von Aktion Deutschland Hilft
Grausame Erinnerungen, brennende Schmerzen, gesundheitliche Beschwerden: 200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit leben mit den schweren Folgen weiblicher Genitalbeschneidung (englisch: Female Genital Mutilation, FGM). Und das, obwohl FGM als Menschenrechtsverletzung gilt und in den meisten Staaten strafbar ist.
Seit 2003 wird jährlich am 6. Februar, dem Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung (auch Infibulation), auf dieses Verbrechen aufmerksam gemacht.
In welchen Ländern wird Genitalverstümmelung praktiziert?
Die meisten Mädchen und Frauen, die von weiblicher Genitalbeschneidung betroffen sind, leben in Afrika. Jedes Jahr droht dort drei Millionen Mädchen eine Beschneidung. FGM wird in 29 afrikanischen Ländern, auf der Arabischen Halbinseln und Teilen Asiens praktiziert – oft ohne Betäubung und mit rostigen Klingen.
Anteil der Frauen und Mädchen, die in den jeweiligen Ländern beschnitten sind:
- Somalia: 98 Prozent
- Guinea: 95 Prozent
- Dschibuti: 94 Prozent
- Mali: 89 Prozent
- Ägypten: 87 Prozent
- Sudan: 87 Prozent
- Sierra Leone: 86 Prozent
- Eritrea: 83 Prozent
- Burkina Faso: 76 Prozent
- Gambia: 76 Prozent
- Mauretanien: 67 Prozent
- Äthiopien: 65 Prozent
Länder mit hohen Fallzahlen außerhalb von Afrika:
- Indonesien: 49 Prozent
- Jemen: 19 Prozent
- Irak: 7 Prozent
Weibliche Beschneidung in Europa und Deutschland
Auch in Europa gibt es weibliche Genitalbeschneidung. Schätzungen zufolge sind es bis zu eine Million Mädchen und Frauen, deren Familien aus anderen Teilen der Welt migriert sind. In Deutschland liegt die Zahl bei circa 50.000.
Hintergrundinformationen zu Infibulation
- Statistik: Die höchsten Fallzahlen gibt es in Nordost-, Ost- und Westafrika. In vielen Regionen sind es jedoch lediglich Schätzungen, da keine offiziellen Daten erhoben werden.
- Alter: Die Beschneidung wird meist vor Beginn der Pubertät durchgeführt. Oft sind die Kinder zwischen vier und acht Jahren alt, manchmal sogar jünger.
- Täter: Zu den "Beschneiderinnen" und genauen Umständen der Beschneidungen gibt es kaum zuverlässige Informationen. Häufig werden Rasierklingen, Glasscherben oder Messer benutzt, es gibt keine Betäubung. Auch manche Ärzte, etwa in Ägypten, führen den Eingriff durch.
- Formen: Es gibt verschiedene Typen weiblicher Genitalbeschneidung. In den meisten Fällen werden Geschlechtsteile wie die Klitoris und Schamlippen entfernt oder verletzt. Bei der sogenannten Infibulation werden die äußeren Schamlippen nach der Entfernung der Geschlechtsteile zusammengenäht.
Warum gibt es weibliche Beschneidungen?
Genitalbeschneidung wird nur selten aus religiösen Gründen durchgeführt. In afrikanischen Ländern ist die Praktik älter als der Islam und das Christentum. Sie wird dort als Ritual für den Übergang zum Frausein verstanden.
In diesem traditionellen Verständnis wird die Beschneidung auch als "Schutz" für die Mädchen gesehen. Da Geschlechtsverkehr für beschnittene Frauen große Schmerzen bedeutet, werden sie von vorehelichem Sex abgehalten. Oft sind es die Eltern, die sich von der Jungfräulichkeit eine gute Zukunft für ihre Töchter erhoffen – etwa dort, wo Ehe und Mutterschaft als einzige Perspektive für Frauen gilt.
Gesundheitliche Folgen für betroffene Mädchen und Frauen
- Tod: Jedes vierte Mädchen stirbt an den Folgen der Beschneidung. Neben hohem Blutverlust sind Infektionen, Entzündungen und Blutvergiftungen – verursacht durch ungereinigte Instrumente – häufige Todesursachen.
- Psyche: Die Beschneidung ist für die Mädchen und Frauen meist ein lebenslanges Trauma.
- Körper: Die Betroffenen leben meist für den Rest ihres Lebens mit körperlichen Schmerzen, etwa bei der Regelblutung.
- Risiken: Schwangerschaft und Geburt sind mit großen Gefahren wie lebensgefährlichen Blutungen verbunden.
- Schmerzen: Jeder Toilettengang sowie die Periode sind besonders schmerzvoll.
- Liebesleben: Geschlechtsverkehr erleben die Frauen ohne Lust oder in Verbindung mit Schmerz.
Gesetze und Fortschritte: Wo ist Genitalverstümmelung verboten?
In den meisten Ländern steht FGM unter Strafe – auch dort, wo sie weiterhin praktiziert wird. Ägypten beispielsweise, wo 98 Prozent der Frauen beschnitten sind, hat die Strafen erst Anfang 2021 verschärft: Medizinern, die Beschneidungen durchführen, drohen lange Haftstrafen. In den afrikanischen Staaten Liberia, Somalia, Sierra Leone, Mali und Sudan gibt es keine Gesetze, die Genitalverstümmelung verbieten oder bestrafen.
In Deutschland ist Genitalbeschneidung seit 2013 Teil des Strafgesetzbuchs. Zu Anzeigen kommt es jedoch kaum. Eine im Herkunftsland drohende Beschneidung gilt in der EU nicht als Grund für Asyl. Die Vereinten Nationen verurteilen FGM etwa in der Frauenrechtskonvention, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Kinderrechtskonvention. Zudem ist es ein Ziel der Sustainable Development Goals (SDGs); Genitalverstümmelung soll es bis 2030 nicht mehr geben.
So setzen sich unsere Bündnisorganisationen für Frauen und Mädchen ein
Die Bündnisorganisationen von Aktion Deutschland Hilft setzen sich weltweit für die Rechte von Frauen und Mädchen ein. Die Aufklärung über die Gefahren von FGM und Unterstützung bei der Bewältigung von Traumata sind Teil davon.
- Wir führen mit lokalen Partnern Hilfsprojekte zur Aufklärung und Sensibilisierung durch
- Wir leisten Frauen und Kindern psychosoziale Hilfe, um belastende Traumata besser zu bewältigen
- Wir unterstützen die Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal und Hebammen und tragen so zu einer verbesserten Mutter-Kind-Gesundheit bei
- Wir helfen Gesundheitsstationen, Kliniken, Kreissälen und Laboren mit medizinischem Material und Geräten
- Wir bieten Frauen und Mädchen, die von sexuellen Straftaten betroffen sind, rechtlichen Beistand
Quellen: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Desert Flower Foundation, Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz, Bundeszentrale für Politische Bildung, Spiegel (Stand: 02/2021)
+++ Spendenaufruf +++
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