Diplom-Geograf Thomas Loster ist Geschäftsführer der Münchener Rück Stiftung, davor war 16 Jahre lang Mitglied der GeoRisikoForschung der Münchener Rückversicherung. Der Katastrophenexperte war Fachgebietsleiter für Wetterisiken, Klimaänderung und Klimapolitik. Zudem war er für die statistische Analyse weltweiter Naturkatastrophen zuständig. Loster ist Mitglied des deutschen Nationalkomitees der UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" und war von 2006 bis 2010 Mitglied des deutschen Rats für Nachhaltige Entwicklung.
Spenden für Opfer von schweren Naturkatastrophen sind wichtig, sie können die größte Not lindern. Doch ohne nachhaltige Unterstützung bei der Katastrophenvorsorge bleibt die Hilfe unvollständig.
Die Jahrhundertflut in Pakistan und die Hitzewelle mit Waldbränden in Russland im Sommer 2010 haben gezeigt, dass die Natur immer häufiger Wetterextreme hervorruft. Katastrophen dieser Dimension halten uns über Wochen in Atem, stürzen die betroffenen Menschen ins Elend und sind in der Lage, die Entwicklung ganzer Länder um Jahre zurückzuwerfen. Je weiter weg und fremder uns ein Land ist, umso spärlicher fällt die Hilfs- bzw. Spendenbereitschaft aus. Das bekamen die Menschen in Pakistan im August 2010 zu spüren: Nur langsam konnten sich die Regierungen anderer Staaten zu Zahlungen durchringen, und auch von privater Seite lief die Hilfe schleppend an.
Hohe Opferzahlen trotz besserem Risikomanagement
Naturkatastrophen dieser Größenordnung dürfen uns nicht wirklich überraschen. Denn bereits in den 1980er-Jahren zeichneten sich besorgniserregende Schadentrends ab, woraufhin die „Internationale Dekade zur Vorbeugung von Naturkatastrophen“ (UN-IDNDR) ins Leben gerufen wurde. Später kamen zahlreiche nationale und internationale Initiativen wie das Deutsche Komitee Katastrophenvorsorge (DKKV, Bonn) oder die International Strategy for Disaster Reduction (UN-ISDR, Genf) hinzu. Diese setzen sich bis heute dafür ein, die Katastrophenvorsorge zu optimieren.
Viele Länder haben seitdem ihr Risikomanagement erheblich verbessert. So gelang es Bangladesch, das 1970 und 1991 durch schwere Zyklone und verheerende Sturmfluten verwüstet wurde (300.000 bzw. 140.000 Todesopfer), ein Schutzprogramm aufzubauen. Dennoch besteht weder dort noch in anderen gefährdeten Regionen Grund zur Entwarnung, solange weiter hohe Opferzahlen bei Naturkatastrophen zu beklagen sind. Das Erdbeben von Haiti (2010) und der Tsunami in Asien (2004) mit jeweils mehr als 200 000 Toten sind hierfür genauso traurige Beispiele wie die heftigen Erdstöße in China (2008) und Pakistan (2005), die mehr als 80.000 Menschenleben forderten.
Auch Wetterextreme stürzen regelmäßig Millionen von Menschen in schlimme Not. Das gilt für große Dürren genauso wie für Überschwemmungen oder tropische Wirbelstürme, wie der Zyklon Nargis (2008) und „Zyklon 2b“ in Bangladesh (1991) unter Beweis gestellt haben. Die hohe Zahl von Opfern müsste nicht sein, sind doch die Risikozonen der Erde und die Eintrittswahrscheinlichkeiten für Naturkatastrophen weitgehend bekannt.
Klimawandel verschärft die Lage
Auch wenn die Vereinten Nationen sowie zahlreiche nationale Institutionen Erfolge aufweisen können, reichen die globalen Anstrengungen bei weitem nicht aus. Die Seltenheit wichtiger Weltkonferenzen zum Kontext Katastrophenvorsorge (z. B. Yokohama 1995, Kobe 2005) sowie die vergleichsweise geringen globalen bzw. nationalen Ausgaben für das Thema sind ein Indikator dafür.
An Spenden und Soforthilfe führt kein Weg vorbei, um das Leid Tausender, wenn nicht gar von Millionen bedrängter Menschen zu lindern. Spendengelder an Bündnisse deutscher Hilfsorganisationen wie „Aktion Deutschland Hilft“ kommen ohne Umwege bei den Betroffenen an, das ist wichtig. Die Opfer brauchen Hilfe und das sofort. Längerfristig ist es auch wichtig, die Menschen im Risiko in die Katastrophenvorsorge einzubinden. Das ist in Ländern wie Pakistan sicher nicht leicht umzusetzen. Es ist aber zentral, wenn längerfristig nachhaltige Lösungen entstehen sollen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der Umwelt- und Klimaveränderungen nötig. Denn im Zuge der sich immer deutlicher abzeichnenden globalen Erwärmung ist künftig häufiger mit Wetterextremen zu rechnen. Naturkatastrophen wie die in Pakistan im Sommer 2010 sind dann, so schlimm das klingen mag, nur eine Frage der Zeit.
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