Ob Cash, Gutschein oder Kleinkredit: Die bargeldbasierte Unterstützung (Cash-based Assistance, CBA) für Menschen nach Naturkatastrophen, in Krisengebieten und anderen humanitären Notsituationen ist in der humanitären Hilfe von großer Bedeutung.
Monetäre und nicht-monetäre Unterstützung für Menschen in Not
Neben nicht-monetärer Unterstützung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser oder Hygieneartikeln ermöglichen finanzielle Angebote Menschen in Notsituationen, sich und ihre Familien selbstbestimmt, angepasst und würdevoll mit dem Nötigsten zu versorgen.
Hilfspakete, wie sie auch Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft in humanitären Krisengebieten verteilen, sind oftmals (lebens-)notwendig. Manchmal gibt es allerdings Situationen, in denen finanzielle Unterstützung einen Mehrwert darstellt. Diese Hilfen können zum Beispiel die spezifischen Bedürfnisse aller Haushalte oder Haushaltsmitglieder besser decken als ein Hilfspaket, das nicht individuell zusammengestellt werden kann. Finanzielle Hilfen sind oft eine sinnvolle Ergänzung zu anderen humanitären Maßnahmen.
Formen von finanzieller Unterstützung in der humanitären Hilfe
Es wird zwischen bedingungsloser Bargeldhilfe (unconditional cash), zweckgebundener Bargeldhilfe (conditional cash) und Gutscheinen/Voucher unterschieden. Wesentlich ist, vorab die Zielgruppen zu bestimmen und zu entscheiden, welche Form der Hilfe zur Verfügung gestellt wird. Die Daten der Empfänger:innen werden registriert, um unter anderem sicherzustellen, dass es nicht zu Doppelauszahlungen kommt.
Die Verteilung von Bargeld ist eine bewährte Maßnahme in der humanitären Hilfe. Etwa, wenn in Katastrophensituationen Bankautomaten oder Bankdienste nicht mehr funktionieren, können sich Menschen in Not mit dem Geld selbst versorgen und die Dinge kaufen, die sie für ihren täglichen Bedarf benötigen.
Für Bargeldverteilungen gibt es feste Anlaufstellen, die die Menschen aufsuchen können. Diese Verteilungen werden immer sorgfältig geplant und durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Hilfe effektiv, sicher und zielgerichtet ist.
In den vergangenen Jahren haben sich neue technologische Möglichkeiten ergeben: Auch mobiles Banking, elektronische Gutscheine oder Prepaid-Bankkarten werden eingesetzt, um Menschen in Not finanziell zu unterstützen.
Gutscheine oder Voucher sind eine weitere Form der Bargeldhilfe. Menschen können sie in lokalen Geschäften oder bei Händlern gegen Lebensmittel, Trinkwasser oder Hygieneartikel wie Seife und Windeln eintauschen.
Unter Cash-for-Work versteht man, dass Menschen für eine geleistete Tätigkeit entlohnt werden. Diese Maßnahmen unterstützen jedoch nicht nur Einzelpersonen, oft sind ganze lokale Gemeinden – Frauen und Männer – beteiligt.
Außerdem dienen die Jobs, für die die Menschen bezahlt werden, häufig der Gemeinschaft. Beispiele: Abfallentsorgung und Recycling sowie Bauarbeiten an Schulen, Straßen und Kanälen. Das Gehalt orientiert sich an dem im jeweiligen Land üblichen Mindestlohn.
Mikrokredite sind Kleinkredite, die zum Beispiel an Landwirt:innen oder Handwerker:innen vergeben werden, die keinen Zugang zu traditionellen Bankkrediten haben. Kreditgeber sind in der Regel spezialisierte Finanzdienstleister und nichtstaatliche Organisationen.
Diese Kredite – in der Regel einige hundert Euro – haben zum Ziel, die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Menschen nachhaltig zu unterstützen. Nachdem sich die Menschen mit dem Geld beispielsweise Nutztiere oder eine Nähmaschine angeschafft haben, haben sie die Chance, ein Einkommen zu erzielen. Langfristig können Mikrokredite dazu beitragen, Armut zu lindern und die Wirtschaft einer Region zu stärken.
Auch Spargruppen sind eine Möglichkeit, lokale Unternehmer:innen zu stärken und bei der Bewältigung von Krisen zu unterstützen. Die Mitglieder, beispielsweise mehrere Familien, sparen gemeinsam über einen gewissen Zeitraum Geld an. Die Erfahrung zeigt: Menschen, die in Spargruppen aktiv sind, haben zum Beispiel eher Reserven, um Preissteigerungen bei Konsumgütern zu verkraften.
Übergangslösung oder Zukunftsperspektive
Manchmal sind die finanziellen Hilfen Übergangslösungen – etwa, wenn nach einem Erdbeben die Bankautomaten nicht mehr funktionieren. Manchmal sind sie aber auch eine Möglichkeit für Menschen, sich nachhaltig unabhängig von anderen Formen der Unterstützung zu machen. Das ist zum Beispiel bei Mikrokrediten, Spargruppen oder Cash-for-Work der Fall.
Die Vorteile dieser Hilfsformen sind vielfältig: Die Menschen in Krisengebieten sind mehr als passive Hilfsempfänger:innen. Sie können würdevoll und selbstbestimmt ihr Leben organisieren und behalten bzw. erreichen dadurch mehr Unabhängigkeit.
Unterstützung für die lokalen Märkte
Außerdem werden durch Bargeldhilfe oder Gutscheine lokale Märkte gestärkt, indem die Menschen mit dem in Geschäften oder bei Händlern vor Ort direkt Produkte einkaufen können. Der Schock für die Wirtschaft, der mit Katastrophen häufig einhergeht, wird gemildert.
Und: Anders als bei Hilfsgütern wie Nahrungsmittelpaketen, Zelten und Matratzen oder Hygieneprodukten und Medikamenten, ist der logistische Aufwand bei finanziellen Hilfsmaßnahmen sehr viel geringer. Es sind weder LKW noch Zollgebühren oder Lagerhallen nötig. Für Bargeldverteilungen beispielsweise gibt es feste Anlaufstellen, die die Menschen aufsuchen können.
Hilfe muss zu Bedürfnissen der Menschen passen
Egal, welche Art der finanziellen Unterstützung – ob Cash-for-Work oder Bargeldverteilung: Die Hilfsmaßnahmen müssen jeweils zu den Bedürfnissen den Menschen und der Lage vor Ort passen. Im Katastrophenfall prüfen Hilfsorganisationen in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, was die Bedarfe der Menschen sind und wie sie am besten unterstützt werden können.
Bei dieser Bewertung (dem sogenannten Assessment) prüfen Hilfsorganisationen unter anderem, welche staatlichen Hilfsstrukturen bereits bestehen, ob lokale Märkte funktionieren, welche Personengruppen am dringendsten Hilfe benötigen und wie die lokale Bevölkerung einbezogen werden kann. Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend dafür, ob monetäre oder nicht-monetäre Hilfe geleistet wird.
Quellen: BMZ, GIZ, Malteser International, World Vision, WVI (Juli 2024)