Das Sphere-Projekt wurde im Jahr 1997 von humanitären Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ins Leben gerufen. Der Initiative haben sich mittlerweile mehrere hundert Hilfsorganisationen weltweit angeschlossen.
Das Sphere-Projekt: Entstehung und Ziele
Ziel des Sphere-Projekts ist es, die Qualität der Humanitären Hilfe zu verbessern und Rechenschaft abzulegen: gegenüber Spendern, institutionellen Geldgebern und den Begünstigten von Hilfsaktionen. Aktion Deutschland Hilft hat sich der Initiative im Mai 2008 angeschlossen und veranstaltet regelmäßig Sphere-Trainings für die Organisationen des Bündnisses.
Das Sphere-Projekt beinhaltet drei grundlegende Dinge:
- ein Handbuch
- ein breites Handlungsspektrum durch intensive Zusammenarbeit und
- eine ausdrückliche Verpflichtung zur Qualität und Rechenschaftspflicht
Das Sphere-Handbuch wurde 2018 neu aufgelegt. Es wurde durch Aktion Deutschland Hilft ins Deutsche übersetzt und ist seit Dezember 2019 verfügbar. Hier ist das deutsche Sphere-Handbuch, Ausgabe 2018, erhältlich.
Grundüberzeugung des Sphere-Projekts
Das Sphere-Projekt basiert auf zwei Grundüberzeugungen:
- Von einer Katastrophe oder einem Konflikt Betroffene haben das Recht auf ein Leben in Würde und daher ein Recht auf Hilfe
- Alle möglichen Schritte sollten unternommen werden, um menschliches Leid infolge einer Katastrophe oder eines Konflikts zu lindern
Wie ist das Sphere-Handbuch aufgebaut?
Das Handbuch ist das Kernstück des Projekts. Es ist ein allgemein anerkanntes Referenzwerk zur Verbesserung der Qualität in der Nothilfe. Das Sphere-Handbuch beinhaltet die Humanitäre Charta und legt Mindeststandards in den Kernbereichen der humanitären Nothilfe fest: Wasser-, Sanitär- und Hygienestandards (WASH), Nahrungsmittelsicherheit, Notunterkünfte und Existenzsicherung sowie Gesundheitsversorgung.
Teil 1: Die Humanitäre Charta
Der erste Teil des Handbuchs beinhaltet die Humanitäre Charta. Sie bildet den ethisch-moralischen Rahmen des Sphere-Projekts. Die Charta ist ein Leitfaden für Hilfsorganisationen und basiert auf den Genfer Konventionen, dem Menschenrechtsabkommen, dem Code of Conduct und dem Internationalen Flüchtlingsrecht. Sie beruht auf dem Grundsatz der Menschlichkeit und dem Humanitären Imperativ und umfasst das Recht auf ein Leben in Würde, das Recht auf Humanitäre Hilfe und das Recht auf Schutz und Sicherheit.
Teil 2: Mindeststandards in der Humanitären Hilfe
Im zweiten Teil werden die überlebensnotwendigen Mindeststandards der Humanitären Hilfe definiert:
- Wasser-, Sanitärversorgung und Hygieneaufklärung
- Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung
- Notunterkünfte
- Ansiedelung
- Non-Food-Items
- Gesundheitsmaßnahmen
Schlüsselaktivitäten, Schlüsselindikatoren und Richtlinien erläutern, wie Mindeststandards in der Humanitären Hilfe erfüllt werden können. Querschnittsbereiche wie Umweltthemen, die psychosoziale Unterstützung von Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderung sowie die Gefährdung durch HIV und AIDS fließen im Rahmen der Katastrophenvorsorge in das Sphere-Handbuch ein.
Beispiel: Wie funktioniert Sphere?
Von der Theorie zur Praxis: Wie setzen humanitäre Helfer die Richtlinien aus dem Sphere-Handbuch in die Praxis um?
Zunächst wird ein Mindeststandard definiert: "Alle Menschen verfügen über einen sicheren und gleichberechtigten Zugang zu einer ausreichenden Menge an Wasser zum Trinken, Kochen und für die Körper- und Haushaltshygiene. Die öffentlichen Wasserentnahmestellen liegen nahe genug an den Haushalten, sodass sie ihren Mindestbedarf decken können."
Zum Erreichen dieses Standards werden verschiedene Aktivitäten genannt, die als Schlüsselaktivitäten bezeichnet werden, etwa:
- "Eine geeignete Wasserquelle für die Situation identifizieren, wobei die Menge und die Umweltbelastung für die Quelle berücksichtigt werden."
- "Wasser priorisieren und bereitstellen, um den Bedarf der betroffenen Bevölkerung zu decken."
Schlüsselindikatoren zeigen an, ob ein Standard erreicht wurde:
- "Der durchschnittliche Wasserverbrauch zum Trinken, Kochen und für die Körperhygiene pro Haushalt beträgt mindestens 15 Liter pro Person und Tag."
- "Die maximale Entfernung zwischen jedem Haushalt und der nächstgelegenen Wasserentnahmestelle beträgt 500 Meter."
Die Richtlinien geben an, was bei den Schlüsselaktivitäten und Schlüsselindikatoren zu beachten ist. Es handelt sich dabei nicht um starre Werte: Die Maßnahmen müssen im Kontext des jeweiligen Landes betrachtet werden.
Bei der Wasserversorgung wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass die benötigte Wassermenge mit dem Klima variiert und verschiedene Personengruppen unterschiedliche Wassermengen benötigen. Kranke Menschen etwa benötigen häufig mehr Wasser als Gesunde.