von Aktion Deutschland Hilft
Ab dem 15. Jahrhundert besetzten Großmächte aus Europa Gebiete und Länder auf anderen Kontinenten. Über Jahrhunderte hinweg prägte der Kolonialismus die Welt – und noch heute gibt es beträchtliche Auswirkungen. Was Kolonialismus ist, was seine Folgen sind und wie er mit der humanitären Hilfe zusammenhängt, erfahren Sie hier!
Kolonialismus: Hintergründe und Fakten
Kurz erklärt: Was ist Kolonialismus?
Humanitäre Hilfe und Kolonialismus
Rassismus und Kolonialismus
Ursachen und Motive für die Enstehung des Kolonialismus
Nachwirkungen des Kolonialismus und Postkolonialismus
Definition: Was ist Kolonialismus?
Kolonialismus beschreibt den Vorgang, wenn Staaten Gebiete außerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen erobern, besetzen und kontrollieren – also kolonialisieren. Häufig geschehen ist das durch militärische Eroberungen.
Im 15. Jahrhundert begannen Portugal und Spanien mit der Eroberung fremder Gebiete, andere europäische Staaten zogen nach. Seinen Höhepunkt hatte der Kolonialismus im 19. und 20. Jahrhundert, als weite Teile von Afrika und Asien unter der Besatzung europäischer Großmächte standen.
Die Besatzungsmächte beuteten die kolonialisierten Gebiete häufig aus, versklavten die Bevölkerung und übernahmen die politische Kontrolle – auch um Gesellschaften nach den Vorstellungen ihrer eigenen Werte aufzubauen. All das war verbunden mit blutigen Konflikten und tiefgreifenden Veränderungen in den Kulturen der besetzten Gebiete, zum Beispiel bei den Sprachen und Religionen.
Das Ende der Kolonien, also die Dekolonialisierung, fand nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs statt.
Humanitäre Hilfe und Kolonialismus
Der Zusammenhang zwischen der humanitären Hilfe und dem Kolonialismus ist komplex – und an vielen Stellen nicht unumstritten. Fakt ist: Die Entwicklungshilfe wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, also zur Dekolonialisierung, auf- beziehungsweise ausgebaut.
Man könnte aber argumentieren, dass der Kolonialismus Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe überhaupt erst notwendig gemacht hat.
Wie unser Bündnis sich hinterfragt
Wichtig ist: Humanitäre Hilfe, also der Hilfseinsatz in Krisen- und Katastrophengebieten für Menschen in Not, wird von verschiedenen Akteur:innen geleistet – von karitativen Stiftungen, Staaten und Hilfsorganisationen. Auch von Aktion Deutschland Hilft, Bündnis von mehr als 20 Hilfsorganisationen.
Für unser Bündnis bedeutet das, unsere Arbeit im sogenannten Globalen Süden kritisch zu hinterfragen und im engen Austausch mit der lokalen Bevölkerung, den Behörden sowie Partnerorganisationen vor Ort zu sein.
White Saviorism: Nicht die Realität
Denn: Es ist in der Regel nicht der oder die weiße, deutschsprachige Helfer oder Helferin (auch als White Savior bezeichnet), der oder die im Katastrophenfall in ein afrikanisches, asiatisches oder zentralamerikanisches Land fliegt und den Menschen hilft. Es sind die Helfer:innen vor Ort, die in der Region aufgewachsen sind oder leben und jeden Tag im Einsatz sind. Sie wissen, was gebraucht wird, wo es gebraucht wird und wie Hilfe am besten ankommt.
Das Stichwort lautet: Lokalisierung. Das bedeutet, die enorme Wichtigkeit von den Helfer:innen vor Ort zu verstehen, anzuerkennen und zu kommunizieren. Denn ohne sie könnten Hilfsorganisationen aus dem sogenannten Globalen Norden nicht arbeiten.
Es bedeutet auch, Entscheidungen in die Hände lokaler Akteur:innen zu legen und auf Augenhöhe zu agieren. Und immer wieder: strukturelle Ungerechtigkeiten bekämpfen, Abhängigkeiten erkennen und die koloniale Vergangenheit bedenken.
Imperialismus ist ein breit angelegter Begriff. Kurz gesagt geht es Imperialisten darum, die eigene Macht auszudehnen, Imperien aufzubauen und Einfluss auf möglichst viele Gebiete zu haben. Die Mittel, um das zu erreichen, sind vielfältig – sie reichen von politischer Einflussnahme, wirtschaftlicher Dominanz bis hin zur Kolonisierung möglichst großer Gebiete.
Das heißt: Kolonialismus kann als Unterform oder als Machtinstrument des Imperialismus verstanden werden.
Kolonialismus kann in fünf Phasen aufgeteilt werden:
- 15. bis 19. Jahrhundert: Eroberung fremder Gebiete durch Portugal und Frankreich
- Ab dem 17. Jahrhundert: auch England, Frankreich und die Niederlande eroberten Teile der Welt
- Im 19. Jahrhundert machten sich die Großmächte den afrikanischen Kontinent zu eigen – unter ihnen auch Deutschland
- Ab dem 18. Jahrhundert erkämpften amerikanische und karibische Kolonien ihre Unabhängigkeit
- Eine weitreichende Dekolonisierung fand erst nach dem Zweiten Weltkrieg statt
Ende des 19. Jahrhunderts annektierte Deutschland Kolonien in Afrika und Asien. Im Jahr 1914 war Deutschland (nach der Fläche betrachtet) die drittgrößte Kolonialmacht auf der Erde – nach Großbritannien und Frankreich.
Die Kolonien umfassten unter anderem Teile der heutigen Länder Burundi, Ruanda, Tansania, Namibia, Kamerun, Togo, China und Papua-Neuguinea. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland seine besetzten Gebiete an andere Kolonialmächte abgeben.
Rassismus und Kolonialismus – von der Kolonialzeit bis heute
Rassismus ist auch als koloniales Erbe zu verstehen, also als eine der Nachwirkungen der Kolonialzeit bis heute. Denn der Kolonialisierung liegt ein zutiefst rassistisches Weltbild zugrunde: die sich überlegen fühlenden Menschen aus dem sogenannten Globalen Norden, die die Bevölkerung in anderen Teilen der Welt "zivilisieren".
Unterschiede wurden verstärkt
In Wahrheit zwangen die Kolonialmächte den Menschen in den eroberten Gebieten ihre Sprache, Religion und ihre Ideen einer Gesellschaft auf. Sie zogen willkürlich Ländergrenzen. All das taten die Kolonialmächte, obwohl es überhaupt nicht zu der Bevölkerung, ihren Leben und ihrer Art, sich zu organisieren, passte.
Ein Beispiel: Kolonialherren stellten mitunter ethnische Unterschiede zwischen lokalen Gemeinschaften deutlicher heraus und verstärkten sie – sodass Menschen plötzlich miteinander verfeindet waren und blutige Konflikte austrugen. So geschah es beispielweise 1994 in der ehemaligen Kolonie Ruanda zwischen den Hutu und Tutsi.
Ursachen und Motive für die Entstehung des Kolonialismus
Treibende Kräfte für die europäischen Großmächte waren das Streben nach Macht, Dominanz und Geld. Man witterte die Chance auf Ressourcen wie Kaffee, Tabak, Gewürze und Früchte in der sogenannten neuen Welt. Im 19. Jahrhundert entbrannte ein regelrechter Wettstreit um Kolonien – je mehr Gebiete sie ihr eigen nannten, desto besser und mächtiger kamen sich die Herrschenden vor.
Das Ergebnis: Die Kolonialmächte brachten weite Teile der Welt unter ihre Kontrolle und teilten sie untereinander auf, um sie auszubeuten.
Auch mit entdeckerischer Neugier, technologischem Fortschritt und mit kultureller Überlegenheit wurde die Eroberung von fremden Gebieten und die Unterdrückung der Menschen, die dort lebten, gerechtfertigt.
Kurz: Die Ursachen für Kolonialisierung sind äußerst vielschichtig. Eine weitreichende Folge lässt sich hingegen einfach benennen: die Auswirkungen des Kolonialismus auf die Bevölkerung und deren Heimat. Sie waren enorm – und dauern zum Teil bis heute an.
Zu Europa gehören 47 Länder.
Die Begriffe Globaler Norden und Globaler Süden sollen die Situation von Ländern möglichst wertfrei beschreiben. Sie treten dabei an die Stelle von häufig genutzten Begriffen wie Schwellenland, Entwicklungsland oder gar Dritte Welt. Beim Globalen Norden und Globalen Süden geht es weniger um eine geografische Zugehörigkeit der jeweiligen Länder als vielmehr um eine Einordnung: Ist der Staat politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich benachteiligt oder privilegiert? So zählen Australien und Neuseeland zum Globalen Norden, Afghanistan beispielsweise zum Globalen Süden.
Nachwirkungen des Kolonialismus und Postkolonialismus
Die einzelnen kolonialen Schicksale von Kindern, Frauen und Männern sind so individuell wie die einzelnen Länder und somit sehr unterschiedlich. Die Folgen und Auswirkungen, die hier genannt werden, sind exemplarisch und umreißen nur grob, was die Zeit nach dem Kolonialismus ausmacht.
Die Folgen reichen von politischer und wirtschaftlicher Instabilität bis hin zu instabilen Regierungen und einem tiefen Misstrauen der Bevölkerungen gegenüber dem Staat, der ja nach dem Vorbild des Kolonialherren aufgebaut worden ist und damals Werkzeug der Unterdrückung war.
Abhängigkeiten zwischen Globalem Süden und Globalem Norden bestehen nach wie vor
Zurück blieben, meistens nach jahrelangen Unabhängigkeitsbestrebungen, häufig zergliederte Gesellschaften – trotz großer Hoffnungen in die Zukunft.
Unabhängige politische Systeme mussten erst geschaffen und von den Menschen anerkannt werden. Die Bevölkerung war häufig gespalten zwischen Nachfahren von Sklaven und Sklavinnen, der indigenen Bevölkerung und Nachkommen von europäischen Siedler:innen. Abhängigkeiten und ausbeuterische Strukturen bestehen oftmals nach wie vor.
So sind viele Produkte speziell vom afrikanischen Kontinent nach wie vor auf den Export ausgelegt, nicht auf die eigene Versorgung oder die eigene Weiterverarbeitung im Land. Oftmals fehlt es auch an eigener Industrie.
Quellen: Bundeszentrale für politische Bildung, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Forschung & Lehre, GEO – das Wissensmagazin, VENRO (Stand 12/2023)
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