Er gilt als der „Banker der Armen“: Der Bangladeschi Muhammad Yunus bemüht sich mit seiner „Grameen Bank“ seit langem um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von unten. Doch den Ansatz der Mikrofinanzierung vertritt natürlich längst nicht nur der Friedensnobelpreisträger von 2006: Weltweit operiert eine Vielzahl der so genannten Mikrofinanzinsitute (MFI).
Auch Mitgliedsorganisationen von Aktion Deutschland Hilft, wie World Vision, CARE Deutschland-Luxemburg, AWO International oder Malteser International sind auf diesem Feld aktiv und betrachten diese Interpretation der bewährten Strategie „Hilfe zur Selbsthilfe“ als effektives Instrument zur nachhaltigen Bekämpfung von Armut in Entwicklungsländern.
„Die meisten Armen sind nicht durch Passivität oder Dummheit arm geworden“, sagt Yunus. „Es sind häufig die Rahmenbedingungen, die Menschen in die Armut treiben.“ Der tägliche Überlebenskampf habe aber oftmals die innovativen Fähigkeiten der Betroffenen geschult. Muhammad Yunus’ „Grameen Bank“ beweist bereits seit den 70er Jahren, dass die Vergabe von Kleinstkrediten an Arme in der Region von Bangladesch nicht nur Wohltätigkeit ist, sondern auch aus ökonomischer Sicht funktioniert. So liegt die Rückzahlungsquote der Kleinkredite bei durchschnittlich 98 Prozent. Hilfsorganisationen mit einer rein karikativen Zielsetzung bemühen sich, Einkommen schaffende Maßnahmen, Wiederaufbau nach Naturkatastrophen, Schaffung von Infrastruktur und nachhaltiger dörflicher Entwicklung auch in Sachen Gesundheit und Bildung mit der Vergabe von Mikrokrediten zu kombinieren.
Die Erfahrung zeigt, dass Projekte unter Eigenleistung der Bewohner auch auf lange Sicht besonders erfolgreich sind: „Nicht für die Bevölkerung, sondern mit ihr“, bringt Wiltrud Gutsmiedl, Referentin für Afghanistan und Indonesien bei Malteser International, die Zielsetzung auf den Punkt. Die Rückzahlungen der Mikrokredite fließen beispielsweise bei Malteser-Projekten in der indonesischen Provinz Aceh in einen revolvierenden Fonds, der von der Gruppe selbst verwaltet wird.
Bei World Vision werden die Tätigkeitsbereiche auf diesem Gebiet folgendermaßen definiert:
- Mikrokredite: Vergabe von kleinen Krediten, eigentliches Spezialisierungsfeld der Mikrofinanzinstitutionen.
- Mikrofinanzierung: Zusätzlich zu Krediten werden andere Finanzdienstleistungen wie Leasing, Sparen und Versicherungen angeboten.
- Kleingewerbeförderung: Weitere Dienstleistungen wie die Vermittlung von handwerklichen, technischen und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen und der Zugang zu Informationen und Märkten werden den Kreditnehmern zur Verfügung gestellt.
Dieser integrierte Ansatz und eine lange Vertrautheit mit den Zielgruppen ermöglicht es, Kredite gezielt im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen wie Förderung der Landwirtschaft, Berufsausbildung oder Hausbau einzusetzen. So wird wirtschaftliches Potenzial mobilisiert, damit arme Bevölkerungsgruppen ihre Selbsthilfekräfte entwickeln.
Vertrauen statt Verträge
Das konkrete Ziel der Vergabe von Mikrokrediten ist zunächst die Schaffung einer Arbeitsgrundlage. Durch den Erwerb einer Kuh, Weiden für das Korbflechten, einer Ladengrundausstattung oder einer Nähmaschine werden Arme erst in die Lage versetzt, Einkommen zu erzielen. Je nach Land und Region werden Sektoren wie Bäckerei, Fischzucht, Nähgruppen, Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln, Kunsthandwerk, Schreinerei, Gartenbau, Blumenhandel, Seilherstellung, Gewinnung von Muschelkalk oder Metallverarbeitung angekurbelt. So gehören zur Zielgruppe dieser Maßnahmen unter anderem Bauern oder Handwerker.
Empowerment von Frauen
Seit Jahren hat sich die These verfestigt, dass Frauen die zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, mit dem geliehenen Geld gewissenhaft umzugehen, es zurückzuzahlen und zu investieren. Die Strategie „Kredite für Frauen“ zahlt sich aus – das beweisen Studien. AWO International kann den positiven Effekt beispielsweise in ihrem Schwerpunktprojekt der Frauenförderung im chilenischen Lota in jeder Hinsicht bestätigen. Frauen sind es, die mit den erzielten Gewinnen für bessere Bildung und Gesundheit ihrer Familien sorgen und mit der neu gewonnenen Autonomie an Selbstbewusstsein gewinnen.
Die selbstbestimmte Rolle in der Gesellschaft führt zu mehr Respekt und gibt ihnen die Würde zurück, die ihnen in manchen Gesellschaften zuvor traditionell nicht zugestanden wurde. Aus übergeordneter Sicht erlangt die Bevölkerung Hoffnung, das Leben aktiv zu gestalten und es eröffnen sich neue Perspektiven für die Zukunft. Kinder erhalten Zugang zu besserer Nahrung und Gesundheitsversorgung und Chancen zur Bildung.
Dies greift in direkter Weise auf die von den Vereinten Nationen festgelegten „Milleniumsentwicklungsziele“ über, die im Jahr 2000 von 191 Staaten unterzeichnet wurden und bis 2015 realisiert sein sollen. Die UN sieht die Mikrofinanzierung als wichtiges Mittel zur Erreichung dieser Ziele, zu denen neben der Beseitigung von Armut und extremem Hunger auch die Bekämpfung von Aids und die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit zählt. So hat beispielsweise World Vision in einzelnen Projekten die Verknüpfung von Kleinkreditprogrammen mit der Aidsprävention angestoßen. Im Rahmen des Schwerpunktprojektes „FITSE“ in Malawi werden Kreditnehmer gleichzeitig als Multiplikatoren für die Aidsaufklärung geschult – und Kranken wird ein würdigeres Leben ermöglicht.
Kein Allheilmittel
„Ein Kleindarlehen kann eine Familie verändern, mehrere können ein Dorf stärken, Tausende können ein Wirtschaftssystem transformieren” (Year of Microcredit 2005; die UN rief 2005 als Jahr des Kleinkredits aus, um die Bedeutung von Mikrofinanzierung als Mittel zur Armutsbekämpfung zu unterstreichen). Dies ist ein hehres Ziel, aber sicher ist auch, dass Mikrofinanzierung kein Allheilmittel sein kann als Schlüssel zu einer besseren Welt.
Ohne Zweifel hilft die Bereitstellung von Kapital für Einkommen schaffende Maßnahmen: der Umgang mit Geld wird erlernt, die Eigenverantwortung wird gefördert und die soziale Aufwertung wird erreicht. Bei allen Erfolgen und Visionen sieht aber auch Muhammad Yunus die Grenzen: „Die Gesellschaft ist noch nicht so, dass der Mensch sein positives Potenzial entfalten kann.“ So trifft nach Ansicht von Experten teilweise auch jene Kritik zu, dass die Ärmsten der Armen, die Arbeitsunfähigen und Kranken durch Mikrofinanzierung nicht erreicht werden.
Diese Lücke muss durch strukturelle Maßnahmen geschlossen werden. Eine Verbesserung der demokratischen Rahmenbedingungen sowie gezielte Programme der Armutsbekämpfung (Bildung, Gesundheit, Zugang zu sauberem Trinkwasser, Schulen, Förderung der Wirtschaft usw.) sind essenzielle Faktoren für die nachhaltige Bekämpfung von Armut.
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