten, bis eine Katastrophe passiert, sondern müssen im Vorfeld sehen: Hier kommen Schwierigkeiten und Probleme in Ländern auf uns zu, und denen müssen wir als Weltgemeinschaft begegnen“, so Kofler.
"Grand Bargains" wurde von mehr als 30 Staaten verabschiedet
Neben der Vorbeugung von Katastrophen stand ein weiterer Aspekt im Fokus des Gipfels: Die Verabschiedung des „Grand Bargains“, einer von mehr als 30 Staaten und Organisationen verabschiedeten Verpflichtung. Diese soll Hilfsgelder effizienter, transparenter und direkter an die Betroffenen verteilen. Dazu gehört auch, dass – wo es möglich ist – vermehrt Bargeld an Menschen in Not verteilt wird. Damit diese selbst entscheiden können, was sie am dringendsten brauchen und nicht durch internationale Helfer bevormundet werden. „Es geht um Würde“ – darin waren sich die Vertreter bei der Verabschiedung des neuen Projektes, an dem auch Deutschland beteiligt ist, einig.
Ob der Gipfel am Ende einen historischen Wendepunkt markieren wird? Die Frage wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen, wenn es darum geht, die Selbstverpflichtungen innerhalb der Länder und Organisationen auch umzusetzen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte beim Gipfel an, Deutschland werde seinen Beitrag zur humanitären Hilfe in diesem Jahr um weitere zehn Millionen Euro erhöhen. Die Tatsache allerdings, dass die deutsche Delegation um Kanzlerin Angela die einzige der G7-Staaten war, die beim WHS auf höchster Ebene vertreten war, kann UN-Chef Ban Ki-Moon nur enttäuscht haben.
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