von Aktion Deutschland Hilft
Konflikte, Klimawandel, Corona: Krisen werden immer komplexer. Auch die weltweite Nothilfe verändert sich und braucht angepasste Strategien. Wie humanitäre Hilfe sich wandelt, welche Gründe das hat und warum das Bündnis Aktion Deutschland Hilft mit Ihrer Unterstützung jetzt noch stärker auf Vorsorge setzt, lesen Sie hier!
- Rückblick: Geschichte der humanitären Hilfe
- Humanitäre Hilfe: Fragen und Antworten
- Ausblick: Warum Nothilfe und Katastrophenvorsorge zusammengehören
- Zahlen & Fakten: Klimawandel und Katastrophenvorsorge
Rückblick: Geschichte der humanitären Hilfe
Im 19. Jahrhundert erlebt der Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant die Folgen der grausamen Schlacht von Solferino im Sardinischen Krieg. In einer kleinen Stadt südlich des Gardasees versucht er, das Leid der Verletzten zu lindern – und entdeckt seine Mission: Er möchte "den Krieg menschlicher machen".
In seinem 1862 veröffentlichten Buch "Eine Erinnerung an Solferino" beschreibt er das Grauen des Krieges und entwirft den Plan für ein internationales Hilfswerk. Darin bilden Freiwillige die tragende Basis; Europas Regierungen unterstützen.
Die Grundlage des Genfer Abkommens
Dunant lässt das Buch auf eigene Kosten drucken und verschickt es an Bekannte, wohltätige Organisationen, ausländische Militärs und Regierungen. Mit Erfolg: Das Werk trägt maßgeblich zur Entstehung des Roten Kreuzes sowie des Genfer Abkommens bei, dem Kernstück des humanitären Völkerrechts.
Bis heute haben 194 Staaten das Genfer Abkommen anerkannt. Unter anderem legt es fest, dass in bewaffneten Konflikten zwischen Kämpfenden und Zivilisten unterschieden werden soll. Es verbietet Waffen wie Streubomben, die unnötiges Leiden und schwere Schäden der Natur verursachen. Und es fordert, dass geschützte Kinder und Erwachsene unter allen Umständen mit Menschlichkeit, ohne Unterscheidung von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Glauben, Geschlecht behandelt werden.
Humanitäre Hilfe: Fragen und Antworten
Humanitäre Hilfe ist schnelle Überlebenshilfe für Menschen, die sich aus einer akuten Notlage nicht selbst befreien können. Auslöser der Not können sein: Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis oder Wirbelstürme; Hungerkatastrophen, Kriege oder Flucht.
Im Vordergrund der humanitären Hilfe stehen die Sicherung der Grundbedürfnisse und die Linderung menschlichen Leids. Die Nothilfe wird von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen durchgeführt und finanziert.
Nach dem humanitären Imperativ hat jeder hat das Recht, humanitäre Hilfe zu erhalten oder zu gewähren. Humanitäre Hilfe erfolgt nach den Prinzipien der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit.
Humanitäre Hilfe darf sich nicht politisch instrumentalisieren lassen. Herkunft und Religion der Menschen dürfen keine Rolle spielen; ausschlaggebend ist alleine der Bedarf an Hilfe.
Mehr Infos rund um humanitäre Hilfe finden Sie in unserem Glossar.
Traditionell setzt humanitäre Hilfe erst nach der Katastrophe ein. Heute leisten humanitäre Helfer:innen zunehmend vorausschauende Hilfe.
Erdbebensicheres Bauen, Evakuierungswege oder dürreresistentes Saatgut können Leid verhindern, bevor es geschieht. Und dank technischer Errungenschaften können Risiken wie Stürme oder Dürren genauer errechnet werden.
Katastrophenvorsorge ist effizient: Die Nothilfe und der Wiederaufbau nach einer Katastrophe sind meist deutlich teurer als das Umsetzen vorausschauender Hilfsprojekte.
Nach großen Katastrophen ist schnelle Hilfe für die Überlebenden dringend notwendig. Zum Beispiel nach Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis oder Wirbelstürmen.
Auch während eines gesundheitlichen Notstands wie der Corona-Pandemie oder der Ebola-Epidemie stehen Hilfsorganisationen Familien weltweit zur Seite. Zunehmend wichtig ist außerdem die humanitäre Hilfe für Geflüchtete.
Für humanitäre Hilfseinsätze muss der betroffene Staat ein internationales Hilfegesuch erlassen. Eine humanitäre Intervention ist etwas anderes. Für die Entsendung von bewaffneten Truppen in Konfliktgebiete etwa zur Friedenssicherung ist ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates erforderlich.
Bei der humanitären Hilfe geht es darum, kurz- bis mittelfristige menschliches Leid zu lindern: durch medizinische Versorgung, die Sicherstellung von Trinkwasser und die Verteilung von Nahrungsmitteln, Zelten und Decken.
Wasser- Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt. Auch Hilfslieferungen in Kriegsgebiete über festgelegte Transportwege fallen in den Bereich der humanitären Hilfe.
Grundregeln der meisten humanitären Hilfsorganisationen ist die Unparteilichkeit und Neutralität. Die Hilfe wird nach festen Vorgaben wie den Sphere-Standards umgesetzt; Projekte unterliegen strengen Kontrollen und Finanzprüfungen.
Weltweit gibt es internationale und nationale Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten. Die Vereinten Nationen haben mit OCHA ein Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten eingerichtet. Die Europäische Union leistet über ihr Amt für humanitäre Hilfe (ECHO) wesentliche Beiträge. In Deutschland ist das Auswärtige Amt für die humanitäre Hilfe zuständig; die amerikanische Behörde heißt USAID.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche nichtstaatliche Organisationen und internationale Netzwerke. Im Bündnis Aktion Deutschland Hilft haben sich mehr als 20 Hilfsorganisationen zusammengeschlossen, um gemeinsam zu helfen.
Im Jahr 2022 brauchen weltweit 274 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Das sind rund 24 Millionen mehr als im Vorjahr. Der Anstieg lässt sich auf vermehrte globale Instabilitäten und Vertreibungen zurückführen. Die Mittel der Geberländer waren erstmalig deutlich höher.
Diese Staaten haben 2022 am meisten Geld für humanitäre Hilfe gegeben:
Land | in Mil. US-Dollar |
---|---|
USA | 15 |
Türkei | 7,2 |
Deutschland | 5,3 |
EU-Institutionen | 4,1 |
Japan | 2,1 |
Vereinigtes Königreich | 1,7 |
Schweden | 1,2 |
Kanada | 1,1 |
Norwegen | 0,9 |
Niederlande | 0,8 |
Quelle: Statista (Stand: 09/2023; die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2022)
Humanitäre Hilfe zielt kurzfristig darauf ab, das Überleben von Menschen nach großen Katastrophen oder während gewalttätiger Konflikte zu sichern. Entwicklungszusammenarbeit will die Lebensbedingungen nachhaltig verbessern, damit Menschen ihr Leben eigenverantwortlich gestalten können. Diese Hilfsmaßnahmen greifen sehr oft ineinander.
Der Begriff Entwicklungszusammenarbeit hat den Begriff der Entwicklungshilfe abgelöst.
Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge werden in allen Phasen der Hilfe durchgeführt, um die Bevölkerung in Risikogebieten auf Katastrophen vorzubereiten. Das verhindert Leid, noch bevor es geschieht.
Ausblick: Warum Nothilfe und Katastrophenvorsorge zusammengehören
Leid lindern und Leben retten – das ist Aufgabe und Ziel vieler Hilfsorganisationen weltweit. Doch es braucht mehr als Nothilfe. Es braucht humanitäre Hilfe, die vorausschauend handelt.
"Notlagen, in denen Betroffene und Helfer:innen die Folgen von nur einer Katastrophe oder Krise bewältigen müssen, gibt es eigentlich nicht mehr. Wir setzen daher noch mehr auf vorausschauende Strategien und vorsorgende Maßnahmen", sagt Manuela Roßbach, geschäftsführende Vorständin von Aktion Deutschland Hilft.
In Zeiten des Klimawandels und steigender Extremwetterereignisse ist Katastrophenvorsorge wichtiger denn je. Schon heute bedrohen der steigende Meeresspiegel und die Folgen von Dürren die Existenzen von Millionen Menschen. Auch Wirbelstürme und ihre unberechenbaren Auswirkungen werden häufiger.
Und welche langfristen Konsequenzen die Corona-Pandemie für Kinder, Frauen und Männer haben wird, ist noch nicht abzusehen.
Nothilfe unseres Bündnisses geht weiter
Katastrophenvorsorge wird wichtiger. Gleichzeitig wird Aktion Deutschland Hilft weiterhin nach großen Katastrophen helfen: mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten; mit Notunterkünften und Hygienemaßnahmen zum Schutz vor COVID-19.
Seit Beginn der Pandemie haben die Bündnisorganisationen ihre Projekte angepasst. Die Gefahr von COVID-19 wird bei jeder Hilfsmaßnahme mitgedacht. Auch Helfer:innen werden noch besser geschützt.
Möglich ist die Nothilfe unseres Bündnisses dank vieler Spender:innen und Spender: Seit der Gründung 2001 kamen mehr als 1,173 Milliarden Euro zusammen, die in mehr als 2.900 Hilfsprojekte in 130 Ländern umgesetzt wurden.
(Stand: 08/2022)
Fakten rund um humanitäre Hilfe & Katastrophenvorsorge
- Das Bündnis Aktion Deutschland Hilft hat seit 2001 in mehr als 90 gemeinsamen Einsätzen humanitäre Hilfe geleistet. Die Hilfsorganisationen setzten mehr als 2.400 Hilfsprojekte in mehr als 130 Ländern für Menschen in Not um.
- Die Vereinten Nationen gaben bekannt, dass 2022 rund 274 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen waren.
- Mit rund 108,4 Millionen sind mehr Menschen auf der Flucht als je zuvor. Die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen und Konflikte lag im Jahr 2022 bei 363.
- 2022 wurden 439 humanitäre Helfer:innen bei ihren Einsätzen angegriffen.
- Eine Umfrage aus dem Jahr 2020 zeigt: Die Vorstellung des "weißen Helfers", der aus wohlhabenden Ländern in Krisenländer reist, um Hilfe zu leisten, hält sich hartnäckig. Tatsächlich stellen lokale Helfer:innen mit rund 90 Prozent die Mehrheit.
- Klimabedingte Ereignisse wie Überschwemmungen, Stürme oder Dürren nehmen zu. Zwischen 1980 und 1999 wurden mehr als 4.000 solcher Katastrophen erfasst. Zwischen 2000 und 2022 stieg die Zahl auf mehr als 9.000.
- Durchschnittlich gaben Staaten zwischen 2010 und 2018 weltweit mehr als 500 Millionen US-Dollar für die Katastrophenvorsorge aus. Für Nothilfe waren es 11 Milliarden US-Dollar.
Mehr Wetterextreme wie Stürme und Dürren, steigende Temperaturen, schmelzende Pole: Die Folgen des Klimawandels sind nicht mehr zu übersehen. Menschen in ärmeren Ländern leiden darunter bisher am meisten – die Verantwortung für diese Welt liegt bei uns allen.
- Diese Länder sind am stärksten durch Naturkatastrophen gefährdet: Vanuatu, Salomonen, Tonga, Dominica, Antigua und Barbuda, Brunei Daressalam, Guyana, Papua-Neuguinea, Philippinen und Guatemala.
- 2022 waren Somalia, Pakistan, Afghanistan, Honduras und die Sahelzone sind am stärksten von den Folgen extremer Wetterereignisse betroffen.
- 8 von 10 Ländern, die am häufigsten von Extremwetterereignissen betroffen waren, sind Länder mit geringem bis mittlerem Pro-Kopf-Einkommen.
- Zwischen 1970 und 2021 haben mehr als 2 Millionen Menschen in der direkten Folge von Extremwetterereignissen ihr Leben verloren.
- Die häufigsten Naturkatastrophen 2022: Überschwemmungen, Stürme, Waldbrände. Diese gelten grundsätzlich als folgenschwerste Naturkataststrophen.
- 2022 beliefen sich die ökonomischen Schäden infolge aller Naturkatastrophen auf 270 Milliarden US-Dollar.
- Entwicklungsländer sind meist besonders schwer von den Folgen des Klimawandels betroffen. Oft haben sie weniger Anpassungsstrategien; ohnehin bestehende Armut und Hunger können sich nach Naturkatastrophen verstärken.
- Studien zeigen, dass der Effekt von Vorsorgemaßnahmen gerade in solchen Ländern besonders hoch ist. Der Einsatz lohnt sich auch finanziell: Vorsorgen ist günstiger, als im Nachhinein auf eine Katastrophe zu reagieren. Allerdings werden Gelder für Katastrophenvorsorge bisher häufig nicht in den Ländern eingesetzt, in denen sie am dringendsten benötigt werden.
Interaktive Grafik: Klimawandel und Naturkatastrophen
Quellen: Auswärtiges Amt, AKUF, Bundesregierung, Climate Risk Index, EM-DAT, HSFK, IRC Deutschland, Munich RE, Reliefweb, Statista, Tagesschau, UN OCHA, ZDF (Stand: 09/2023)
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet um Spenden für die Katastrophenvorsorge:
Stichwort: Katastrophenvorsorge
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
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