"Klimabedingte Katastrophen sind keine vereinzelten Ausnahmen mehr, sondern schon jetzt das neue Normal. Es ist dringend Zeit für einen Wandel: weg von der Reaktion auf Katastrophen, hin zur Vermeidung und verbessertem Management von Risiken."
Katrin von der Dellen ist Wirtschaftsgeographin und arbeitet als Referentin Südostasien bei CARE, einer Bündnisorganisation von Aktion Deutschland Hilft. Sie ist Expertin für Katastrophenvorsorge und den Schwerpunkt, die Folgen des Klimawandels zu mindern.
Im Interview spricht Katrin von der Dellen über die Zusammenhänge von Klimawandel und Naturkatastrophen und berichtet von einem Hilfsprojekt im Vietnam, das ihr besonders am Herzen liegt.
Aktion Deutschland Hilft: Wie hängen Naturkatastrophen und der menschengemachte Klimawandel zusammen?
Katrin von der Dellen: Es gibt auf jeden Fall einen Zusammenhang. Der Klimawandel trägt dazu bei, dass sich Naturgefahren verstärken. Die globale Erwärmung führt zum Beispiel zu intensiveren Regenfällen in der Monsunzeit. Durch den Anstieg des Meeresspiegels kommt es zu verstärkten Überschwemmungen. Und eine erhöhte Wassertemperatur fördert die Entstehung tropischer Wirbelstürme. Der Weltklimarat hat viele Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es in den kommenden Jahren mehr Zyklone, Hurrikane und Taifune geben wird.
In Bangladesch hat sich das 2020 deutlich gezeigt: im Mai mit Zyklon Amphan und im Juli mit monsunbedingtem Hochwasser. Gleich zwei klimabedingte Katastrophen innerhalb kurzer Zeit – das hatte verheerende Folgen für die Menschen dort.
Was tun Hilfsorganisationen wie CARE, um Menschen auf die Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten?
In unserer Arbeit sehen wir die betroffenen Menschen selbst als diejenigen mit dem größten Wissen. Sie sind es, die sich schon seit vielen Jahren an veränderte Umweltbedingungen anpassen müssen, um ihre Lebensgrundlage aufrecht zu erhalten. Uns ist es wichtig, das vorhandene Wissen der Bevölkerung einzubeziehen, mit den Menschen die Probleme zu benennen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Darauf basiert ja auch ein Katastrophenvorsorge-Projekt von CARE in Vietnam. Es richtet sich vor allem an Frauen…
In Vietnam unterstützten wir Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Behörde dabei, Handlungsempfehlungen für Landwirte zu entwickeln. Damit die Behördenmitarbeiter die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe kennen, ermöglichen wir einen regelmäßigen Austausch. Dabei arbeiten wir fast ausschließlich mit Klein-Bäuerinnen zusammen.
Um welche Themen geht es bei diesem Austausch?
Es geht dabei meist um praktische Fragen wie: "Wann ist der beste Zeitpunkt für die Aussaat?", "Welches Saatgut kann man verwenden?" oder "Wann muss der Anbau speziell geschützt werden, weil es zu starken Regenfällen kommt?". Sich direkt einzubringen, würden sich viele der Frauen sonst nicht trauen. Ihre Stimmen durch unsere Projekte zu stärken, ist immer ein Anliegen von CARE.
Die Auswirkungen des Klimawandels werden in immer mehr Regionen sichtbar. Ist es zu spät für Vorsorge?
Generell kann man sagen: Es ist nie zu spät, mit Katastrophenvorsorge anzufangen. Vor allem ist es günstiger, als im Nachhinein auf die Krise zu reagieren. Nothilfe ist wesentlich teurer.
Ob direkt nach der Katastrophe oder zu einem anderen beliebigen Zeitpunkt: Wichtig ist, dass die Menschen frühzeitig gewarnt sind, sich und ihre Nutztiere in Sicherheit bringen und ihre Ernten einholen können, bevor sie komplett vernichtet werden. Vor dem Monsun in Bangladesch ist uns genau das gelungen.
Sie arbeiten seit vielen Jahren in der Humanitären Hilfe. Was begeistert Sie an der Katastrophenvorsorge?
Katastrophenvorsorge hat mich schon vor meinem Berufseinstieg interessiert. Erster Berührungspunkt war meine Abschlussarbeit, in der ich mich mit den Chancen und Risiken für den Wiederaufbau in Indonesien nach dem Tsunami 2004 beschäftigte. Danach bekam ich die Möglichkeit, beim Aufbau des Tsunami-Frühwarnsystems und der Evakuierungspläne in Sumatra mitzuarbeiten.
Frühwarnsysteme können Leben retten, doch man muss auch die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass sie in einem gefährdeten Gebiet lebt. Vieles lässt sich automatisieren – doch die Menschen sind und bleiben das Wichtigste.
Katastrophenvorsorge verhindert Leid, bevor es geschieht. Helfen Sie uns, zu helfen – jetzt mit Ihrer Spende!
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet um Spenden für die Katastrophenvorsorge:
Stichwort: Katastrophenvorsorge
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